APA/APA (Archiv)/ERWIN SCHERIAU

Reisewarnung für Kroatien in Kraft

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Seit Mitternacht ist die Reisewarnung für Kroatien in Kraft. Kroatiens Botschafter kritisiert im PULS 24 Interview die "Blitzentscheidung".

Seit Mitternacht ist die Reisewarnung für Kroatien in Kraft, mit massiven Auswirkungen für Besucher des Urlaubslandes, die zurückkehren wollen. Sie müssen einen negativen PCR-Test vorweisen, oder in Heimquarantäne bleiben und innerhalb von 48 Stunden ihre Testung über die Hotline 1450 veranlassen. Viele Reisende wollten daher noch vor Mitternacht über die Grenze, Staus waren die Folge.

Ab Mitternacht wurde rigoros kontrolliert, was einige Urlauber zu spüren bekamen. So reisten in Spielfeld 350 Menschen zu spät nach Österreich ein, sie müssen in Quarantäne. Ursache war der große Andrang an der österreichisch-slowenischen Grenze, was zu einem ausgedehnten Rückstau geführt hatte. Am Montagvormittag war von Staus jedoch nichts mehr zu merken. Am Grenzübergang Karawankentunnel war es sogar ausgesprochen ruhig.

Die Zahlen der Neuinfektionen in Österreich blieben dreistellig. Von Sonntag auf Montag wurden 164 neu Infizierte registriert, damit war diese Zahl zum siebenten Mal in Folge dreistellig. Mehr als 2.000 aktiv infizierte Menschen gab es damit in Österreich. Ein Gutteil der Neuinfektionen sei auf Kroatien-Rückkehrer zurückzuführen, wurde vonseiten der Gesundheitsbehörden betont.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) appellierte an die Landesbehörden, genug Personal für Grenzkontrollen zur Verfügung zu stellen. Er habe in diesem Sinn bereits am Freitag einen Erlass herausgegeben. Es gehe darum, dass alle gemeinsam "die Einreiseverordnung gut vollziehen". Die Unterstützung durch das Bundesheer im Rahmen des Assistenzeinsatzes sei eine "zusätzliche Möglichkeit".

Doch die Länder wiesen im Ö1-"Mittagsjournal" auf die begrenzten Kapazitäten ihrer Gesundheitsbehörden hin. So betonte die Kärntner Gesundheitslandesrätin Beate Prettner (SPÖ), vor allem die beiden großen Grenzübergänge Karawankentunnel und Arnoldstein forderten die Behörden sehr. "Unsere Behörden sind an der Grenze der Leistungsfähigkeit", sagte Prettner. Sie verlangte mehr Personal, die 45 Soldatinnen und Soldaten an der Kärntner Grenze zur Unterstützung seien nicht genug. "Die Grenzkontrollen sind eine Aufgabe, die für unser Personal völlig neu ist und diesbezüglich haben wir das Personal nicht", erläuterte Manfred Walch, Bezirkshauptmann von Leibnitz (Steiermark).

Teststraßen direkt an der Grenze erteilte Anschober eine Absage. Der Aufwand wäre riesengroß, wie er am Montag in einem Gespräch mit dem "Morgenjournal" ausführte. Außerdem mache es aus seiner Sicht keinen Unterschied, ob man bei 1450 anruft und sich eine Gratis-Testung organisiere oder wie in Wien zu einem Drive-In-Test fährt.

Anschober sagte, bei Befragungen an der slowenisch-österreichischen Grenze müsse festgestellt werden, ob der Einreisende tatsächlich nur aus Slowenien komme oder doch aus Kroatien. In manchen Fälle könnten diese Befragungen auch sehr ins Detail gehen, kündigte der Gesundheitsminister an. Dabei könne in Einzelfällen "auch verlangt werden, dass man sehr präzisiert". Da geht es Anschober zufolge beispielsweise darum, in welchem Ort der Betreffende war oder in welchem Hotel. "Aber Tatsache ist: Einen Lügendetektor können wir nicht an die Grenze stellen."

Kroatien versucht indes angesichts steigender Infektionszahlen im Land zu beruhigen. Länder wie Österreich, die zuletzte Reisebeschränkungen eingeführt haben, will Zagreb zu einer Entschärfung der Maßnahmen bewegen. "Wir kommunizieren intensiv, dass die Situation mit den Infektionszahlen nicht überall in Kroatien gleich ist", sagte der kroatische Innenminister Davor Bozinovic am Montag.

Die Lage sei von Region zu Region unterschiedlich. "Insbesondere in Regionen, wo die meisten österreichischen Touristen hinreisen, ist die Lage sehr günstig", versicherte der Innenminister, der auch den nationalen Corona-Krisenstab leitet, laut Regionalsender N1. "Österreichische Behörden wissen das. Ob sie diese Tatsache wegen ihrer Bürger auch berücksichtigen werden, liegt bei ihnen. Das ist ihre souveräne Entscheidung", sagte Bozinovic.

Auch der kroatische Gesundheitsminister Vili Beros warb in einem Interview mit dem "Kurier" (Montagsausgabe) dafür, dass Österreich seine Reisewarnung auf einige Regionen beschränken solle. Mit einer "partiellen Reisewarnung" könne Österreich die spezifische epidemiologische Lage in den einzelnen der insgesamt 21 kroatischen Regionen (Gespanschaften) berücksichtigen. "In zwölf haben wir eine sehr geringe Zahl an Neuinfektionen: weniger als zehn. In drei sogar nur einen Infektionsfall, und in drei weiteren Gespanschaften je drei Fälle. Diese Daten sprechen doch eindeutig dafür, dass Kroatien von Gespanschaft zu Gespanschaft partiell betrachtet werden und auf gar keinen Fall zu einem einzigen Corona-Hotspot ausgerufen werden sollte", so Beros.

