APA/HERBERT P. OCZERET

Zwei Festnahmen nach Bluttat in Gerasdorf

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Nach den tödlichen Schüssen auf einen 43-jährigen Tschetschenen in Gerasdorf (Bezirk Korneuburg) am Samstagabend sind zwei Verdächtige in die Justizanstalt Korneuburg eingeliefert worden. Wie Wolfgang Schuster-Kramer vom Landesgericht Korneuburg auf APA-Anfrage mitteilte, befinden sich der mutmaßliche Schütze - ein 47 Jahre alter Tschetschene - und ein weiterer Tschetschene bereits in U-Haft.

Nach den tödlichen Schüssen auf einen 43-jährigen Tschetschenen in Gerasdorf (Bezirk Korneuburg) am Samstagabend sind zwei Verdächtige in die Justizanstalt Korneuburg eingeliefert worden. Wie Wolfgang Schuster-Kramer vom Landesgericht Korneuburg auf APA-Anfrage mitteilte, befinden sich der mutmaßliche Schütze - ein 47 Jahre alter Tschetschene - und ein weiterer Tschetschene bereits in U-Haft.

Der zweite Verdächtige hatte sich zum Tatzeitpunkt am Tatort befunden und zunächst als Zeuge gegolten. Der Mann verwickelte sich in seiner Zeugeneinvernahme dann aber in Widersprüche, sodass am Ende für ihn wegen einer möglichen Verwicklung in die Bluttat die Handschellen klickten. Nähere Angaben zu seiner Identität wurden nicht bekannt gegeben, am Sonntagnachmittag wurde auf Ersuchen der mit den Ermittlungen betrauten Staatsanwaltschaft Korneuburg eine Informationssperre verhängt.

Laut Walter Schwarzenecker von der Landespolizeidirektion Niederösterreich war der russische Asylwerber Mamichan U., der sich zuletzt in Martin B. umbenannt hatte, am Samstag kurz nach 19.00 Uhr im Bereich der Einfahrt zu einer Baufirma an der Brünner Straße (B7) erschossen worden. Polizeiangaben zufolge wurde gegen 21:35 Uhr nach einer Großfahndung ein 47-jähriger Landsmann in Linz unter Beteiligung des EKO-Cobra als dringend Tatverdächtiger festgenommen. Er leistete keinen Widerstand.

Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) nahm die Ermittlungen auf. Die Staatsanwaltschaft Korneuburg ordnete die Obduktion des Opfers an. Der Erschossene war seit 2007 als anerkannter Konventionsflüchtling in Österreich gemeldet. Zuletzt hatte Martin B. in einem Videoblog die Führung der russischen Teilrepublik Tschetschenien provoziert und insbesondere den Regionalpräsidenten Ramsan Kadyrow beschimpft.

Medienberichte, die einen Auftragsmord mit politischem Hintergrund vermuteten, wurden bisher nicht offiziell bestätigt. Allerdings weist der Fall deutliche Parallelen zu dem im Jänner 2009 in Wien-Floridsdorf erschossenen tschetschenischen Asylwerber Umar Israilov auf. Dieser hatte gegen Kadyrow vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein Verfahren im Zusammenhang mit Folter-Vorwürfen betrieben. Die Staatsanwaltschaft Wien kam im Zug ihrer Ermittlungen zum Schluss, dass Israilov zumindest mit Billigung Kadyrows verschleppt werden sollte. Als er sich dieser widersetzte, wurde er erschossen.

Gegen Martin B. dürfte zuletzt ein konkretes Bedrohungsszenario bestanden haben. Laut Informationen der APA wurde ihm von den Sicherheitsbehörden Personenschutz angeboten, den er aber abgelehnt haben soll. Einem Bekannten zufolge soll er jedoch versucht haben, sich privat eine kugelsichere Weste zu organisieren. Ob diese bei ihm ankam, ist unklar.

Ein führender tschetschenischer Exilpolitiker in Österreich kündigte für Dienstagnachmittag eine Demonstration vor der russischen Botschaft in Wien an. "Wir versuchen, auf diesen Mord zu reagieren", erklärte Khuseyn Iskhanov der APA. Mit der Demonstration wende man sich auch an den österreichischen Staat. "Von den hiesigen Behörden fordern wir, dieses Verbrechen aufzuklären", ergänzte Iskhanov. Von Russland fordere man, Politmorde an tschetschenischen Flüchtlingen in Europa zu beenden, betonte der Exilpolitiker.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach den tödlichen Schüssen auf einen 43-jährigen Tschetschenen in Gerasdorf am Samstagabend sind zwei Verdächtige in die Justizanstalt Korneuburg eingeliefert worden.
  • Der zweite Verdächtige hatte sich zum Tatzeitpunkt am Tatort befunden und zunächst als Zeuge gegolten.
  • Die Staatsanwaltschaft Wien kam im Zug ihrer Ermittlungen zum Schluss, dass Israilov zumindest mit Billigung Kadyrows verschleppt werden sollte.

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