Kinder misshandelten Kinder in Vorarlberger Ferienheim
In dem Ferienheim wurden pro Turnus im Sommer 90 bis 100 Kinder zwischen sechs und 13 Jahren betreut. Ein nicht strafmündiges Brüderpaar soll dabei zwei jüngere Zimmerkameraden schwer misshandelt haben. Laut dem Zeitungsbericht wurde eines der Kinder etwa in einen Spind gesperrt, danach sprühten die Buben Deo hinein. Die beiden elf und zwölf Jahre alten Kinder sollen ihren Zimmerkollegen zudem ans Bett gefesselt und ausgepeitscht haben, auch sexuelle Übergriffe sollen stattgefunden haben. Eines der beiden Opfer musste in der Folge im Spital behandelt werden. Von den Vorgängen habe die Heimleitung erst am letzten Turnustag Kenntnis erlangt, hieß es.
Rechtsanwalt Stefan Denifl, er vertritt eines der Opfer, kritisierte laut dem Zeitungsbericht, dass die Beklagten nur lasch und zögerlich reagiert und sich zu wenig um die Opfer bemüht hätten. So soll es auch in späteren Turnussen Fälle von Übergriffen unter Kindern gegeben haben. Das Bezirksgericht erkannte schwere Defizite im Kinderschutz, so habe es für die Kinder keine Vertrauensperson gegeben, keinen anonymen Briefkasten und keine regelmäßigen Kontrollgänge durch das Heimpersonal. Dieses soll dort zudem erheblich Alkohol konsumiert haben, so die Kritik. Da bei dem Siebenjährigen Spät- und Dauerfolgen zu erwarten seien, wurde dem Ferienheim zudem eine Haftung für künftige Schäden auferlegt.
Institut für Sozialdienste und KiJa fordern verpflichtende Kinderschutzkonzepte
Beim Institut für Sozialdienste (ifs) hat man im Beratungsalltag öfters mit Übergriffen von Kindern auf Kinder zu tun, dieser Fall sei aber außergewöhnlich, so Jutta Lutz-Diem, Leiterin des ifs-Kinderschutzes. Gründe für übergriffiges Verhalten von Kindern seien sehr verschieden, zum konkreten Fall könne sie nichts sagen. Wie die Kinder- und Jugendanwaltschaft in einem kürzlich veröffentlichten Positionspapier fordert auch das ifs Verbesserungen: Im Kinderschutz gebe es für Ferienheime nach wie vor keine österreichweiten Standards. In Vorarlberg gebe es Empfehlungen, aber keine Verpflichtung, so Lutz-Diem. Sie hoffe, dass diese bald komme.
"Es sind im Grunde alle Vereine, die mit Kindern arbeiten, angehalten, sich mit der Thematik zu beschäftigen - auch aus Eigenschutz, sowohl für den Verein als auch für die Mitarbeitenden", betonte Lutz-Diem. Ein Kinderschutzkonzept sei ein wichtiges Tool, um für einen möglichen Anlassfall vorbereitet zu sein. So definiere eine Einrichtung in einem Kinderschutzkonzept ihre Haltung zu Gewalt und das Vorgehen bei einer Meldung. Aus der Praxis wisse man, dass solche Fälle oft eine hohe Dynamik entfalteten. "Kinderschutz ist Erwachsenensache", betonte die Expertin. Kinder müssten gestärkt werden, Ansprechpartner haben und über ihre Gefühle sprechen dürfen. "Gewalt muss bei einer Meldung sofort gestoppt werden. Man darf das nicht abtun als kindliches Spiel", so Lutz-Diem.
Zusammenfassung
- Institut für Sozialdienste und Kinder- und Jugendanwaltschaft fordern verpflichtende Kinderschutzkonzepte für Ferienheime, da in Vorarlberg bislang nur Empfehlungen, aber keine gesetzlichen Verpflichtungen bestehen.