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USA: Proteste in zahlreichen Großstädten - Toter in Indianapolis

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Teils gewaltsame Demonstrationen von Los Angeles bis New York nach dem Tod von Afroamerikaner George Floyd bei in Polizeieinsatz. In New York fährt die Polizei in eine Gruppe Demonstranten.

In den USA ist es den fünften Tag in Folge in mehreren Städten zu Demonstrationen und Unruhen nach dem gewaltsamen Tod eines Afroamerikaners bei einem Polizeieinsatz gekommen. Von Los Angeles über Miami bis Chicago gingen am Samstag Tausende auf die Straße.

"I can't breathe", skandierten sie, "Ich bekomme keine Luft." Das waren die Worte von George Floyd, einem unbewaffneten Mann, den am Montag in Minneapolis ein weißer Polizist minutenlang mit dem Knie auf dem Hals zu Boden gedrückt hatte. Der 46-Jährige starb wenig später im Krankenhaus. Seither weiten sich in den USA die Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt aus. In einigen Städten wurden Ausgangssperren verhängt.

Auch am Samstag begannen die Kundgebungen friedlich. Demonstranten blockierten Straßen. Einige zündeten Feuer an. Es kam zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, die zum Teil Tränengas und Plastikgeschoße einsetzte.

In der Hauptstadt Washington demonstrierten Hunderte Menschen in der Nähe des Justizministeriums. Viele zogen später vor das Weiße Haus. Den Amtssitz von US-Präsident Donald Trump riegelten zahlreiche Polizisten ab - ausgerüstet mit Schutzschilden und zum Teil auf Pferden. Trump sagte am Samstag, wenn die Demonstranten, die sich in der Nacht zuvor auf dem Lafayette Square gegenüber dem Weißen Haus versammelt hatten, den Zaun zum Amtssitz überwunden hätten, "wären sie von den bösartigsten Hunden und den bedrohlichsten Waffen begrüßt worden, die ich je gesehen habe". Ein schwarzer Demonstrant trug in der Hauptstadt ein Schild mit der Aufschrift: "Bin ich der Nächste?" Auf Fernsehbildern aus Washington war zu sehen, wie ein Gebäude im Stadtzentrum brannte. "Das ist ein Land im Chaos", sagte ein CNN-Moderator.

Die sich rasch ausbreitenden Proteste gegen Rassismus fallen zusammen mit einem tiefen Frust wegen der Beschränkungen im Kampf gegen das Coronavirus und der wirtschaftlichen Krise infolge der Pandemie. In einem surrealen Moment waren in Miami zur selben Zeit die Sirenen der Polizeiautos, die mit Blaulicht zum Einsatz gegen Demonstranten rasten, und das Feuerwerk zu Ehren der Pflegekräfte zu hören, die unermüdlich im Einsatz gegen das Coronavirus sind. Hunderte Polizisten schwärmten aus und drohten, jeden festzunehmen, der es wagte, auf die Straße zu gehen. Das galt auch für Journalisten.

Ausgangssperren

In mehreren großen Städten, die in den vergangenen Tagen Schauplatz von Protesten waren, wurden Ausgangssperren verhängt: unter anderem in Atlanta, Los Angeles, Philadelphia, Denver, Cincinnati, Portland/Oregon und Louisville im Bundesstaat Kentucky. Kundgebungen gab es unter anderem in Dallas, Chicago, Seattle, Salt Lake City und Cleveland. Nach Angaben der Polizei kam es im Stadtzentrum von Los Angeles zu "großen und gewalttätigen Protesten". Demonstranten hielten sich nicht an die Ausgangssperre. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Geschäfte geplündert wurden. Alleine in Los Angeles waren nach Angaben vom Samstag bei Protesten nach dem Tod Floyds mehr als 500 Menschen festgenommen worden. Auch in anderen Metropolen kam es zu Festnahmen.

Minneapolis

In Minneapolis war es auf den Straßen tagsüber weitgehend ruhig. Die Nationalgarde patrouillierte in gepanzerten Fahrzeugen in der Stadt. Später schlossen die Behörden mehrere Autobahnen in die Metropolregion, die die beiden Großstädte Minneapolis und Saint Paul im Bundesstaat Minnesota bilden. In der Abenddämmerung, etwa eine halbe Stunde nach Beginn der Ausgangssperre, rückte eine Polizeikette in Minneapolis zu einer Stelle vor, wo sich rund 500 Demonstranten in der Nähe einer ausgebrannten Bank versammelt hatten. Die Polizei setzte Tränengas, Pfefferspray und Plastikgeschoße ein, um die Menge zu vertreiben.

