SOS-Kinderdorf - Bild Kutins bei Platter "zerstört"
Anlässlich der Auszeichnung hatte Platter den ehemaligen SOS-Kinderdorf-Präsidenten noch als "ganz besonders guten Freund" bezeichnet. Der ehemalige Landeschef hatte Kutin bei mehreren Reisen begleitet - unter anderem nach Nepal, das bei den Vorwürfen gegen diesen eine entscheidende Rolle einnimmt. Ein Großspender der Organisation soll dort mehrfach Kinder missbraucht haben. Kutin soll von den Neigungen des Mannes gewusst und diesem dennoch Zugang zu Kindern verschafft haben.
"Nach meiner Vorstellung ist es undenkbar, dass man einem pädophilen Menschen die Tür zu Kindern aufmacht", sagte Platter nun. "Mir fehlen die Worte", meinte er. Die Causa mache ihn auch als Vater und Großvater von fünf Enkeln "tief betroffen". Bisher habe er von Kutin "das Bild eines Weltbürgers, das Bild eines unfassbaren Menschen, der vielen Kindern weltweit geholfen hat" gehabt. Dieses sei nunmehr beeinträchtigt.
Dem "Kurier" zufolge soll der betroffene Großspender auch bei einer Reise einer Delegation aus Tirol samt Platter und Kutin zur Eröffnung des Kinderdorfs Lumbini in Nepal anwesend gewesen sein. Offiziell bestätigt ist dies jedoch nicht - SOS-Kinderdorf wollte entsprechendes weder bestätigen noch dementieren. Alle relevanten Informationen würden jedenfalls der eingesetzten Reformkommission zur Verfügung gestellt. Platter konnte sich an einen etwaig anwesenden Großspender nicht erinnern. Das Kinderdorf Lumbini war mit 600.000 Euro vom Land Tirol mitfinanziert worden.
Auch das Bild Platters vom bereits verstorbenen SOS-Kinderdorf-Gründer Hermann Gmeiner hat sich verschoben. Bisher habe man mit Hochachtung von Gmeiner gesprochen. "Nun bricht die Erinnerung an Hermann Gmeiner zusammen", sagte der 71-Jährige. Diesem wird wie kürzlich bekanntgeworden vorgeworfen, sich an mehreren Buben vergangen zu haben. Insgesamt müssten nun alle Vorwürfe "seriös aufgearbeitet" werden, forderte Platter. Das traue er der Reformkommission unter Vorsitz von Ex-OGH-Präsidentin Irmgard Griss zu. Jedenfalls sei klar: "Das Gesamte muss neu aufgestellt werden - personell und inhaltlich."
Auszeichnungen könnten aberkannt werden
Sowohl bei Kutin als auch bei Gmeiner war rund um die Vorwürfe kürzlich eine Aberkennungsprüfung hinsichtlich der vom Land Tirol verliehenen Auszeichnungen eingeleitet worden. Gleiches galt für den dienstfrei gestellten Geschäftsführer Christian Moser. Im Tiroler Landes-Auszeichnungsgesetz sei festgelegt, dass eine Auszeichnung bei rechtskräftiger Verurteilung wegen strafbarer Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung ex lege als widerrufen gelte oder posthum aberkannt werde, sofern Tatsachen im Nachhinein bekannt werden, die einer Verleihung entgegengestanden wären, hatte es seitens des Landes dazu anlässlich des Falls Gmeiner geheißen.
SOS-Kinderdorf-Gründer Gmeiner waren 1980 und Nachfolger Kutin 2011 mit dem "Ring des Landes Tirol" ausgezeichnet worden - der höchsten zu vergebenden Auszeichnung Tirols, für die ein Beschluss des Landtages notwendig ist. Bereits 1959 hatte Gmeiner zudem das Ehrenzeichen des Landes erhalten. Moser wiederum wurde 2021 das Verdienstkreuz verliehen.
Zusammenfassung
- Tirols Altlandeshauptmann Günther Platter beklagt nach Missbrauchsvorwürfen gegen den verstorbenen SOS-Kinderdorf-Präsidenten Helmut Kutin ein "zerstörtes Bild" und fühlt sich getäuscht.
- Im Zentrum der Vorwürfe steht ein Großspender, der in Nepal mehrfach Kinder missbraucht haben soll, wobei Kutin laut Anschuldigungen davon wusste und dennoch Zugang ermöglichte; das Land Tirol finanzierte das Kinderdorf Lumbini mit 600.000 Euro.
- Sowohl gegen Kutin als auch gegen SOS-Kinderdorf-Gründer Hermann Gmeiner und Geschäftsführer Christian Moser laufen Aberkennungsprüfungen der höchsten Tiroler Auszeichnungen, wie dem Ring des Landes Tirol.
