Neuer europäischer Meeresspiegel-Vermesser gestartet
Experten erwarten sich durch die Fortsetzung der genauesten Messreihe wichtige Informationen zum sich beschleunigenden, klimawandelbedingten Anstieg des Meeres-Wasserspiegels. Ging dieser im Zeitraum zwischen 1993 bis 2003 im Schnitt rund zwei Millimeter pro Jahr hinauf, dokumentierten die Vorgänger von Sentinel-6B - aktuell ist dies der 2020 gestartete Sentinel-6A - einen jährlichen Anstieg von 4,2 Millimeter im Weltschnitt. Insgesamt beträgt das Plus seit 1999 immerhin 9,38 Zentimeter, hieß es im Vorfeld des Starts seitens der Europäischen Weltraumagentur (ESA).
Der nun an Bord einer SpaceX-Falcon-9-Rakete ins All beförderte "Sentinel" ist Teil von Europas Erdbeobachtungsprogramm "Copernicus", das die ESA für die EU-Kommission durchführt. Die Thermalisolation und den Navigationsempfänger der Sonde steuerte die Wiener Weltraumfirma Beyond Gravity bei. Mit letzterem lässt sich bis "auf wenige Zentimeter genau die Position des Satelliten im Weltall" bestimmen, wie das Unternehmen mitteilte. Das ist hier besonders wichtig, da die Radarmessungen auch kleinste Abweichungen der mittleren Meereshöhe erkennen sollen.
Auf die vor allem für viele tiefliegende Inselstaaten existenzbedrohende Entwicklung machen seit vielen Jahren Aktivisten und Politiker aufmerksam. Führe man sich vor Augen, dass weltweit rund 900 Millionen Menschen in vom Meeresspiegelanstieg besonders gefährdeten Gebieten leben, sei es extrem wichtig, die weltweit genaueste Messreihe nahtlos fortzusetzen, sagte der Generaldirektor der europäischen meteorologischen Satellitenagentur (EUMETSAT), Phil Evans, Ende der vergangenen Woche. Die Einrichtung übernimmt nach der frühen Phase im Erdumlauf den Betrieb des Satelliten.
Die Meeresspiegel-Vermesser helfen auch dabei, Meeresströmungen und Wellenhöhen zu dokumentieren. Das sei für die gesamte Ozeanographie wichtig, betonte Evans. Die Anwendungen, die auf den gelieferten Daten beruhen, seien weit gefächert: Sie fließen in Wettervorhersagen, in das Management von Küstenregionen, in die Schiffssicherheit oder ins Klimamonitoring ein. Dazu kommt auch die Messung der Spiegel und Ausdehnung von Seen weltweit. Mehr oder weniger die gesamte Erde wird alle zehn Tage abgedeckt.
(S E R V I C E - https://go.apa.at/xQXjQig4)
Zusammenfassung
- Europas neuer Erdbeobachtungssatellit Sentinel-6B ist am Montag erfolgreich von Kalifornien aus gestartet und setzt die seit den 1990er-Jahren laufende, weltweit genaueste Messreihe des Meeresspiegels fort.
- Die bisherigen Messungen zeigen einen beschleunigten Anstieg des globalen Meeresspiegels von derzeit 4,2 Millimeter pro Jahr, mit einem Gesamtanstieg von 9,38 Zentimetern seit 1999.
- Rund 900 Millionen Menschen leben laut Experten in besonders gefährdeten Küstenregionen, weshalb die fortlaufende, präzise Messung für Klimaforschung, Wettervorhersagen und Küstenmanagement von zentraler Bedeutung ist.
