APA/APA/HERBERT NEUBAUER/HERBERT NEUBAUER

Schuldig wegen Erpressung

Mutmaßliche Vergewaltigung: 16-Jähriger freigesprochen

07. Juli 2025 · Lesedauer 5 min

Ein 16-Jähriger, der ein erst 12 Jahre altes Mädchen erpresst und vergewaltigt haben soll, wurde am Wiener Landesgericht vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen.

Gegen einen 16-Jährigen ist am Dienstag am Wiener Landesgericht verhandelt worden, weil er zwischen September und November 2024 einem zwölfjährigen Mädchen wiederholt Geld abgepresst und die Betroffene schließlich missbraucht und mutmaßlich vergewaltigt haben soll. 

Die beiden besuchten dieselbe Schule. Im Kern der Anklage - die mutmaßliche Vergewaltigung - wurde der 16-Jährige freigesprochen. 

6 Monate bedingt

Für schuldig befunden wurde er nur wegen Erpressung in Verbindung mit gefährlicher Drohung. Dafür erhielt er sechs Monate bedingt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. 

Eine dreijährige Probezeit, Bewährungshilfe und eine Psychotherapie wurden angeordnet. Der Strafrahmen beträgt 30 Monate - als mildernd wurden die Unbescholtenheit des Angeklagten und der Umstand, dass es bei einem Erpressungsversuch geblieben war, gewertet.

Video: Freispruch im Prozess um Vergewaltigung einer weiteren 12-Jährigen

Freispruch von anderen Vorwürfen

Für das Urteil hatten sich die Mitglieder des Schöffensenats fast eine Stunde Zeit gelassen. Man habe die Aussage des Opfers genau analysiert. Manches sei schwer nachzuvollziehen und nicht in Einklang mit den Aussagen einer Zeugin und des Angeklagten zu bringen gewesen, führte die vorsitzende Richterin in der Urteilsbegründung aus. 

Insgesamt hätte es zu viele Widersprüche gegeben, weshalb der Angeklagte vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen wurde. Große Teile des Prozesses - darunter die Befragung einer Zeugin und das Vorspielen eines Videos - fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Ebenfalls nicht geklärt werden konnte die Herkunft der Verletzungen der Zwölfjährigen. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, dass er das Mädchen geschlagen und schwer verletzt habe. Das Opfer erlitt ein Knalltrauma, was laut einem ärztlichen Gutachten eine dauerhafte Verminderung der Hörleistung ihres linken Ohres um zehn Prozent zur Folge hatte. Auch hier gab es einen Freispruch für den 16-Jährigen.

Staatsanwaltschaft sah "Terrorisieren eines Kindes"

Die Staatsanwältin sprach in ihrem Eröffnungsplädoyer vor dem Schöffensenat vom "Terrorisieren eines Kindes". Angefangen habe es mit "Schulhofbullying", der Angeklagte habe erst kleine Geldbeträge von der zwölfjährigen Schülerin gefordert und die Schulden auch zurückgegeben. 

Doch das habe sich zu "wirklich schweren Verbrechen" gesteigert: Der mittlerweile 16-Jährige habe mehr Geld gefordert, dem Opfer Gewalt angedroht und das Mädchen auch tätlich angegriffen und schwer verletzt.

Zu dem sexuellen Übergriff soll es gekommen sein, indem der Bursche das an einer Bushaltestelle wartende Mädchen packte und auf eine Toilettenanlage zerrte

Dort soll der damals 15-Jährige das Mädchen dann mit Gewalt zur Vornahme sexueller Handlungen gezwungen haben. Unter der Vorgabe, er habe die Szene gefilmt, soll er wenig später versucht haben, die Schülerin neuerlich zur Duldung geschlechtlicher Handlungen bzw. zur Zahlung von 100 Euro zu bringen. Die Unmündige vertraute sich allerdings ihrer Mutter an, die in weiterer Folge die Sache zur Anzeige brachte.

Angeklagter großteils nicht geständig

Die Verteidigung zeichnete ein anderes Bild. "Mein Mandant ist sicher kein Guter", sagte die Verteidigerin des Burschen. Er bekenne sich zur Erpressung schuldig, beim Schadensbetrag sei man sich aber uneinig. 

Die Vergewaltigung - die ob des jungen Alters der Betroffenen gleichzeitig auch als sexueller Missbrauch von Unmündigen inkriminiert ist - bestritt der Angeklagte. Die Verteidigerin betonte, die Betroffene sei sich nicht sicher, ob sich die mutmaßlichen sexuellen Handlungen an einem Sonntag oder Montag zugetragen haben sollen.

"Sie hat mich halt geliebt"

Bei der Befragung des Angeklagten durch die vorsitzende Richterin verwickelte sich der schmächtige 16-Jährige immer wieder in Widersprüchlichkeiten. Erst gab er an, per Snapchat insgesamt 20 Euro von dem Opfer gefordert zu haben, später waren es 40 Euro - die er immer wieder zurückgegeben haben will. 

Danach sprach er davon, das Mädchen mit einem Video erpresst zu haben, das sie beim Vape-Rauchen zeigen soll. Das Video habe das Opfer selbst auf Tiktok gepostet. Erst viel später sprach der Jugendliche von einem zweiten Video, das ihm "Freunde geschickt" haben sollen. Auch das Video zeige die Zwölfjährige beim Rauchen.

Nach ein paar Wochen will der Angeklagte das Opfer auf Snapchat blockiert haben. Sie soll ihm angeboten haben, ihm Geld zu geben, wenn er andere Schüler schlage - dieses "Geschäft" sei die Zwölfjährige bereits mit anderen eingegangen. 

Der Jugendliche lehnte das ab. In einer Nachricht soll das Mädchen ihn zudem gefragt haben, ob die beiden ein Paar sein wollen, "ich finde dich sehr schön", soll sie ihm geschrieben haben. Er habe die Nachricht "auf gelesen gelassen", aber nicht geantwortet. 

Wenige Tage später hätte er das Mädchen auf Drängen seiner Freundin blockiert. Danach hätte das Opfer ihm noch einmal von sich aus Geld angeboten. Auf die Frage, warum sie das nach dem Blockiertwerden machen sollte, antwortete er: "Keine Ahnung. Sie hat mich halt geliebt."

Oma habe angeblich Snapchat gelöscht

Einige Wochen später habe laut dem 16-Jährigen dann die Erpressung mit dem Video stattgefunden. Die Beweislage spreche gegen den Angeklagten, sagte die Richterin, nachdem sie Screenshots von Snapchat-Unterhaltungen zwischen Angeklagtem und Opfer im Prozess zeigte. 

In diesen war von sexuellen Handlungen die Rede und von Geld, das das Opfer zahlen sollte, damit ein Video gelöscht wird. Das sei nicht sein Account, behauptete der Jugendliche. Die Vorsitzende wies ihn darauf hin, dass die Screenshots von einem Sachverständigen auf seinem Handy gefunden wurden. 

Auf die Frage, warum die App Snapchat gelöscht worden sei, bevor sein Handy untersucht wurde, sagte der 16-Jährige: "Keine Ahnung, vielleicht hat meine Oma es gelöscht".

Zusammenfassung
  • Ein 16-Jähriger wurde am Dienstag am Wiener Landesgericht vom Vorwurf der mutmaßlichen Vergewaltigung einer zwölfjährigen Mitschülerin freigesprochen.
  • Schuldig gesprochen wurde er wegen Erpressung und gefährlicher Drohung, wofür er eine bedingte Strafe von sechs Monaten erhielt.
  • Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und betrifft Vorfälle aus dem Zeitraum September bis November 2024.