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ME/CFS-Versorgungslücken sorgen für Kosten in Milliardenhöhe

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Versorgungslücken bei Patientinnen und Patienten mit Chronischem Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) kosten Österreich pro Jahr mehr als 2,5 Milliarden Euro. Das haben Studierende der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) vor kurzem errechnet. Begründet wurden die Kosten unter anderem durch den mit der Krankheit verbundenen Verlust der Arbeitsfähigkeit, wie es am Dienstag in einer Aussendung hieß. ME/CFS kann durch bakterielle oder virale Infektionen ausgelöst werden.

Die österreichische Gesellschaft für ME/CFS hob vor diesem Hintergrund die allgemeine Situation von Betroffenen mit Myalgischer Enzephalomyelitis bzw. Chronischem Fatigue Syndrom hervor. Man hoffe, dass die Ergebnisse "Bewusstsein dafür schaffen können, was es auch gesellschaftlich bedeutet, dass Menschen mit einer derartig schweren Krankheit völlig ohne Versorgung dastehen", wurde Obmann Kevin Thonhofer in einem Statement zitiert.

Pro Patientin und Patient werden laut WU sozioökonomische Kosten von 47.000 Euro fällig - eine Zahl, die auch dem internationalen Vergleich standhalte, hieß es. "Internationale Studien zeigen, dass bis zu 75 Prozent der Betroffenen so schwer krank sind, dass sie nicht mehr arbeiten können. Der größte Teil der sozioökonomischen Kosten entsteht daher durch eine Reduktion oder den Verlust des Einkommens - auch von pflegenden Angehörigen," wurde durch die WU-Studierenden erläutert. Laut konservativen Schätzungen waren bereits vor Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 rund 27.000 Menschen in Österreich von ME/CFS betroffen. Damit entstanden bereits im Zeitraum vor der Corona-Krise jährliche sozioökonomische Kosten von knapp 1,3 Milliarden Euro, erklärten die Studierenden. Sie verwiesen auf Internationale Expertinnen und Experten, denen zufolge sich die Zahl der Betroffenen durch die Corona-Krise mindestens verdoppelt habe. Insgesamt erhebe sich so ein volkswirtschaftlicher Schaden von 2,57 Milliarden Euro.

Die Gesellschaft für ME/CFS kritisiert übte am Dienstag in diesem Zusammenhang Kritik. "Die fehlende Verfügbarkeit von Daten führt dazu, dass die Betroffenen unsichtbar werden und der politische Handlungswille sehr gering bleibt", hieß es. Kurzfristige Ansatzpunkte zur Senkung der hohen sozioökonomischen Kosten und zur Verbesserung der Lage der Betroffenen seien Aufklärungsmaßnahmen und Leitlinien, die rasch zum Kompetenzaufbau beitragen könnten.

Ein dahin gehender im April 2023 im Parlament einstimmig beschlossener Entschließungsantrag sei jedoch bis heute nicht umgesetzt worden. "Leider wurde trotz politischem Entschluss auch in der aktuellen Version der medizinischen Leitlinie ME/CFS erneut bewusst ausgeklammert. Das ist eine verpasste Chance und bei der aktuellen Dringlichkeit nicht nachvollziehbar", sagte Thonhofer. Die Betroffenenvertretung forderte in diesem Zusammenhang eine konkrete Ausgestaltung und Umsetzungen eines bereits vom Gesundheitsministerium angekündigten Referenzzentrums. Darüber hinaus wurde der Ruf nach entsprechenden Versorgungsmaßnahmen laut. "Dass Spezialambulanzen notwendig sind, ist ein gesundheitspolitischer Konsens. Die Umsetzung ist aber aktuell nicht in Sicht", sagt die stellvertretende Obfrau Astrid Hainzl dazu. Langfristig könne die Situation nur durch substanzielle Investitionen in die Forschung verbessert werden. Die aktuelle Situation dürfe jedenfalls nicht nur aufgrund des massiven Leids von Betroffenen, sondern auch aufgrund des großen volkswirtschaftlichen Schadens, zu einem Dauerzustand werden, appellierte die Gesellschaft für ME/CFS.

ribbon Zusammenfassung
  • Versorgungslücken bei ME/CFS führen in Österreich zu jährlichen Kosten von über 2,5 Milliarden Euro, errechnet von der Wirtschaftsuniversität Wien.
  • Pro ME/CFS-Patient entstehen sozioökonomische Kosten von 47.000 Euro, bedingt vor allem durch Arbeitsunfähigkeit und Einkommensverlust.
  • Kritik an politischer Untätigkeit: Ein Entschließungsantrag zur Verbesserung der ME/CFS-Versorgung wurde bisher nicht umgesetzt.