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Ab 6. Oktober

Nobelpreis-Verkündung: Das sind die Favoriten

Heute, 06:39 · Lesedauer 4 min

Wenn am 6. Oktober die Nobelpreiswoche mit der Vergabe des Medizin-Preises beginnt, fiebern in der Welt der Wissenschaft traditionell viele mit: Vorherzusehen, auf wen die Wahl fällt, ist traditionell ebenso schwierig.

Der Datenkonzern Clarivate versucht sich auch heuer in der Übung, indem er aus dem Kreis der meistzitierten Wissenschafter die "Citation Laureates 2024" - also quasi die "Zitations-Kaiser" - gekürt hat. Mit dem Ansatz lag man dann und wann bereits richtig.

Das Unternehmen stuft mit seiner Methodik heuer vier Forscherinnen und 18 Forscher als Favoriten für die wissenschaftlichen Nobelpreise ein. Wer diese heuer tatsächlich erhält, wird übernächste Woche bekannt gegeben: Den Auftakt macht eben die Medizin, gefolgt von Physik (7.10.), Chemie (8.10.) und den Wirtschaftswissenschaften (13.10.).

83 Treffer seit 2002

Ausgangspunkt für die alljährliche Kür des Institute for Scientific Information (ISI) von Clarivate sind die Publikations- und Zitationsdaten wissenschaftlicher Arbeiten von einflussreichen Forschern in jenen Forschungsbereichen, in denen Nobelpreise vergeben werden.

Von den rund 64 Millionen seit 1970 im "Web of Science" erfassten wissenschaftlichen Artikeln wurden nur weniger als 0,02 Prozent mehr als 2.000 Mal zitiert. Ihre Urheber, die "Citation Laureates", seien einflussreiche Forscher, "deren Beiträge mit denen von Nobelpreisträgern vergleichbar sind", heißt es seitens Clarivate.

Seit Beginn des Programmes im Jahr 2002 wurden über 450 "Citation Laureates" vor den Vorhang geholt. Von ihnen haben 83 tatsächlich den Nobelpreis erhalten - viele davon aber auch erst Jahre nach der Nennung durch das Datenunternehmen.

USA dominieren wieder, erster Nominierter aus China

Zehn der 22 diesjährigen Favoriten sind in den USA tätig, drei in Frankreich, jeweils zwei arbeiten in Deutschland, Japan und der Schweiz. Die restlichen Favoritinnen und Favoriten haben ihre aktuelle Arbeitsstätte in Kanada, den Niederlanden und in China. Letztere Nominierung - Tao Zhang von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften im Bereich "Chemie" - sei die erste für einen Wissenschafter aus der Volksrepublik China.

Österreicher bzw. in Österreich tätige Forscher finden sich heuer keine in der kurzen Liste. In den vergangenen Jahren wurden u.a. die beiden österreichischen Physiker Anton Zeilinger und Ferenc Krausz seitens Clarivate genannt. Sie erhielten 2022 (Zeilinger) bzw. 2023 (Krausz) tatsächlich den Physik-Nobelpreis.

Die 22 Kandidatinnen und Kandidaten

Medizin:

Im Bereich "Medizin" billigt man sechs Forscherinnen und Forschern die größten Chancen zu: Für ihre Beiträge zum Verständnis des cGAS-STING-Signalweges, der eine wichtige Basis für die angeborene Immunabwehr darstellt, werden die in Lausanne (Schweiz) tätige, aus Deutschland stammende Medizinerin Andrea Ablasser zusammen mit Glen N. Barber (Ohio State University/USA) und Zhijian "James" Chen (University of Texas/USA) angeführt.

Die Identifizierung von Leukämie-Stammzellen und ihrer Rolle beim Versagen von Behandlungen und bei Erkrankungsrückfällen rechnet man John E. Dick (University of Toronto/Kanada) hoch an. Die beiden Japaner Kenji Kangawa und Masayasu Kojima zählen für die Entdeckung des Hormons Ghrelin zu den heißeren Preisanwärtern.

Physik:

In der Physik könnten der Auswertung zufolge Ingrid Daubechies (Duke University/USA), Stéphane Mallat (Collège de France/Frankreich) und Yves Meyer (École Normale Supérieure Paris-Saclay/Frankreich) mit ihren etwa im Bereich der Bildverarbeitung wichtigen Erweiterungen der Wavelet-Theorie reüssieren.

Das könnte auch David P. DiVincenzo (Forschungszentrum Jülich, Uni Aachen/Deutschland) und Daniel Loss (Uni Basel/Schweiz) für ein nach ihnen benanntes, den Elektronenspin in Quantenpunkten nutzendes Quantencomputer-Modell widerfahren. Außerdem sehen die Experten Ewine F. van Dishoeck (University Leiden/Niederlande) für ihre Beiträge zur Erforschung interstellarer Molekülwolken in der engeren Ziehung.

Chemie:

Für ihre Beiträge zur Aufklärung der biochemischen Organisation der Zelle werden Clifford P. Brangwynne (Princeton University/USA), Anthony A. Hyman (Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik/Deutschland) und Michael K. Rosen (University of Texas/USA) als Chemie-Nobelpreis-Kandidaten gehandelt.

Das gilt auch für Jean-Marie Tarascon (Collège de France/Frankreich) und seine Beiträge zur Entwicklung von Energiespeichertechnologien. Chinas-Zitations-Kaiser-Debütant, Tao Zhang, könnte für seine "wegweisenden Beiträge zur Entwicklung der Einzelatomkatalyse" in den illustren Kreis der Chemiepreisträger aufsteigen.

Wirtschaft:

In den Wirtschaftswissenschaften dominieren erneut Experten aus US-Institutionen: David Autor (MIT) und Lawrence F. Katz (Harvard University) könnten für ihre Erkenntnisse zu Gehaltsunterschieden und Armut im Zusammenhang mit u.a. Bildungserfolg den Zuschlag erhalten.

Mit ihren gemeinsamen Arbeiten zum Themenkreis um Rassendiskriminierung, Unternehmensführung und -kultur in Arbeitsmärkten werden Marianne Bertrand (University of Chicago) und Sendhil Mullainathan (MIT) zum Favoritenkreis gezählt. Dort findet man auch Nicholas Bloom (Stanford University) und seine Analysen zum Einfluss von ökonomischer und politischer Unsicherheit auf den Arbeitsmarkt oder das Wirtschaftswachstum.

Video: Wofür hat Ferenc Krausz den Physik-Nobelpreis bekommen?

Zusammenfassung
  • Am 6. Oktober startet die Nobelpreiswoche mit der Vergabe des Medizin-Nobelpreises, gefolgt von Physik, Chemie und Wirtschaftswissenschaften.
  • Clarivate hat 22 Forscherinnen und Forscher als Favoriten für die Nobelpreise 2024 gekürt, basierend auf Zitationsdaten aus rund 64 Millionen wissenschaftlichen Artikeln.