APA/LUKAS HUTER

Sechs "Sittenwächter" in Wien und Linz festgenommen

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Eine Gruppe von selbsternannten "Sittenwächter" aus Tschetschenien soll Landsfrauen, die sich "zu westlich" verhielten, verfolgt, bedroht oder verletzt haben.

In Wien und Linz sind Mitte Juni fünf Männer und eine Frau festgenommen worden, weil sie mindestens zehn Opfer verfolgt, bedroht oder verletzt haben sollen. Die Tschetschenen im Alter zwischen 19 und 37 Jahren stehen im Verdacht, einer Gruppierung anzugehören, die sich als "Sittenwächter" versteht. In den Fokus der Gruppe gerieten tschetschenische Frauen, die sich "zu westlich" verhielten. Diese meldeten sich bei der Polizei, die Ermittlungen einleitete. Bisher sind zehn Opfer bekannt.

Belehrt, bedroht, verfolgt

Die hierarchisch strukturierte Gruppierung soll seit zumindest Anfang des Jahres agiert haben, berichtete die Polizei. Die Mitglieder sollen aus Tschetschenien stammende Frauen, in manchen Fällen auch deren Partner und Familien, belehrt, bedroht und verfolgt haben - und zwar, wenn sich diese nach Ansicht der Beschuldigten "zu westlich" oder nicht den Wertvorstellungen entsprechend verhalten hatten. Die Opfer berichteten, dass beispielsweise ein Foto in Badebekleidung oder eine Beziehung zu einer nicht tschetschenisch-stämmigen Person ausgereicht hatte, um ins Visier der Gruppe zu geraten.

Die Täter gingen systematisch vor, schilderte ein Polizeisprecher am Donnerstag. Zuerst sollen die Mitglieder der Gruppierung den Bekanntenkreis, aber auch Soziale Medien, durchforstet haben. Gab es Anhaltspunkte für "Vergehen", wurde jemand losgeschickt, um mit der jeweiligen Frau zu sprechen. Hat das nicht gefruchtet, wurden auch Familienmitglieder in die Drohungen miteinbezogen, so die Polizei. Weiters sollen Bilder der Frauen in Moscheen aufgehängt worden sein, um sie zu denunzieren. Laut Polizei folgten bei Nicht-Einlenken der Frauen weitere Drohungen und auch Gewalt, egal ob Zuhause oder am Arbeitsplatz. Initiiert wurden die Taten laut Polizei eher von den älteren Mitgliedern der Gruppe.

Festnahme von sechs Personen

Mitte Juni erfolgte dann die Festnahme von sechs Personen, auch mit Unterstützung des Einsatzkommandos Cobra. Zusätzlich stellten die Beamten an den Wohnadressen der Beschuldigten in Wien und Linz Mobiltelefone, diverse Gas- und Schreckschusswaffen sowie 5.000 Euro Bargeld sicher.

Ob die Waffen bei den Drohungen an die Frauen zum Einsatz kamen, konnte die Polizei am Donnerstag nicht sagen. Die Verdächtigen sollen aber in Sozialen Netzwerken damit posiert haben, hieß es. Die Beschuldigten wurden wegen zahlreicher strafrechtlicher Delikte angezeigt, insbesondere wegen des Verdachts der mehrfachen Körperverletzung, Nötigung sowie der kriminellen Vereinigung.

ribbon Zusammenfassung
  • Eine Gruppe von selbsternannten "Sittenwächter" aus Tschetschenien soll Landsfrauen, die sich "zu westlich" verhielten, verfolgt, bedroht oder verletzt haben.
  • In Wien und Linz sind Mitte Juni fünf Männer und eine Frau festgenommen worden, weil sie mindestens zehn Opfer verfolgt, bedroht oder verletzt haben sollen.
  • Initiiert wurden die Taten laut Polizei eher von den älteren Mitgliedern der Gruppe.