Zwei Gletscher am Dachstein schmelzen auseinander
Am Montag herrschten auf der Bergstation Hunerkogel (rund 2.700 Meter Seehöhe) - die von der steirischen Ramsau aus durch die Dachstein-Seilbahn erschlossen wird - rund 14 Grad Celsius, bei ungetrübter Sonneneinstrahlung. Die starke Schneeschmelze im bisherigen Sommer beschleunigt laut einem Bericht von "Kleine Zeitung" und "Oberösterreichische Nachrichten" (Montag-Ausgaben) einen Prozess, den Forscher für weitaus später prognostiziert haben: die Trennung von Schladminger Gletscher und Hallstätter Gletscher. Noch auf den Karten des Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen, auf denen die offizielle österreichische Karte fußt, ist ein etwa 400 Meter breites Gebiet zwischen den beiden Gletschern (der eine östlich, der andere westlich der Bergstation gelegen, Anm.) als ewiges Eis ausgewiesen. In den vergangenen Jahren schmolz es bereits beträchtlich zusammen, dennoch konnten Besucher und Alpinisten von der Bergstation zur Seethaler Hütte auf rund 2.740 Meter Seehöhe auf einem durchgehenden Band aus Schnee und Gletschereis gehen.
Der Bereich unterhalb des Kleinen Gjaidsteins (2.734 Meter) und des Hunerkogels (2.687 Meter) beim Gjaidsteinsattel nordwestlich der Bergstation ist nun nur noch ein rund sieben Meter breites und eineinhalb Meter tiefes Schneefeld. "In zwei bis vier Wochen", schätzte der Betriebsleiter der Dachstein-Gletscherbahn, Alexander Seebacher, "wird diese Verbindung gänzlich schneefrei sein. Vergangenes Jahr hatten wir an dieser Stelle noch 30 Meter Breite und zwei Meter mehr in der Höhe." Grund sei der geringe Schneefall: "Heuer waren es nur zwei Meter, sonst sind es immer acht bis zehn." Dieser Schnee schützte bisher den Gletscher: "Er ist daher heuer bereits einen Monat früher als normal ausgeapert", so Seebacher. Die ans Licht gekommenen Felsen wirken wie Wärmespeicher und beschleunigen noch den Prozess. Die Verbindung zwischen den Gletschern bestand rund 3.500 Jahre.
Der über diesen Bereich führende und präparierte Weg erschloss jahrzehntelang die Verbindung zwischen Hunerkogel, der Seethaler Hütte und dem Einstieg in die nördliche Wand des Hohen Dachstein (2.995 Meter), den sich das Land Oberösterreich und die Steiermark teilen. Die Landesgrenze verläuft über die Kammlinie. Der Weg ermöglichte auch Nichtalpinisten ein Gletscher- und Hochgebirgserlebnis. Ein Ramsauer Bergführer beurteilt die neue Lage wie folgt: Wenn kein Schnee mehr liege, herrsche blankes Eis, das ohne Steigeisen nicht bewältigbar sei.
Abschmelzen schafft Probleme für Infrastruktur
Die Entwicklung durch das Abschmelzen dürfte auch die Pächter der im Jänner 2019 eröffneten Seethaler Hütte vor logistische Probleme stellen. Die Pacht war Ende 2024 neu vergeben worden. Das moderne Haus steht bei der alten und nicht mehr verwendbar gewesenen hölzernen Seethaler Hütte, früher auch Dachsteinwarte genannt. Auch diese war - neben ihrer Baufälligkeit - ein Opfer des Klimawandels. Sie war über einer Doline gebaut, deren Eis durch den Rückgang des Permafrosts schmolz und die Hütte instabil Richtung Südwand machte.
Seitens der Planaibahnen, die die Dachsteinseilbahn betreiben, überlegt man laut Medienbericht, eine Rampe über die wohl bald freiliegenden Felsen am Gjaidsteinsattel zu bauen. Die Erwärmung machte auch besondere Maßnahmen erforderlich. Westlich der Bergstation Hunerkogel wurde 2007 der "Eispalast" ins Gletschereis gebaut, mit Figuren, Grotten und Verbindungswegen im Gletschereis. Wegen der seit rund zwei Jahrzehnten steigenden Temperaturen im Sommer in Verbindung mit geringeren Schneehöhen im Winter und Starkregenereignissen entschloss man sich, das Gletschereis in dem Bereich mit weißen Planen abzudecken. Zur Zukunft des Eispalastes, der als touristisches Zugpferd gilt, hatte Planai-Geschäftsführer Georg Bliem schon im August 2021 gesagt: "Sieben bis zehn Jahre hat er noch. Darüber hinaus traue ich es mir nicht sagen." Nun sagte Bliem laut den Medienberichten: "Mit so einer Dynamik haben wir nicht gerechnet".
Mit der Schmelze dürfte auch eine vor allem im Frühjahr beliebte Skitour schwinden: Vom Hunerkogel aus mit Aufstieg über den Schladminger Gletscher zum Hallstätter Gletscher und dann die Abfahrt über die Simonyhütte zur Bergstation Krippenstein (2.069 Meter Seehöhe), wo die Seilbahn vom oberösterreichischen Obertraun hinführt. Von dort ging es - bei günstiger Schneelage - zur Talstation in Obertraun auf rund 600 Meter.
Der Dachstein bleibt 2025 trotz Eisschmelze der Favorit unter Österreichs Bergen auf der Meta-Plattform Instagram. Zum Stichtag 30. Juli 2025 erreicht der zwischen der Steiermark und Oberösterreich gelegene Berg mit über einer Viertelmillion Postings mit dem Hashtag "Dachstein" erneut Platz 1. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des PR- und Kommunikationsdienstleisters APA-Comm, der nach 2019 und 2022 zum dritten Mal die Hashtag-Präsenz österreichischer Berge untersucht hat.
Zusammenfassung
- Die Verbindung zwischen Hallstätter und Schladminger Gletscher am Dachstein steht wegen Klimawandel, wenig Schnee und hoher Temperaturen kurz vor dem endgültigen Verschwinden.
- Das Schneeband zwischen den Gletschern ist 2024 auf nur noch sieben Meter Breite und eineinhalb Meter Tiefe geschrumpft, während es im Vorjahr noch 30 Meter breit und 3,5 Meter tief war.
- Betriebsleiter Alexander Seebacher rechnet damit, dass die Verbindung in zwei bis vier Wochen komplett schneefrei sein wird, nachdem im Winter nur zwei Meter Schnee gefallen sind statt der üblichen acht bis zehn.
- Das Abschmelzen gefährdet die Infrastruktur wie den Zugang zur Seethaler Hütte, den touristischen Eispalast sowie beliebte Skitouren, und zwingt Betreiber zu neuen baulichen Lösungen.
- Trotz der dramatischen Veränderungen bleibt der Dachstein mit über einer Viertelmillion Instagram-Postings Österreichs beliebtester Berg.