APA/dpa/Matthias Balk

Wirecard: Mitarbeiter trugen Millionen in Sackerln aus Zentrale

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Gegen Wirecard wird wegen gewerbsmäßigen Betruges ermittelt. Nun sollen ehemalige Mitarbeiter ausgesagt haben, dass mehrere Millionen Euro in herkömmlichen Plasitksackerln aus der Zentrale getragen wurden. Der genaue Betrag sei nicht bekannt. Das Geld soll mehrere Jahre hinweg auf diesem Wege hinausgeschafft worden sein.

Ehemalige Angestellte sollen laut "Financial Times" vor der Münchner Polizei ausgesagt haben, dass Mitarbeiter mehrere Millionen Euro über Jahre hinweg in Plastiksackerln aus der Zentrale geschafft haben. Um welchen Betrag es sich genau handle und warum die Mitarbeiter dies taten, sei unklar. Sie sollen schon 2012 damit begonnen haben.

Assistentin hob das Bargeld ab

Die ehemaligen Mitarbeiter sollen ausgesagt haben, dass über zwei Jahre hinweg bis 2018, bis zu 700.000 Euro in den Sackerln herausgetragen wurden. Laut "Financial Times" könnte es sich daher um mehr als 100 Millionen Euro Bargeld handeln. Interne Aufzeichnungen sollen hingegen sechs Millionen dokumentiert haben.

Die Assistentin eines hochrangingen Managers soll die Bargeldbehebung vorgenommen haben. Der Manager soll für die in Dubai ansässige Tochterfirma zuständig gewesen sein. Auch für den ehemaligen Wirecard-Mitarbeiter Christoph Bauer soll ein sechsstelliger Betrag vorgesehen gewesen sein. Kurz nach Bekanntwerden des Zusammenbruchs von Wirecard wurde der Tod von Bauer publik.

Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt

Nun wird von der Münchner Staatsanwaltschaft wegen Bilanzfälschung, Betrug, Marktmanipulation und Geldwäsche ermittelt, heißt es laut "ORF". Einige ehemalige Vorstände seien in Untersuchungshaft, andere auf der Flucht. Der deutschen Finanzmarktaufsichtsbehörde (BaFin) werde Versagen in dieser Causa vorgeworfen.  

Die inzwischen insolvente Wirecard AG hatte im vergangenen Sommer eingestanden, dass in der Bilanz aufgeführte 1,9 Milliarden Euro nicht auffindbar sind. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht von einem "gewerbsmäßigen Bandenbetrug" aus - und zwar seit dem Jahr 2015. Der Bilanzskandal hatte für hohe Schäden bei Anlegern gesorgt. Der Untersuchungsausschuss soll herausfinden, ob Ministerien oder Behörden das aufstrebende Finanztech-Unternehmen vor dem Zusammenbruch mit Samthandschuhen angefasst hatten, obwohl es seit langem Berichte über Unregelmäßigkeiten gab.

Scholz weist Verantwortung von sich

Der deutsche Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat jegliche Verantwortung für den Bilanzskandal um den ehemaligen DAX-Konzern Wirecard zurückgewiesen. "Die Verantwortung für diesen groß angelegten Betrug trägt nicht die Bundesregierung", sagte der Finanzminister im Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags. "In dem Unternehmen wurde offensichtlich mit hoher krimineller Energie gehandelt."

Über elf Jahre seien die "Betrügereien" nicht aufgedeckt worden, weil die verantwortliche Wirtschaftsprüfungsgesellschaft keine Unregelmäßigkeiten erkannt habe. Auf die Frage eines Abgeordneten, ob er persönlich Verantwortung dafür trage, dass der Skandal nicht früher aufgefallen sei, antwortete Scholz: "Nein."

Opposition und Union hatten vor der Befragung von Scholz deutlich gemacht, dass sie bei der politischen Aufarbeitung des Skandals viele offene Fragen sehen. Sie warfen Scholz mangelnde Transparenz vor. Grünen-Obmann Danyal Bayaz sagte, das Finanzministerium versuche, seine Rolle unter den Teppich zu kehren. FDP-Obmann Florian Toncar bemängelte, Scholz sei seiner Aufgabe nicht so gerecht geworden, wie es gut gewesen wäre. Unions-Obmann Matthias Hauer warf dem Finanzministerium vor, beim Versagen von Behörden im Fall Wirecard weggeschaut zu haben. Der Finanzminister müsse die politische Verantwortung für den Bilanzskandal mit Milliardenschaden für viele Kleinanleger übernehmen.

Merkel vor U-Ausschuss

Für Freitag ist die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als Zeugin im Untersuchungsausschuss geladen. Sie hatte sich während einer Reise nach China im September 2019 für Wirecard eingesetzt. Ein Regierungssprecher hatte gesagt, Merkel habe zum Zeitpunkt der Reise keine Kenntnis von möglichen schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten bei Wirecard gehabt.

Welche Rolle der österreichische Geheimdienst im Wirecard-Skandal spielt

PULS 24 Chefreporterin Manuela Raidl erklärt die Verbindungen im Wirecard-Skandal nach Österreich und was FPÖ-Politiker damit zu tun haben.

ribbon Zusammenfassung
  • Gegen Wirecard wird wegen gewerbsmäßigen Betruges ermittelt. Nun sollen ehemalige Mitarbeiter ausgesagt haben, dass mehrere Millionen Euro in herkömmlichen Plasitksackerln aus der Zentrale getragen wurden.
  • Der genaue Betrag sei nicht bekannt. Das Geld soll mehrere Jahre hinweg auf diesem Wege hinausgeschafft worden sein.
  • Die ehemaligen Mitarbeiter sollen zudem ausgesagt haben, dass über zwei Jahre hinweg bis 2018, bis zu 700.000 Euro in den Sackerln herausgetragen wurden. Laut "Financial Times" könnte es sich daher um mehr als 100 Millionen Euro Bargeld handeln.
  • Die Assistentin eines hochrangingen Managers soll die Bargeldbehebung vorgenommen haben.
  • Nun wird von der Münchner Staatsanwaltschaft wegen Bilanzfälschung, Betrug, Marktmanipulation und Geldwäsche ermittelt, heißt es laut "ORF".