New York: Polizei fährt in Gruppe von Demonstranten

In Chicago demonstrierten Tausende den zweiten Tag in Folge, zum Teil kam es zu Gerangel zwischen Demonstranten und der Polizei. Im Stadtteil Brooklyn in New York City, wo am Freitag 200 Menschen festgenommen worden waren, fuhr ein Polizeieinsatzwagen in eine Gruppe von Demonstranten. Dies war auf einem Video eines Augenzeugen zu sehen. "Sie hätten sie umbringen können, und wir wissen nicht, wie viele sie verletzt haben", schrieb die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez auf Twitter. In New York zogen Demonstranten zudem vor den Trump Tower - das Domizil Trumps, bevor er Staatschef wurde.

Los Angeles

In Los Angeles kam es im Stadtteil Fairfax zu Auseinandersetzungen, als Demonstranten versuchten in das örtliche Studio des Fernsehsenders CBS vorzudringen. Sicherheitskräfte hätten die Menge zurückgedrängt, berichtete die "Los Angeles Times". Ebenfalls in Fairfax kam es Medienberichten zufolge zu Plünderungen. Der Bürgermeister von Los Angeles, Eric Garcetti, sagte vor Journalisten: "Das sind keine Proteste mehr. Das ist Vandalismus, das ist Zerstörung."

Ein Toter in Indianapolis

Bei Protesten gegen Polizeigewalt ist in der US-Stadt Indianapolis nach einem TV-Bericht mindestens ein Mensch getötet worden. Der Fernsehsender NBC News stützte sich dabei am Sonntag auf Angaben der Polizei. Dem Vize-Polizeichef der Stadt, Josh Barker, zufolge gab es mindestens zwei Verletzte. Der Ablauf war zunächst unklar.

Auf Twitter schrieb die Polizei, ihre Beamten seien nicht involviert gewesen und hätten nicht geschossen. Man untersuche nun zahlreiche Vorfälle. In den USA kam es am Samstag und in der Nacht auf Sonntag in zahlreichen Städten zu Protesten gegen Polizeigewalt nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd. Mindestens 25 Städte in 16 Staaten verhängten Ausgangssperren. Trotzdem gab es vielerorts erneut Plünderungen. Zudem wurden Autos und Geschäfte in Brand gesetzt.

Trump: "Plünderer und Anarchisten"

Präsident Trump machte linke "Plünderer und Anarchisten" für die Gewalt verantwortlich. Er werde nicht zulassen, "dass eine kleine Gruppe von Kriminellen und Vandalen unsere Städte zerstört und unsere Gemeinden in Schutt und Asche legt", sagte er. "Meine Regierung wird die Mob-Gewalt stoppen. Und wir werden sie kalt stoppen". Justizminister Bill Barr sagte unterdessen in einer Fernsehansprache, "gewalttätige radikale Elemente" hätten die zunächst friedlichen Proteste nach Floyds Tod ausgenutzt. Es scheine so, dass die Gewalt vielerorts "von anarchistischen und linksextremistischen Gruppen geplant, organisiert und angetrieben" werde. Beweise dafür legte auch er nicht vor.

Und der Gouverneur von Minnesota, in dem Minneapolis liegt, Tim Walz, erklärte im Gegensatz dazu unter Hinweis auf Ermittlungen, die Gewalt werde von rivalisierenden Drogengangs, weißen Rassisten und Anarchisten angeheizt. Walz verkündete die Mobilisierung der gesamten 13.000 Mitglieder starken Nationalgarde seines Staates, um gegen Randalierer vorzugehen. Auch Einheiten der Militärpolizei wurden in Alarmbereitschaft versetzt, um gegebenenfalls in Minneapolis eingreifen zu können. Alle großen Einfallsstraßen nach Minneapolis waren am Samstagabend geschlossen, Militärhubschrauber flogen über der Stadt.

Biden: Nation ist "wütend"

Der designierte Herausforderer Trumps der Demokraten bei der Präsidentschaftswahl im November, Ex-Vizepräsident Joe Biden, erklärte, die vergangenen Tage hätten gezeigt, dass die Nation "wütend" sei über Ungerechtigkeit. Es sei eine typisch amerikanische Reaktion, gegen Polizeigewalt zu demonstrieren. Sinnlose Zerstörung und Gewalt sei aber keine akzeptable Reaktion.

ribbon Zusammenfassung
  • Teils gewaltsame Demonstrationen von Los Angeles bis New York nach dem Tod von Afroamerikaner George Floyd bei in Polizeieinsatz.
  • In New York fährt die Polizei in eine Gruppe Demonstranten.
  • Von Los Angeles über Miami bis Chicago gingen am Samstag Tausende auf die Straße.
  • "I can't breathe", skandierten sie, "Ich bekomme keine Luft."
  • Sicherheitskräfte hätten die Menge zurückgedrängt, berichtete die "Los Angeles Times".