Trend Mouth Taping kann gefährlich werden
Bei der Methode sollen ein Pflaster, Klebeband oder spezielle Tapes den Mund verschließen und so dafür sorgen, dass Menschen bei der Nachtruhe stattdessen durch die Nase atmen. "Das Zukleben des Mundes ist eine aktuelle Praxis, die oft von Berühmtheiten beworben wird, aber nicht unbedingt wissenschaftlich untermauert ist", schreibt die Gruppe um den Hals-Nasen-Ohren-Mediziner Brian Rotenberg vom London Health Sciences Centre in der kanadischen Stadt London (Provinz Ontario). "Viele Menschen eignen sich nicht für Mouth Taping, und in manchen Fällen kann dies zu ernsthaften Gesundheitsgefahren führen."
Helfen soll die Praxis unter anderem gegen die weit verbreitete obstruktive Schlafapnoe: Dabei erschlafft beim Schlafen - insbesondere in Rückenlage - die Schlundmuskulatur, der Zungengrund sinkt zurück und verengt die Atemwege. Dieses Hindernis kann nicht nur Schnarchen verursachen, sondern auch nächtliche Atemaussetzer - oft Dutzende pro Stunde. Die mindern die Sauerstoffversorgung des Blutes und lösen auch Weckreaktionen aus, die den Schlaf beeinträchtigen und die Tagesschläfrigkeit steigern.
In der nun veröffentlichten Analyse deuteten zwei der zehn analysierten Studien darauf hin, dass das Zukleben des Mundes manchen Menschen mit einer leichten obstruktiven Schlafapnoe etwas helfen könne. Doch vier der Untersuchungen zeigten Risiken - insbesondere dann, wenn die Nase verstopft ist. Dies könne der Fall sein etwa bei chronischem Schnupfen, Heuschnupfen, Entzündungen der Nasennebenhöhlen oder Problemen der Nasenscheidewand, schreibt die Forschungsgruppe.
Ist bei einer beeinträchtigten Nasenatmung dann auch der Mundweg versperrt, drohe ernsthafter Sauerstoffmangel. Darüber hinaus nennt das Team noch eine weitere Gefahr: Im Falle von Zurückströmen könne Mageninhalt den Rachenraum nicht verlassen und die Atemwege versperren.
Schwache Evidenz
"Insgesamt scheint das Social-Media-Phänomen des Mund-Zuklebens als Mittel gegen Mundatmung auf schwacher Evidenz zu basieren", folgert das Team. Nachteilige Effekte drohten vor allem jenen Menschen, bei denen die Mundatmung die Folge einer behinderten Nasenatmung sei.
Allerdings räumt das Team ein, die wenigen ausgewerteten Studien seien sehr klein und unterschiedlich, die Daten insgesamt von geringer Qualität. Letztlich seien bessere Studien erforderlich, um die Sicherheit und Effizienz des Mouth Tapings abschließend beurteilen zu können. Angesichts der aktuellen Datenlage könne man die Praxis Menschen mit schlafbezogenen Atmungsstörungen nicht empfehlen.
(S E R V I C E - Studie (nach Ablauf der Sperrfrist): https://dpaq.de/WE95yRV )
Zusammenfassung
- Eine kanadische Forschungsgruppe hat zehn Studien mit insgesamt 213 Teilnehmern zum Trend des Mouth Tapings ausgewertet und warnt vor potenziellen Gesundheitsrisiken.
- Während zwei Studien einen leichten Nutzen bei milder Schlafapnoe zeigen, berichten vier Untersuchungen von Risiken wie Sauerstoffmangel, vor allem bei Menschen mit verstopfter Nase oder Nasenproblemen.
- Die Forscher betonen, dass die wissenschaftliche Evidenz schwach ist und empfehlen Mouth Taping nicht für Menschen mit schlafbezogenen Atmungsstörungen.