Raub nur vorgetäuscht: Vater nach Tod von Leon (6) unter Mordverdacht

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Der Vater des sechsjährigen Buben, der im August tot in der Kitzbüheler Ache in St. Johann in Tirol gefunden worden war, wurde wegen dringenden Mordverdachts festgenommen.

In Fall eines sechsjährigen Buben, der Ende August vergangenen Jahres tot in der Kitzbüheler Ache in St. Johann in Tirol aufgefunden worden war, gibt es eine überraschende Wende: Der 38-jährige Vater des Kindes wurde Montagfrüh wegen dringenden Mordverdachts festgenommen, teilte die Staatsanwaltschaft Innsbruck mit und bestätigte Online-Medienberichte der "Tiroler Tageszeitung" sowie der Tirol-Ausgabe der "Kronen Zeitung". Bis dato war man davon ausgegangen, dass vor dem Ertrinken des Buben ein Raubüberfall auf den Vater verübt worden war. Der Verdächtige bestritt die Tat.

Verdacht: Vater täuschte Raub vor

Eine Entscheidung, ob der 38-Jährige in Untersuchungshaft genommen wird, stand vorerst aus. Das Landesgericht werde Donnerstagvormittag entscheiden, ob eine solche verhängt wird, sagte Staatsanwaltschaftssprecher Hansjörg Mayr zur APA. Es bestehe der dringende Verdacht, dass der Mann einen Raub vorgetäuscht hatte. Das bisher angenommene Tatgeschehen lautete, dass der Vater des geistig beeinträchtigten Kindes zuvor auf einer Promenade neben der Ache von einem Unbekannten mit einer Flasche bewusstlos geschlagen worden war. Danach soll der Sechsjährige selbstständig aus dem Kinderwagen gestiegen, in die Ache gestürzt und dort ertrunken sein. Dieser Raub soll aber gar nicht stattgefunden haben und stattdessen der dringende Verdacht bestehen, dass Vater für den Tod des Buben verantwortlich ist.

Ins Visier der Ermittler kam der Vater offenbar vor allem deshalb, weil er die Flasche, mit der er angeblich niedergeschlagen wurde, selbst im Kinderwagen mitgeführt haben soll, erfuhr die APA. Dies war offensichtlich bereits auf einem Videobild erkennbar gewesen. Außerdem habe er sein Handy in einen Abfallkübel geworfen. Auch seien die Verletzungen nicht mit der Tat in Einklang zu bringen gewesen. Zudem sei laut Medienberichten der Schrittzähler am Handy nicht zeitgerecht inaktiv gewesen und habe der Mann den angeblichen Räuber erst bei der zweiten Einvernahme genauer beschreiben können.

Vater bleibt bei bisheriger Darstellung

Staatsanwaltschaftssprecher Hansjörg Mayr erklärte gegenüber der APA unter Verweis auf das laufende Ermittlungsverfahren, dass man Erkenntnisse, die letztlich zu der Festnahme führten, nicht näher kommentieren werde. Die Ermittlungsergebnisse hätten sich jedenfalls so dargestellt, dass der angebliche Raub nicht stattgefunden haben dürfte. Weitere Ermittlungsansätze in Richtung eines eventuell doch vorhandenen Räubers würden derzeit nicht mehr verfolgt.

Der 38-Jährige stellte in bisherigen Vernehmungen den Mordverdacht in Abrede und blieb bei seiner bisherigen Darstellung, hieß es seitens der Anklagebehörde. Sein Verteidiger konnte die Festnahme seines Mandanten indes nicht nachvollziehen. "Die Polizei wirft ihm scheinbar vor, er habe seinen Sohn von seiner Krankheit erlösen wollen. Mein Mandant ist schockiert über diesen Vorwurf und bestreitet ihn vehement", meinte der Anwalt zur "Tiroler Tageszeitung". Der 38-Jährige sei wegen einiger haltloser Indizien in das Visier der Ermittler geraten. So habe etwa ein Bericht des Bundeskriminalamtes ergeben, dass man keinesfalls feststellen könne, dass es sich bei der angeblichen Flasche in dem Kinderwagen tatsächlich um eine derartige handle.

Suche nach Unbekannten

Keiner der vorgebrachten Haftgründe würde auch nur ansatzweise zutreffen, so der Verteidiger. Weder Fluchtgefahr, Tatbegehungsgefahr noch Verdunkelungsgefahr seien in dem Fall gegeben, sah der Anwalt keine Rechtfertigung für die Verhängung der Untersuchungshaft.

Der Fall hatte im vergangenen Jahr wochenlang für Schlagzeilen gesorgt. Fieberhaft wurde nach dem mutmaßlichen Räuber gesucht, eine konkrete, heiße Spur gab es aber offenbar nie. Bisher war man jedenfalls von einem diametral entgegengesetzten Tatgeschehen ausgegangen: Der Vater soll mit seinem in einem Kinderwagen befindlichen Buben am 28. August, einem Sonntag, um 4.00 Uhr auf der Promenade in der Marktgemeinde im Bezirk Kitzbühel neben der Ache spazieren gegangen sein. Dass der Mann um diese Zeit mit dem Buben unterwegs war, sei ein "ganz übliches Verhalten" und nichts Ungewöhnliches gewesen, hatte es seitens des Landeskriminalamtes geheißen. Der Mann habe angegeben, dass er dies öfter gemacht habe, um sein geistig beeinträchtigtes Kind zu beruhigen.

Plötzlich soll sich der angebliche Täter dem Vater laut dessen Schilderungen im Bereich des Hauptschulsteges von hinten angenähert und ihm einen gezielten und wuchtigen Schlag mit einer Flasche auf den Hinterkopf versetzt haben. Der Einheimische blieb bewusstlos liegen. Handy und die Geldtasche wurden schließlich in unmittelbarer Nähe des Tatortes gefunden.

Eltern boten Belohnung

Schließlich soll der Sechsjährige selbstständig aus dem Kinderwagen geklettert und in die Ache gestürzt sein, so die ursprüngliche Version. Das Kind sei abgetrieben und schließlich rund 600 Meter flussabwärts tot geborgen worden. Letztlich wurde der Vater von einem Passanten bewusstlos aufgefunden.

Später erinnerte sich der Mann daran, eine Stunde vor dem Überfall einen Unbekannten gesehen zu haben. Die Eltern suchten nach möglichen Zeugen. Für entscheidende Hinweise boten die beiden eine Belohnung in Höhe von 30.000 Euro.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Vater des sechsjährigen Buben, der im August tot in der Kitzbüheler Ache in St. Johann in Tirol gefunden worden war, wurde wegen dringenden Mordverdachts festgenommen.

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