Laborfleisch drängt zunehmend auf die Teller
Bei Laborfleisch handelt es sich um tierisches Fleisch, das künstlich produziert wird. Zur Herstellung werden aus einem lebenden Tier Muskel- oder Fettzellen entnommen und dann in einem Nährmedium herangezüchtet - vergleichbar etwa mit der Herstellung von Joghurt, aber mit tierischen Zellen. Die Versprechen der Befürworter klingen auf den ersten Blick vielversprechend: Fleischgenuss ohne tierisches Leid, klimaschädlichen Emissionen und ohne Gesundheitsrisiken etwa durch den Einsatz von Antibiotika.
In der EU wurden bisher zwei Produkte zur Zulassung beantragt: Gourmey reichte kultiviertes Foie Gras bei den zuständigen Behörden ein, seit Anfang 2025 gibt es auch einen zweiten Anlauf vom niederländischen Start-up Mosa Meat, das einen Antrag auf Zulassung von kultiviertem Fett eingereicht hat. "Im allerbesten Fall dauert das gesamte Verfahren 18 Monate. Die Erfahrung mit anderen Zulassungsverfahren im Novel Food Prozess zeigt aber, dass so ein Verfahren auch drei Jahre oder länger dauern kann", sagte Ivo Rzegotta von der Denkfabrik Good Food Institute Europe.
Österreich gilt gemeinsam mit Italien und Frankreich als einer der vehementesten Gegner von Laborfleisch. "Wir stehen vor der wegweisenden Frage, ob wir uns künftig mit Kunstfleisch aus der Fabrik oder mit natürlichen, regionalen Lebensmitteln ernähren wollen", sagte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) der APA.
Neben fehlenden Studien über die Langzeitfolgen des Verzehrs von Laborfleisch fürchtet Totschnig vor allem Auswirkungen auf die heimische Versorgungssicherheit: Insgesamt gibt es in Österreich derzeit rund 98.000 meist kleine tierhaltende Betriebe mit einer durchschnittlichen Anzahl von 35 Rindern oder 138 Schweinen. Diese Strukturen könnten durch große multinationale Laborfleischmonopolisten zerstört werden. "Wir müssen verhindern, dass wir uns beim Essen in eine blinde Abhängigkeit einiger weniger internationaler Großkonzerne begeben", warnte Totschnig.
Das Good Food Institute Europe sieht dies entsprechend anders: "Pflanzenbasiertes und kultiviertes Fleisch und andere alternative Proteinquellen ermöglichen es den Menschen, an liebgewonnenen Speisen wie Fleisch und Milchprodukten festzuhalten, ohne zu den Problemen aus der konventionellen Tierhaltung beizutragen. Gleichzeitig birgt der Sektor enorme Chancen für zukunftsfeste Arbeitsplätze", argumentiert die Gruppe.
Bevölkerung einmal dafür, einmal dagegen
Wie die Bevölkerung zu Laborfleisch steht, ist schwer abzuschätzen. Zwar gibt es Umfragen, doch kommen die - je nach Auftraggeber - zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. 2024 gaben etwa bei einer Umfrage des Good Food Institute Europe 63 Prozent der befragten Menschen in Österreich an, für eine Zulassung von Laborfleisch zu sein, sofern es für sicher befunden wurde. In einer Umfrage des Landes Kärnten sprachen sich im selben Jahr wiederum gleich 82 Prozent für ein Verbot aus.
Ob Laborfleisch auf den heimischen Tellern landet, hängt aber letztlich ohnehin von der EU ab. "Nationale Verbote, wie sie von Italien und Ungarn angestrengt werden, widersprechen den Regelungen zum europäischen Binnenmarkt, und werden sich am Ende in manchen Fällen auch gar nicht durchsetzen lassen. Denn die Zulassung von neuartigen Lebensmitteln ist EU-weit harmonisiert und nationale Alleingänge sind EU-rechtlich nicht vorgesehen", sagte Rzegotta.
Kennzeichnung unabdingbar
Im Fall der Zulassung ist für Totschnig eine klare Kennzeichnungspflicht unabdingbar. "Konsumentinnen und Konsumenten müssen eindeutig erkennen, ob das Produkt aus dem Labor stammt oder es sich um natürliches Fleisch handelt", sagte der Landwirtschaftsminister. So wie nur "Milch" von gemolkenen Tieren tatsächlich "Milch" heißen darf, "so soll der Begriff Fleisch nur für natürlich gewachsenes Fleisch verwendet werden", so Totschnig.
Derzeit ist an eine Massenproduktion aber aus Finanzierungsgründen ohnehin nicht zu denken. Zwar kostet ein Burger nicht mehr 250.000 Dollar wie der erste seiner Art im Jahr 2013, die Produktionskosten liegen aber weiterhin deutlich über jenen der konventionellen Tierhaltung. Allerdings wird erwartet, dass mit weiteren technologischen Entwicklungen die Herstellungskosten in den kommenden Jahren auf bis zu rund fünf bis sechs Euro pro Kilo gedrückt werden können - und damit wäre Laborfleisch eine tatsächliche Konkurrenz zur konventionellen Produktion.
Zusammenfassung
- Österreich ist ein vehementer Gegner von Laborfleisch, während in der EU derzeit zwei Anträge auf Zulassung laufen, darunter einer von Gourmey für kultiviertes Foie Gras.
- Umfragen in Österreich zeigen ein gemischtes Bild: Während 63 % in einer Umfrage des Good Food Institute Europe für Laborfleisch sind, sprechen sich 82 % in einer Umfrage des Landes Kärnten für ein Verbot aus.
- Die Produktionskosten für Laborfleisch könnten in den kommenden Jahren auf fünf bis sechs Euro pro Kilo sinken, was es zu einer ernsthaften Konkurrenz für konventionelle Fleischproduktion machen könnte.