Der kroatische Botschafter in Wien, Daniel Glunčić, bezeichnete gegenüber der APA die Reisewarnung für Kroatien als "Blitzentscheidung", die Kroatien sowie die zurückkehrenden Urlauber vor eine enorme Herausforderung gestellt habe. Eine partielle Reisewarnung wäre leichter zu meistern gewesen, so Glunčić. Die Schnelligkeit der Entscheidung habe alle schockiert. Nicht einmal innerhalb von 24 Stunden sei diese gefallen. Seitdem hätten sie intensive Gespräche mit den österreichischen Kollegen gestartet, insbesondere mit dem Gesundheitsministerium, welches großes Verständnis gezeigt habe. "Wir hoffen wirklich, dass diese Entscheidung nochmal überdacht wird zu gegebenem Zeitpunkt und dass man doch auf eine partielle Reisewarnung eingeht, das hoffen wir sehr", betonte Glunčić. Die partielle Reisewarnung sieht er auch auf europäischer Ebene als Lösungsansatz für etwaige Probleme im Herbst.

Der Chef des Instituts für öffentliche Gesundheit, Krunoslav Capak, übte ebenfalls nur indirekt Kritik, indem er am Montag daran erinnerte, dass Kroatien zu Beginn der Pandemie den Großteil von Infektionen aus italienischen und österreichischen Skigebieten importiert habe. "Der Sommer geht zu Ende, die Skisaison kommt wieder und damit auch epidemiologische Maßnahmen des kroatischen Instituts", sagte er laut N1.

Trotz der Reisebeschränkungen für Kroatien-Urlauber, die zuletzt Österreich und Italien verhängten und auch Slowenien überlegt, macht sich der kroatische Innenminister aber keine Sorgen über die Fortsetzung der Tourismussaison. "Es gibt derzeit 760.000 Touristen in Kroatien. Innerhalb von einem Tag kamen Zehntausende EU-Bürger nach Kroatien," betonte er laut Medien am Sonntagabend.

Auf der anderen Seite berichten Medien, dass etwa in Dalmatien die Abreise von österreichischen Touristen zu spüren sei und Reservierungen storniert würden. Der Leiter des regionalen Tourismusverbands der Gespanschaft Split-Dalmatien, Josko Stella, bestätigte gegenüber N1, dass einige Hotels auf der Insel Brac, die traditionell stark von Österreichern besucht wird, nach der österreichischen Reisewarnung ihre Schließung angekündigt haben.

In Kroatien liegt die aktuelle Reproduktionszahl derzeit bei 1,84. Am Montag gab der nationale Krisenstab bekannt, dass in den letzten 24 Stunden 85 Neuinfektionen registriert wurden, allerdings wurden in dieser Periode nur 990 Tests gemacht, hieß es. Am Sonntag waren 151 Neuinfektionen registriert worden.

Unterdessen denken andere Länder angesichts steigender Infektionszahlen über strengere Maßnahmen nach oder setzten diese um. So führt Tschechien ab 1. September die landesweite Maskenpflicht nur zwei Monate nach ihrer Aufhebung wieder ein. Demnach muss in den Innenräumen von Geschäften und Behörden sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden. Hintergrund seien das Ende der Sommerferien und der Beginn des neuen Schuljahres, sagte Gesundheitsminister Adam Vojtech.

Eigentlich hatte die Regierung in Prag eine regional gestaffelte sogenannte "Corona-Ampel" eingeführt, um auf landesweite Restriktionen verzichten zu können. Nun überschritt die Zahl der seit Pandemiebeginn gemeldeten Corona-Infektionen in Tschechien die 20.000er-Marke. Darunter sind 5.816 aktive Fälle, 13.799 Menschen gelten als geheilt. Mit einer Covid-19-Erkrankung werden 397 Todesfälle in Verbindung gebracht.

Italien beschloss unterdessen angesichts steigender Zahlen die Schließung aller Discos bis mindestens 7. September. Das Land schloss auch nicht aus, beschränkte Sperrzonen einzuführen, sollten die Infektionszahlen weiterhin steigen. "Wenn der Trend so weitergeht, wird es bald über tausend Neuinfizierte pro Tag geben. Werden gewisse Grenzen überschritten, wird es zu beschränkten Sperrzonen kommen", so Agostino Miozzo, Koordinator des wissenschaftlichen Komitees (CTS), das die Regierung in Sachen Coronavirus berät.

Die Sperrzonen könnten sich auf eine bestimmte Gemeinde oder auf ein Stadtviertel beschränken. "Ich bin ziemlich besorgt. In ein paar Wochen werden wir die Auswirkungen dieser Sommerwochen sehen", sagte Miozzo.

ribbon Zusammenfassung
  • Viele Reisende wollten daher noch vor Mitternacht über die Grenze, Staus waren die Folge.
  • Kroatien versucht indes angesichts steigender Infektionszahlen im Land zu beruhigen.
  • Mit einer "partiellen Reisewarnung" könne Österreich die spezifische epidemiologische Lage in den einzelnen der insgesamt 21 kroatischen Regionen berücksichtigen.
  • Italien beschloss unterdessen angesichts steigender Zahlen die Schließung aller Discos bis mindestens 7. September.

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