Sex mit Zwölfjähriger: Tirols OLG-Chef kritisiert Politik
"Wer Urteile kommentiert, verunglimpft und kritisiert, ohne den Inhalt zu kennen, der tut dem Rechtsstaat nichts Gutes", hielt der im September ins Amt eingeführte OLG-Chef in einem Pressegespräch fest. Insbesondere Politiker sprach er dabei an, die "massive Kritik an einem unabhängigen Urteil" geübt hätten. Dass die Öffentlichkeit in einem solchen Prozess großteils von der Hauptverhandlung ausgeschlossen werde, diene indes primär dem Opferschutz. OLG-Richterin und Mediensprecherin Claudia Hagen betonte, dass nur der Richter - der infolge des Prozesses auch bedroht worden war - in Kenntnis des gesamten Aktes sei.
Die nun aufgeflammte Debatte um eine Verschärfung des Sexualstrafrechts begrüßte Gosch indes. Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) will das Zustimmungsprinzip - "Nur Ja heißt Ja" - umsetzen. Der Gerichtspräsident meinte zwar, dass dies eine politische Fragestellung sei. "Persönlich gefragt" befürworte er aber "alles, was die sexuelle Freiheit und Autonomie stärkt". Daher würde er das "Ja-Prinzip nicht a priori wegwischen", sondern durchaus "darüber nachdenken".
Als "Schritt in die richtige Richtung" bezeichnete Gosch zudem die geplante Einrichtung einer Bundesstaatsanwaltschaft. Sporrer wollte hier zuletzt die Eckpunkte mit Polit- und Justizvertretern noch diskutieren. Dass die Bundesstaatsanwaltschaft aus einem Dreiergremium an der Spitze besteht, bezeichnete Gosch als "gute Lösung". Nicht einverstanden zeigte er sich dagegen mit der reinen Bestellung durch den Nationalrat. Vielmehr wollte er einen Dreier- oder Neunervorschlag durch unabhängige Personalsenate umgesetzt wissen, wie es etwa bei der Bestellung von OGH-Präsident- und Vizepräsident eingeführt worden war. Der Nationalrat könnte anschließend aus diesem Vorschlag wählen, meinte er. Wichtig sei jedoch, dass nur Richter oder Staatsanwälte dafür infrage kommen, diese hätten schließlich die Unabhängigkeit "aufgesogen".
Gosch steckt knappes Budget in Personal
Am OLG-Sprengel für Tirol und Vorarlberg, für den Gosch seit Anfang Juni verantwortlich zeichnet, will er die "Serviceorientierung" trotz klammer Kassen ausbauen. Alle ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen würden derzeit ins Personal gesteckt. Damit könne er zwar alle Stellen nachbesetzen, eine eigentlich dringend nötige Aufstockung des Personals sei jedoch nicht drin.
Dies sei insbesondere aufgrund der zunehmenden Arbeit schwierig. Von 2023 bis 2025 habe es im Bereich der Insolvenzsachen bei den Landesgerichten einen Anstieg von 37 Prozent gegeben, bei den Strafsachen waren es bis zu 23 Prozent. Auch bei den Zivilsachen wurde ein Plus von acht Prozent registriert. Neben der schwierigen wirtschaftlichen Lage erklärte sich Gosch den Anstieg auch mit einer Aufstockung von Planstellen bei Polizei und Staatsanwaltschaft: "Wenn viel ermittelt wird, landet es auch irgendwann bei uns", resümierte er.
Informationsfreiheitsgesetz brachte keinen Ansturm
Auch die von der Politik übertragenen neuen Aufgaben machen die Lage nicht leichter. Gosch verwies dabei etwa auf die Neuerungen bei der Handysicherstellung, wonach eine richterliche Genehmigung im Voraus eingeholt werden muss, sowie auf die Veröffentlichungspflicht von OLG-Entscheidungen sowie das neue Informationsfreiheitsgesetz. Der erwartete Ansturm von Anfragen auf die Gerichte blieb jedoch aus: Nur eine Anfrage wurde seit dem Inkrafttreten Anfang September ans OLG gestellt.
Zusammenfassung
- Im OLG-Sprengel Tirol und Vorarlberg ist die Arbeitsbelastung deutlich gestiegen: Von 2023 bis 2025 gab es bei Insolvenzsachen ein Plus von 37 Prozent, bei Strafsachen bis zu 23 Prozent und bei Zivilsachen acht Prozent mehr Fälle.
- Gosch begrüßt die Debatte um eine Verschärfung des Sexualstrafrechts und das Zustimmungsprinzip "Nur Ja heißt Ja" und spricht sich für eine unabhängige Auswahl des Führungsgremiums der geplanten Bundesstaatsanwaltschaft aus.