Gefährliche "Mutprobe"
Studie: Zugsurfen verdoppelt Amputationsrisiko
Viktoria König von der Klinischen Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie der MedUni Wien (AKH) und ihre Co-Autoren haben die Daten von 32 verunglückten Train-Surfern und von 70 Opfern von Arbeitsunfällen zwischen 1994 und 2024 analysiert.
"Elektrische Verletzungen durch Hochspannung stellen eine komplexe Herausforderung in der Unfall- und Wiederherstellungschirurgie dar, da häufig mehrere Organsysteme betroffen sind", schrieben die Autoren vor kurzem in ihrer Publikation im "Journal of Clinical Medicine".
"Diese Verletzungen betreffen überwiegend junge Männer; in den letzten Jahrzehnten lag der männliche Anteil Berichten zufolge bei 90 Prozent. Unter diesen Verletzungen ist das "Train-Surfing" (...) zu einer bedeutenden und häufiger werdenden Ursache für elektrische Verletzungen durch Hochspannung geworden, insbesondere unter Heranwachsenden und jungen männlichen Erwachsenen", hieß es weiters.
Lebensbedrohliche Komplikationen
Der Nervenkitzel in der Nähe von Oberleitungen mit bis zu 15.000 Volt bringt extreme Risiken mit sich. "Wichtig ist, dass ein Stromschlag auch ohne direkten Kontakt auftreten kann, da sich Hochspannungslichtbögen (bis zu 20.000 Grad Celsius; Anm.) durch die Luft entladen und verheerende Verletzungen verursachen können.
Zusätzlich zu tiefen Stromverbrennungen und lebensbedrohlichen Komplikationen wie Herz-Arrhythmien oder durch Rhabdomyolyse (akut verlaufender Muskelabbau; Anm.) bedingtem Nierenversagen erleiden viele Patienten schwere mechanische Verletzungen, darunter Schädelfrakturen, Wirbelsäulen- und Polytraumen infolge von Stürzen mit hoher Geschwindigkeit oder Kollisionen mit der Bahn-Infrastruktur", heißt es in der wissenschaftlichen Arbeit.
Video: U-Bahn-Surfer in Lebensgefahr
Hohe Sterblichkeitsrate
Die Autoren analysierten und verglichen die Hochspannungsunfälle bei Zugsurfern und den Opfern von Arbeitsunfällen. Beide Gruppen wiesen eine hohe Sterblichkeitsrate nach den katastrophalen Ereignissen von 25 Prozent auf.
Doch in vielen Aspekten unterschieden sich die Verletzungsmuster und deren Folgen deutlich. "
Trainsurfer waren überwiegend junge Männer (mittleres Alter 19 Jahre), während arbeitsbedingte Verletzungen etwas ältere Männer betrafen (mittleres Alter 34 Jahre). Trainsurfer erlitten schwerere Verbrennungen (...)", stellten die Plastischen Chirurgen und Intensivmediziner fest.
So lag der Anteil der verbrannten Körperoberfläche bei den Zugsurfern bei knapp 48 Prozent, bei den Verletzten aus der zweiten Gruppe (arbeitsbedingt) hingegen bei etwas mehr als 25 Prozent.
"Trainsurfer" länger auf Intensivstation
"Trainsurfer hatten längere Aufenthalte auf der Intensivstation (38,7 gegenüber 17,9 Tage) und wurden pro Patient häufiger operiert (5,3 mal versus 2,8 mal)", zeigte die Auswertung.
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Bei rund 53 Prozent der Betroffenen nach Stromunfällen auf einer Zuggarnitur musste eine Amputation vorgenommen werden. Unter den Opfern der arbeitsbedingten Hochspannungsunfälle war das bei knapp 26 Prozent der Fall.
Das alles könne nur die dringende Notwendigkeit möglichst intensiver Präventionsmaßnahmen unterstreichen.
Zusammenfassung
- Eine Analyse von österreichischen Medizinern zeigt, dass Zugsurfer bei Hochspannungsunfällen deutlich schwerere Verletzungen und eine doppelt so hohe Amputationsrate (53%) wie Arbeitsunfall-Opfer (26%) erleiden.
- Zugsurfen betrifft vor allem junge Männer (Durchschnittsalter 19 Jahre), die im Schnitt 48% ihrer Körperoberfläche verbrennen und mehr als doppelt so lange auf der Intensivstation bleiben (38,7 Tage) wie Arbeitsunfall-Opfer (17,9 Tage).
- Beide Gruppen weisen eine hohe Sterblichkeitsrate von 25 Prozent auf, was die dringende Notwendigkeit intensiver Präventionsmaßnahmen unterstreicht.