APA/WOLFGANG JANNACH

Kärnten

Rekrut erschossen: 20-Jähriger wegen Mordes verurteilt

04. Juni 2025 · Lesedauer 5 min

Im vergangenen Oktober verletzte ein Grundwehrdiener einen Kollegen in der Türk-Kaserne in Spittal an der Drau durch einen Schuss tödlich. Am Mittwoch stand der 20-jährige Grundwehrdiener in Klagenfurt vor Gericht. Er wurde wegen Mordes zu 12 Jahren Haft verurteilt.

Der junge Mann wurde zu zwölf Jahren Haft verurteilt, das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Geschworenen hatten mit acht zu null Stimmen entschieden, dass es sich bei der Tat um einen Mord gehandelt hatte.

Richter Dietmar Wassertheurer, der dem Schwurgericht vorsaß, sagte, der Angeklagte habe sich wiederholt in Widersprüche verstrickt.

"Die Tat war zwar nicht vorsätzlich geplant. Aber es war ausschlaggebend, dass Sie - trotz wiederholter Belehrung - die Waffe auf Ihr Opfer gerichtet und den Abzug bewusst betätigt haben." Damit hätte der Angeklagte "billigend in Kauf genommen", dass sein Opfer getötet wird.

Sofort nach der Urteilsverkündung kam es zum Eklat: Zahlreichen Familienmitgliedern des Opfers mit türkischem Hintergrund war die Haftstrafe offensichtlich zu niedrig.

Sie forderten lauthals eine höhere Strafe. Auf dem Weg nach draußen ging auch ein Desinfektionsspender zu Bruch. Vor dem Gerichtsgebäude hatten die wenigen Polizeibeamten, die den Prozess überwacht hatten, sichtlich Mühe, der Stimmung Herr zu werden, auch unter den Angehörigen selbst kam es zu Reibereien.

Mehrere Polizeistreifen, auch Diensthundeführer, wurden zum Park vor dem Gerichtsgebäude beordert, wo sich die Lage dann relativ rasch beruhigte.

Schussabgabe im Wachlokal 

Zu der tödlichen Schussabgabe war es am Nachmittag des 22. Oktobers im Wachlokal der Kaserne gekommen, in dem der 20-jährige Angeklagte seit dem Morgen Dienst versah. 

Nachdem der später Getötete eingetreten war, kam es nach etwa zwei Minuten zu dem Schuss. Laut Anklage hatte der 20-Jährige seine Pistole aus dem Holster genommen, diese auf den 21-Jährigen gerichtet und abgedrückt.

Das Projektil durchdrang die Brust des 21-Jährigen und trat am Rücken wieder aus. Trotz rascher notärztlicher Hilfe starb er an Verbluten infolge des Lungendurchschusses im Schockraum des Klinikums Klagenfurt.

Der Angeklagte hatte nach seiner Festnahme die Schussabgabe zugegeben, jedoch erklärt, dazu sei es unabsichtlich gekommen. Das sei aber nicht nachvollziehbar, hatte Staatsanwältin Doris Wieser auf die wechselnden Angaben des Angeklagten verwiesen: Erst habe er gesagt, der Waffengurt sei ihm heruntergefallen, dabei habe sich ein Schuss gelöst.

Später gab er an, er sei beim Eintreten des späteren Opfers "erschrocken" und ihm sei die Waffe auf dem Holster gefallen - dazu wurde auf ein Video verwiesen, demzufolge der später Getötete schon zwei Minuten im Wachlokal war, bevor der Schuss fiel.

Verteidigung: "Tragisches Unglück"

Von einem "tragischen Unglück" sprach der Verteidiger des Angeklagten, Kurt Jelinek. Der Angeklagte und das Opfer hätten einander gekannt und auch verstanden, es gebe keinen Grund, warum sein Mandant dessen Kollegen töten hätte sollen.

