Überdosis in Favoriten
22-jährige Drogentote: Kein finales Urteil nach Prozess
Ein 19- und ein 29-Jähriger hatten mit der Frau gemeinsam Drogen konsumiert. Schließlich starb sie an einer Überdosis. Dem Älteren wurde Körperverletzung mit tödlichem Ausgang vorgeworfen.
Der 29-Jährige, der eigenen Angaben zufolge seit vielen Jahren drogenabhängig ist, soll zunächst die Morphiumtabletten aufgelöst und der 22-Jährigen das Suchtgift dann in die rechte Armbeuge verabreicht haben.
Als die Frau nach hinten kippte und das Bewusstsein verlor, sollen weder er noch der 19-Jährige, dem der Ältere auf dessen Wunsch hin Heroin gespritzt hatte, richtig reagiert haben.
Der Jüngere verließ die Wohnung, um in einer Nachtapotheke Naloxon - ein Gegenmittel bei Überdosierungen von Opioiden - zu besorgen, der Ältere ging nach Hause bzw. zu seiner Freundin, ohne sich weiter um die bewusstlose Frau zu kümmern.
Er sei davon ausgegangen, dass der 19-Jährige die Rettung verständigt hatte und diese bereits am Weg war, machte der Mann vor einem Schöffensenat geltend. Einem gerichtsmedizinischen Gutachten zufolge verstarb die Frau an einer zentralen Atemlähmung.
Neues Verfahren gefordert
Das Gericht fällte am Ende ein Unzuständigkeitsurteil. Der Senat ging davon aus, dass der 29-Jährige eine Garantenstellung innehatte und er durch aktives Handeln verpflichtet gewesen wäre, den Tod der jungen Frau abzuwenden, der durch sein Unterlassen eintrat.
Damit müssen nun Geschworene prüfen, ob der wegen Suchtmitteldelikten achtmal Vorbestrafte mit seinem Handeln nicht den Tod der Frau billigend in Kauf genommen und damit Mord durch Unterlassung zu verantworten hat.
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Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die beiden Männer bleiben vorerst weiter in U-Haft.
"Unter Drogeneinfluss"
Der 29-Jährige bestritt, der ums Leben Gekommenen Morphium gespritzt zu haben. "Sie hat so stark gezittert. Dadurch, dass ich Mitleid hatte, habe ich die Nadel angesetzt. Abgedrückt hat sie selber", gab er zu Protokoll.
Er bereue es, das getan zu haben: "Ich hätte nie geglaubt, dass es so weit kommt." Als die Frau plötzlich ohne Bewusstsein war und keine Reaktion mehr zeigte, habe er den 19-Jährigen auf die Straße geschickt, um Hilfe zu holen. Der Akku seines Handy sei nämlich leer gewesen.
Auf die Frage, weshalb er die Wohnung verlassen hätte, erwiderte der 29-Jährige: "Ich war so unter Schock und es war so eine Panik in mir." Er habe sich darauf verlassen, dass der Jüngere mit der Rettung zurückkommt: "Ich stand dermaßen unter Drogeneinfluss, dass ich nicht klar denken konnte." Er sei "rausgegangen, weil ich Angst hatte, dass mir die Medikamente weggenommen werden".
Der 19-Jährige bekannte sich zur unterlassenen Hilfeleistung schuldig und machte darüber hinaus von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. "Er hat einen Riesenschock gehabt. Er hat die Panik bekommen", meinte sein Rechtsvertreter.
Die Angehörigen der ums Leben gekommenen Frau haben sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen. Anwalt Sascha Flatz machte für die Mutter 42.000 Euro und für die Schwester 5.000 Euro geltend.
Hilfe in Krisensituationen
Sind Sie in einer Krisensituation? Hier finden Sie Hilfe:
- Telefonseelsorge: 142 (Notruf), täglich 0–24 Uhr, online unter www.telefonseelsorge.at
- Sozialpsychiatrischer Notdienst/PSD: 01/31330, täglich 0–24 Uhr, online unter www.psd-wien.at
- Rat auf Draht: 147. Beratung für Kinder und Jugendliche. Anonym, täglich 0–24 Uhr, online unter www.rataufdraht.at
- Kindernotruf: 0800 567 567, Beratung bei persönlichen Krisen. Anonym, täglich 0-24 Uhr www.bittelebe.at
- Suizidprävention auf www.gesundheit.gv.at/leben/suizidpraevention
Video: Gefährlicher Anstieg: Rekord bei Drogentoten
Zusammenfassung
- Nach dem Tod einer 22-jährigen Frau an einer Überdosis Morphium in Wien-Favoriten am 23. Oktober 2024 wurde am Landesgericht gegen zwei Männer verhandelt, wobei der 29-Jährige beschuldigt wird, der Frau das Suchtgift injiziert zu haben.
- Das Gericht fällte ein Unzuständigkeitsurteil, da der 29-Jährige laut Senat eine Garantenstellung hatte, weshalb nun Geschworene klären müssen, ob Mord durch Unterlassung vorliegt.
- Die Angehörigen der Verstorbenen fordern als Privatbeteiligte 42.000 Euro für die Mutter und 5.000 Euro für die Schwester, während beide Männer weiterhin in U-Haft bleiben.