"A Closer Look": US-Fotograf Bruce Gilden im WestLicht
Mit Stolz präsentierte der in Brooklyn geborene und aufgewachsene Autodidakt Gilden das erste von ihm geschossene Foto, dem er künstlerischen Wert beimaß: eine eindrucksvolle Strandszene auf Coney Island aus dem Jahr 1969, aufgenommen in Schwarz-Weiß. "Ich habe alles in Schwarz und Weiß wahrgenommen. Ich weiß nicht, warum - hinterfrage es aber auch nicht." Bruce Gilden wurde einer der großen Vertreter der Street Photography und hielt vor allem das New Yorker Alltagsleben in unnachahmlichen Bildern fest. In der bis 22. Februar 2026 laufenden Schau, seiner ersten großen Einzelausstellung in Österreich, sind auch einige seiner über 30 Fotobücher zu sehen, in denen er seine Straßenszenen gesammelt hat.
Reisen führten ihn auch nach Haiti, England, Frankreich, Irland oder Japan, wo er auch Größen der Yakuza, der japanischen Mafia, fotografierte. Heute wohne er in schicken Hotels und genieße das auch, einst habe er sich aber ohne Scheu auch in übel beleumundeten Gegenden bewegt und Kontakt mit allen gesucht, die ihm begegneten, erzählte er und berichtete von wilden Szenen, in denen er sich auch körperlich zur Wehr setzen musste. "Das ist meine Art. Das ist der Grund, warum sich meine Frau Sorgen um mich macht." Seine Frau sage über ihn auch, er habe keine Geduld - "außer beim Fotografieren".
Über jedes seiner Fotos kann Bruce Gilden wunderbare Geschichten erzählen. Wenn er will. Über jene Menschen, die er in den vergangenen Jahren in riesigen, aus kürzester Distanz fotografierten Farbporträts festgehalten hat, wollte er dann aber nichts erzählen. Eine Journalistenfrage, die ihn mit immer wieder auftauchenden Vorwürfen konfrontierte, ob er die Porträtierten nicht bloßstelle, bringt ihn in Rage: "Das ist die dümmste Frage, die ich je gehört habe!" Er arbeite "fucking hard", und seine Bilder seien "fucking good". Er fotografiere Menschen, weil sie ihn interessierten, und urteile nicht über sie.
Gebrochene Nasen in Großaufnahme
Die in einem einzigen Raum versammelten, auf circa 2,5 mal 1,5 Meter vergrößerten Porträts zeigen buchstäblich jedes Detail im Gesicht der Fotografierten: jede getrocknete Blutspur, jede gebrochene Nase, jedes verwischte Make-Up, jeden Pickel, jede Narbe und jeden ausgeschlagenen Zahn. Diese Bilder, geschossen von einem Fotografen, der auch im Auftrag von Modemarken wie Louis Vuitton, Dolce & Gabbana, Gucci und Balenciaga, oder von Magazinen wie "Vanity Fair" oder "Vogue Homme" gearbeitet hat, hauen einen um, man kann es nicht anders sagen.
Die für das WestLicht adaptierte Ausstellung wurde von Isabel Siben in enger Zusammenarbeit mit Bruce Gilden konzipiert und ist eine Kooperation mit dem Kunstfoyer der Versicherungskammer München und der Agentur Magnum Photos, deren Mitglied Gilden seit 1998 ist. Und für den Titel "A Closer Look" gibt es auch eine gute Geschichte: In seinen frühen Jahren sei Gilden von Robert Capas Credo "If your pictures aren't good enough, you're not close enough" inspiriert gewesen, liest man. Das gelte für Gilden bis heute - mit dem Zusatz: "The older I get, the closer I get."
(S E R V I C E - "Bruce Gilden: A Closer Look", Ausstellung im WestLicht, Wien 7, Westbahnstraße 40, 28. November 2025 bis 22. Februar 2026, Di, Mi, Fr 14-19 Uhr, Do 14-21 Uhr, Sa, So, Fei 11-19 Uhr, Fotomuseum WestLicht, Masterclass vom 28. bis 30. November, Artist Talk und Book Signing am 29. November um 19 Uhr, www.westlicht.com)
Zusammenfassung
- Der US-Fotograf Bruce Gilden, 79 Jahre alt, eröffnet am 28. November 2025 seine erste große Einzelausstellung "A Closer Look" im Fotomuseum WestLicht in Wien, die bis zum 22. Februar 2026 läuft.
- Die Ausstellung präsentiert großformatige Porträts von etwa 2,5 mal 1,5 Meter und zeigt zudem einige seiner über 30 Fotobücher.
- Gilden, Mitglied der Agentur Magnum Photos seit 1998, bietet im Rahmen der Ausstellung eine dreitägige Masterclass sowie einen Artist Talk und Book Signing am 29. November an.
