"War in Angst"
Messerattacke am Donaukanal: Haftstrafe und Einweisung
Für eine Messerattacke vor einem Lokal am Donaukanal in Wien-Alsergrund in den frühen Morgenstunden des 13. April hat am Dienstag eine 20-Jährige wegen absichtlich schwerer Körperverletzung eine Zusatzstrafe von vier Jahren und neun Monaten erhalten.
Die Geschworenen verneinten einstimmig den angeklagten Mordversuch. Zusätzlich wird die Frau in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Insgesamt fünf Jahre Haft
Während die Angeklagte das Urteil annahm, gab die Staatsanwältin keine Erklärung ab. Da die Frau erst kürzlich von einem Bezirksgericht wegen Diebstahls drei Monate erhielt, wurde eine Zusatzstrafe verhängt.
Diese hatte sie bereits während der Untersuchungshaft abgesessen. Allerdings wurden weitere drei Monate aus einer bedingten Entlassung widerrufen, sodass die 20-Jährige nun insgesamt fünf Jahre absitzen muss.
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Die Wienerin hatte der Frau drei Mal in Schulter und Rücken gestochen. Das Opfer erlitt schwerste Verletzungen. Die Angeklagte bekannte sich teilweise schuldig.
Die 20-Jährige, die als junge Erwachsene nach dem Jugendstrafrecht angeklagt war, gab zu, dass es auf dem Treppelweg zu einem Streit mit der 27-Jährigen gekommen war. Die Beschuldigte sprach jedoch von Notwehr, da die Frau aggressiv auf sie losgegangen sei. Alle Beteiligten waren alkoholisiert.
Angeklagte: "Ich war in Angst"
Die 20-Jährige war in der besagten Nacht im April mit einer 24-jährigen Freundin unterwegs, sie tranken Wodka und die Jüngere konsumierte auch Kokain. Bei dem Lokal am Donaukanal trafen die beiden dann auf die 27-Jährige, die ebenfalls bereits die Nacht durchgemacht und ordentlich gezecht hatte. Die Frau stürzte beim Abgang zum Lokal und die 20-Jährige wollte ihr aufhelfen.
Warum auch immer, die 27-Jährige reagierte nicht gerade freundlich auf die Hilfe, beschimpfte und bespuckte die nun Angeklagte und ging auf sie los. Die 20-Jährige schubste die Frau zunächst weg, diese rappelte sich jedoch wieder auf und soll - nach Angaben der Beschuldigten - erneut auf sie losgegangen sein. "Ich war in Angst", sagte die Angeklagte dem Schwurgericht (Vorsitz: Andreas Hautz). Die 20-Jährige zog ein Klappmesser, das sie im BH mitführte, und stach drei Mal zu.
Die 27-Jährige erlitt eine Beschädigung des rechten Schulterblattes, eines größeren Muskels sowie einer Muskelarterie. Zudem wurde die Brusthöhle geöffnet, was zu einer Einblutung führte. Die Verletzungen waren laut Gerichtsmediziner Christoph Reisinger schwer und bis zur Einlieferung ins Krankenhaus "potenziell lebensbedrohlich".
"Unbehandelt hätte definitiv Lebensgefahr bestanden", sagte der Sachverständige. Erst nach einem zwölftägigen stationären Aufenthalt konnte die Patientin aus dem Spital entlassen werden und musste bis vor kurzem wegen der heftigen Verletzungen Schmerzmittel nehmen. "Es braucht schon einiges an Intensität, um das Schulterblatt zu durchstechen", sagte der Gerichtsmediziner. Die Freundin hielt die 20-Jährige davon ab, dass nicht mehr passiert.
Nach der Tat flüchteten die beiden Freundinnen. Das Messer entsorgten sie in einem Mistkübel. Danach gingen sie auf die Toilettenanlage einer U-Bahn-Station, um sich die blutigen Hände zu waschen. Erst am 6. Mai konnte die Frau aufgrund der Auswertung der Videoüberwachungen ausgeforscht werden.
Einweisung beantragt
Die Staatsanwaltschaft beantragte zusätzlich zu einer Verurteilung die Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum. Laut dem psychiatrischen Sachverständigen Peter Hofmann leidet die junge Frau an einer nachhaltigen, schwerwiegenden, kombinierten Persönlichkeitsstörung, die Einfluss auf die Tat hatte.
Zudem hat die 20-Jährige eine Borderline-Störung, die zu starken Selbstverletzungen geführt hatte. Sie sei bei dem Angriff zurechnungsfähig gewesen, jedoch gehe von ihr eine große Gefahr aus, in absehbarer Zeit Tathandlungen mit schweren Folgen zu setzen. Daher sei für Hofmann die Unterbringung nach Paragraf 21/2 erfüllt.
Das Opfer konnte sich an die Tat nicht mehr erinnern. Bei ihr wurden im Spital 1,82 Promille Alkohol im Blut festgestellt. "Warum bin ich an dem Abend überhaupt dort hingegangen", fragte sie sich in ihrer Zeugenaussage vor Gericht. Sie schloss sich dem Verfahren als Privatbeteiligte an und erhält von der Angeklagten 7.36,41 Euro Schmerzengeld.
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Zusammenfassung
- Eine 20-Jährige wurde nach einer Messerattacke am 13. April am Donaukanal in Wien zu vier Jahren und neun Monaten Haft sowie der Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum verurteilt.
- Das Opfer, eine 27-Jährige, erlitt drei Messerstiche in Schulter und Rücken, hatte 1,82 Promille Alkohol im Blut und musste zwölf Tage im Krankenhaus behandelt werden.
- Die Geschworenen verneinten einen Mordversuch einstimmig, verurteilten die Frau jedoch wegen absichtlich schwerer Körperverletzung; das Urteil ist nicht rechtskräftig.
- Die Angeklagte war zum Tatzeitpunkt alkoholisiert, konsumierte Kokain, und leidet laut Gutachten an einer schweren Persönlichkeitsstörung sowie Borderline-Störung.
- Das Opfer erhält von der Täterin 7.336,41 Euro Schmerzengeld; insgesamt muss die 20-Jährige nun fünf Jahre Haft verbüßen.