"Obere zehn Prozent" befeuern den Klimawandel massiv
Rund um die massiven globalen Unterschiede bei der Verursachung und der Betroffenheit von den Folgen des Klimawandels drehen sich auch die alljährlichen Debatten bei den Weltklimakonferenzen. Im Jahr 2019 etwa zeichneten die wohlhabendsten zehn Prozent der Weltbevölkerung für knapp die Hälfte der Emissionen verantwortlich, während die am wenigsten betuchten 50 Prozent nur ein Zehntel beisteuern, wie die Wissenschafterinnen und Wissenschafter um Erstautorin Sarah Schöngart vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg (NÖ) und von der ETH Zürich in ihrer Arbeit im Fachmagazin "Nature Climate Change" schreiben.
Das Gros der oberen zehn Prozent der Welt lebte im Untersuchungszeitraum in den USA, in der EU, in Indien und China. Gleichzeitig leiden viele Länder des globalen Südens stärker unter den Folgen der Temperaturerhöhung, die sie meist nur in geringem Maße mitverursacht haben. Forschende sprechen von einer "weithin bekannten Ursache-Wirkungs-Ungerechtigkeit". Das Forschungsteam hat nun eine Methode weiterentwickelt, mit der Beiträge zu den Treibhausgasemissionen von bestimmten Bevölkerungsgruppen auf das beobachtete Temperaturplus und die Erhöhung der Auftrittswahrscheinlichkeit von Extremwetterereignissen wie Dürren berechnet werden.
Neue Zahlen zu massiver Schieflage
Das Ergebnis: Von den rund 0,61 Grad Celsius, die die globale Durchschnittstemperatur im Jahr 2020 höher lag als noch im Jahr 1990, können 65 Prozent auf die einkommensstärksten zehn Prozent zurückgeführt werden. Das oberste eine Prozent alleine komme demnach auf einen Anteil von 20 Prozent und die Top-0,1-Prozent zeichnen für rund acht Prozent der Erwärmung verantwortlich, heißt es in der Publikation.
Hätten umgekehrt alle auf der Welt in etwa so viel emittiert wie die einkommensschwächere Hälfte der Welt, wäre die Temperatur seit 1990 nur marginal gestiegen. Lebten alle so emissionsintensiv wie die oberen zehn-, ein- und 0,1-Prozent, belaufe sich das Plus auf 2,9, 6,7 bzw. 12,2 Grad Celsius.
Autoren pochen auf Klimaschutz-Beiträge wohlhabender Menschen
In Bezug auf den Beitrag der reicheren Menschen zu extremen Hitze- und Dürreperioden zeigen die Wissenschafter, "dass alleine die wohlhabendsten zehn Prozent in den USA und China jeweils zu einer zwei- bis dreifachen Zunahme der Hitzeextreme in besonders gefährdeten Regionen" wie etwa am Amazonas oder im Mittelmeerraum führten, heißt es in einer IIASA-Aussendung. All das zeige, dass reiche Personen eine hohe Verantwortung in Bezug auf die Klimakrise treffe, deren Lebensweise und wirtschaftliches Verhalten aber auch ein starker Hebel zum Abbremsen der Auswirkungen ist.
Im Rahmen der Studie habe man gezeigt, "dass wohlhabende Treibhausgas-Emittenten eine große Rolle für das Auftreten von Klimaextremen spielen. Dies spricht stark für eine Klimapolitik, die auf die Reduzierung ihrer Emissionen abzielt", wird Erstautorin Schöngart zitiert. Der Leiter des IIASA-Klimaprogrammes, Carl-Friedrich Schleussner, warnt davor, dies als eine rein akademische Diskussion abzutun. Würde man die zentrale Rolle der wohlhabendsten Menschen in der Klimaschutzpolitik nicht berücksichtigen, laufe man Gefahr, "einen der wichtigsten Hebel für die Reduktion zukünftiger Gefahren" außer Acht zu lassen.
(S E R V I C E - https://dx.doi.org/10.1038/s41558-025-02325-x)
Zusammenfassung
- Von 1990 bis 2020 waren die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung für 65 Prozent der globalen Erwärmung verantwortlich.
- Das reichste ein Prozent trug alleine 20 Prozent zum Temperaturanstieg bei, während die ärmsten 50 Prozent nur ein Zehntel der Emissionen verursachten.
- Wissenschaftler fordern eine gezielte Klimapolitik, die die Emissionen der wohlhabendsten Menschen reduziert, um die Auswirkungen der Klimakrise zu bremsen.