Der 20-Jährige hatte sich der grob fahrlässigen Tötung schuldig bekannt: "Er hat mit der Waffe eine Gefahrensituation geschaffen, was nicht passieren hätte sollen." Mehrmals bat der Verteidiger im Namen seines Mandanten die Familie des Getöteten, die auch im Gerichtssaal war, um Entschuldigung.

Der Angeklagte selbst sagte aus, dass er im Wachlokal herumgegangen sei und dabei mit der Pistole "herumgespielt" habe, indem er sie leicht aus dem Holster gezogen und wieder hineinfallen lassen habe. Schließlich habe er den Gurt abnehmen wollen, weil ihm schlecht geworden sei.

Plötzlich habe ihn der später Getötete angesprochen: "Ich habe nicht gemerkt, dass jemand da ist. Ich habe mich erschrocken, habe dabei gemerkt, dass etwas fällt. Dann habe ich nachgegriffen und einen Knall gehört."

Er habe aber erst nicht realisiert, dass das ein Schuss war. Wie genau dieses "Nachgreifen" abgelaufen war, konnte der Angeklagte auch auf mehrmalige Nachfrage von Richter Dietmar Wassertheurer, der dem Schwurgericht vorsaß, nicht sagen.

Waffe und Sicherungen funktionierten

Der waffentechnische Sachverständige, Manuel Fließ, kam bei seinen Untersuchungen zu dem Schluss, dass sowohl die Waffe als auch alle Sicherungen einwandfrei funktionierten.

Er hatte die Tatwaffe durchaus herausfordernd getestet, diese etwa fallen lassen oder mit einem Gummihammer bearbeitet: "In keinem Fall hat sich ein Schuss gelöst."

Auch das Holster, in dem die Waffe steckte, habe einwandfrei funktioniert: "Ich habe die Pistole mehrmals hineinfallen lassen oder auch ganz vorsichtig in das Holster gleiten lassen. Sie ist immer eingerastet, hat also nicht herausfallen können."

Staatsanwältin Wieser meinte in ihrem Plädoyer, man habe ein Opfer, wisse, warum dieses gestorben war, und habe auch den Täter: "Das einzige, was wir nicht haben, ist ein Motiv." Ob das nun ein Streit war, oder der Angeklagte mit der Waffe "herumgeblödelt" habe, wisse man nicht. Jedenfalls sah sie einen "bedingten Vorsatz" gegeben: "Jeder weiß, dass jemand sterben kann, wenn man den Abzug einer Waffe drückt."

Dem widersprach Jelinek: "Es war ein tragischer, schicksalhafter Unglücksfall", wiederholte der Anwalt. Im Zweifel sei die für den Angeklagten günstigere Variante zu wählen, appellierte er an die Geschworenen. Dass sein Mandant nicht mehr sagen könne, wie der genaue Ablauf war, spreche nicht automatisch gegen ihn. Er habe ein Fehlverhalten gesetzt, das er nicht mehr erklären könne - Mord sei es aber keiner gewesen.

Video: Toter Rekrut: Obduktionsergebnis erwartet

Zusammenfassung
  • Im vergangenen Oktober verletzte ein Grundwehrdiener einen Kollegen in der Türk-Kaserne in Spittal an der Drau durch einen Schuss tödlich.
  • Am Mittwoch stand der 20-jährige Grundwehrdiener in Klagenfurt vor Gericht. Er wurde wegen Mordes zu 12 Jahren Haft verurteilt.
  • Die Geschworenen hatten mit acht zu null Stimmen entschieden, dass es sich bei der Tat um einen Mord gehandelt hatte.
  • Richter Dietmar Wassertheurer, der dem Schwurgericht vorsaß, sagte, der Angeklagte habe sich wiederholt in Widersprüche verstrickt.
  • "Die Tat war zwar nicht vorsätzlich geplant. Aber es war ausschlaggebend, dass Sie - trotz wiederholter Belehrung - die Waffe auf Ihr Opfer gerichtet und den Abzug bewusst betätigt haben.