Bregenzer Festspiele: Große Oper, große Subventionskürzungen
Sie wollte in ihrer ersten Saison in Bregenz ein besonders großes Musiktheaterwerk mit schönen Möglichkeiten für Sängerinnen und Sänger anbieten, erläuterte die neue Intendantin Lilli Paasikivi ihre Wahl für die 1936 in Paris uraufgeführte Oper "Œdipe" von George Enescu, deren Stoff antiken Dramen von Sophokles entnommen ist. Bereits ein zu sehender Probenausschnitt ließ den Schluss zu, dass Regisseur Andreas Kriegenburg jedem der vier Akte gemeinsam mit seinem Bühnenbildner Harald B. Thor eine eigene Farbe oder eigene Stimmung zuordnet. Verwendet werden dabei die Elemente Feuer und Wasser sowie Holz, Nebel und Erde. "Es sind vier Miniaturen, die wir dann in einem Werk zusammenführen", erklärte der Regisseur.
Wichtig sei ihm, die Sängerinnen und Sänger dazu zu motivieren, die Verletzlichkeit, aber auch die gefährlichen Gefühle der darzustellenden Figuren zu zeigen. Bei Sophokles sowie in der Oper kann Ödipus seinem Schicksal nicht entkommen. Ohne zu wissen, um welche Personen es sich handelt, erschlägt er seinen Vater und heiratet seine Mutter. Das Thema, dass Ödipus damit die Schuldlast seines Vaters zu tragen hat, ist Kriegenburg als Aussage der Oper wichtig: "Wir haben die Verantwortung für unsere Folgegeneration, wenn wir uns dieser entziehen, geben wir die Last weiter."
Die Komposition sei einzigartig, betonte der Dirigent Hannu Lintu: "Enescu hat keinen anderen imitiert, und niemand hat Enescu imitiert." Für den französischen Bassbariton Paul Gay ist die Titelfigur die Rolle des Lebens: "Die Rolle verlangt verschiedene Arten zu singen. Es ist auch etwas unheimlich, daran zu denken, dass es nur wenige Sänger für diese Rolle gibt."
Zweite Saison für den Publikumshit auf dem See
Was die Oper auf dem See betrifft, so konnte sich Intendantin Lilli Paasikivi, wie sie selbst sagte, "an einen gedeckten Tisch" setzen. Auf dem See werden die Produktionen zwei Jahre lang gespielt. Ihre Vorgängerin Elisabeth Sobotka hatte sich für die Saison 2024, ihren letzten Sommer in Bregenz, für "Der Freischütz" von Carl Maria von Weber entschieden und mit Philipp Stölzl jenen Regisseur engagiert, der Verdis "Rigoletto" sehr spektakulär zum Erfolg führte und angesichts der Besucherzahlen wiederum einen Publikumshit kreiert.
Die Frauenfiguren bzw. die Rollen von Ännchen und Agathe wurden etwas aufgewertet, die Sprechpassagen im 1821 uraufgeführten Werk neu verfasst und ein Erzähler hinzugefügt. Launig bezeichnete Stölzl den etwas schaurigen "Freischütz" mit seinen teuflischen Ingredienzien als Werk aus der "Giftkammer des Opernrepertoires" und versprach, heuer grundsätzlich nichts ändern zu wollen, sondern nur in einigen Szenen etwas zu schleifen: "Man lernt bei den Aufführungen, welche Pointen funktionieren und welche verrecken."
Subventionskürzung als "Bestrafung für gutes Wirtschaften"
Nach der Premiere von "Œdipe" am 16. Juli stehen bis 17. August mit "La Cenerontala", "Borrowed Light", "Study for Life" und "Emily - No Prisoner Be" weitere Musiktheaterprojekte auf dem Programm. Die erste von Intendantin Lilli Paasikivi verantwortete Opernproduktion auf dem See wird Verdis "La Traviata" 2026 sein.
Das Wiener Burgtheater, das heuer mit der Uraufführung des Stücks "bumm, tschak oder der letzte henker" von Ferdinand Schmalz in Bregenz ist, kann danach zumindest vorerst nicht mehr engagiert werden. Obwohl die Subventionssumme von 6,9 Millionen Euro für heuer bereits zugesagt war, hat der Bund im Juni Kürzungen um 30 Prozent vorgenommen. "Sie gelten rückwirkend", erklärte Festspielpräsident Hans-Peter Metzler im Gespräch mit der APA.
Kaufkraftverlust von 4,2 Mio. Euro pro Jahr
Aufgrund des Subventionsschlüssels, in dem die Summe vom Land Vorarlberg und der Stadt Bregenz anteilig geregelt ist, fehlen den Festspielen heuer damit 2,1 Millionen Euro. Metzler: "Wir empfinden das als Anschlag und als Bestrafung für gutes Wirtschaften." Die Festspiele besitzen, wie der ehrenamtlich tätige Festspielpräsident erläutert, keine Immobilien oder Grundstücke: "Wir haben ein Bankkonto in einer bestimmten Höhe, das wir brauchen, weil wir etwa vier Jahre im Voraus Verträge abzuschließen haben."
Durch die Kürzungen verkleinert sich auch das Auftragsvolumen der Festspiele. Der kaufmännische Direktor Michael Diem beziffert die Summe mit 27 Millionen Euro, die über Aufträge an Unternehmen und Gewerbetreibende sowie in die Gagen und Löhne fließen. Da die Subventionsgeber bereits seit Jahren keine Indexanpassung genehmigt hatten, verdopple sich der Verlust bereits. "Mit den Kürzungen verlieren die Bregenzer Festspiele nun im Jahr um 4,2 Millionen an Kaufkraft. Wir produzieren somit weniger Steuern und werden auch weniger Mitarbeiter beschäftigen können." Die erste Maßnahme sei nicht nur die Ausladung des Wiener Burgtheaters, auch Investitionen wie die geplante Überkopfbeschallung werden verschoben, womit die entsprechenden Aufträge an Unternehmen vorerst gestrichen sind.
Für die 79. Bregenzer Festspiele sind 220.000 Karten aufgelegt, die meisten davon für die Oper "Der Freischütz", für die bisher 80 Prozent der Tickets gebucht sind.
(Von Christa Dietrich/APA)
(S E R V I C E - 79. Bregenzer Festspiele 2025, 16. Juli bis 17. August. www.bregenzerfestspiele.com)
Zusammenfassung
- Die 79. Bregenzer Festspiele beginnen am 16. Juli 2025 mit der Neuproduktion der Oper „Œdipe“ von George Enescu im Festspielhaus.
- Auf der Seebühne wird der Publikumserfolg „Der Freischütz“ erneut gespielt, wobei die Frauenrollen gestärkt und 80 Prozent der Karten bereits verkauft sind.
- Der Bund hat die Subventionen für die Festspiele um 30 Prozent gekürzt, was einen jährlichen Kaufkraftverlust von 4,2 Millionen Euro verursacht.
- Festspielpräsident Hans-Peter Metzler kritisiert die Kürzungen als „Bestrafung für gutes Wirtschaften“, da die Festspiele keine Rücklagen oder Immobilien besitzen.
- Als Folge der Kürzungen werden Aufträge an Unternehmen gestrichen, Investitionen verschoben und das Wiener Burgtheater kann vorerst nicht mehr engagiert werden.