Interpol alarmiert: Umweltkriminalität wächst
Umweltkriminalität ist laut dem Kriminalbeamten der weltweit drittgrößte kriminelle Sektor - nach Fälschungen und Drogenhandel. Bei der Bekämpfung sieht Braun im Interview mit der APA allerdings kaum Lichtblicke: "Es gibt hier so viele Schlupflöcher, weil jedes europäische Land anders mit Umweltkriminalität umgeht und seine Prioritäten dahingehend völlig anders lebt." So würden Produkte und Ressourcen nach Europa gelangen, die Terrorgruppen oder Kartelle in Entwicklungsländern illegal abbauen.
Zudem nimmt die Zahl der Problemfelder zu, etwa bei der Verschmutzungskriminalität. Als Beispiel nennt Braun das Abwracken von Schiffen, das sogenannte "ship breaking". "Dies sind quasi schwimmende Mülltonnen, wo jeden Tag Menschen beim Auseinandernehmen der Schiffe in Pakistan, Indien oder Bangladesch sterben. Und beim Herausnehmen von Metall werden Toxine ins Meer abgeleitet." Ermittlungen von "fuel-related crimes" seien beim Environmental Security Sub-Directorate von Interpol relativ neu. Dazu zählt beispielsweise Biodiesel-Betrug, "wo man immer noch mit Palmöl arbeitet", und an dem italienische Mafia-Organisationen wesentlich beteiligt sind.
Allerdings sieht Braun nicht nur die kriminellen Gangs verantwortlich. Durch Korruption in den häufig verarmten Entwicklungsländern und durch schwach ausgeprägte Kontrollen könnten auch legal operierende Firmen in Wirtschaftskriminalität abrutschen. Bei der Weiterverarbeitung von Quecksilber hätte Interpol "Firmen festgestellt, die das generierte Sulfat einfach mit Fake-Produkten ausgetauscht und extrahiertes Quecksilber durch zahlreiche Scheinfirmen wieder auf den globalen Markt gebracht, verkauft und sich zusätzlich bereichert haben."
Aktuelle EU-Richtlinien hält der Ermittler für nicht streng genug: "Administrative Strafen sind sehr limitiert und laden Verbrecher nur dazu ein, noch mehr zu machen. Das heißt, ich muss Regularien in abschreckender Weise mit entsprechenden Strafen umsetzen." Ein striktes Durchgreifen stünde gleichzeitig westlichen Konsumgesellschaften und dem wirtschaftlichen Wettbewerb der Industrienationen diametral entgegen. "Wir verstehen überhaupt nicht, dass wir selbst durch unseren Konsum diese Tendenzen ausgelöst haben."
Umweltkriminalität befeuert den Klimawandel
Umweltkriminalität hängt Braun zufolge gleichzeitig eng mit dem Klimawandel zusammen. Für Kartelle in Mexiko sei etwa Drogenhandel inzwischen weniger lukrativ geworden. Umso mehr sei aber Abholzung und damit die Vernichtung von CO2-Verarbeitern in deren Fokus gerückt. "Warum? Weil das Risiko, entdeckt zu werden, gering ist und die Profite sind enorm. Da stecken globale Konzepte dahinter, die im Warenaustausch krimineller Natur fungieren", so Braun. "Durch die Verpestung von ganzen Landstrichen, durch Quecksilber, Goldextraktion, auch durch das illegale Stehlen von Sand in Flüssen entstehen massive Schäden, die zum Verlust der Naturvielfalt führen; die dazu führen, dass die Erde sich erwärmt".
Interpol leistet operative Unterstützung für die Polizeikräfte vor Ort und einen Austausch gezielter operativer Informationen auf nationaler und internationaler Ebene. Das Environmental Crime Sub-Directorate wird dabei zu 98 Prozent von externen Geldgebern finanziert.
Zusammenfassung
- Umweltkriminalität ist laut Interpol der weltweit drittgrößte kriminelle Sektor nach Fälschungen und Drogenhandel.
- Unterschiedliche nationale Regelungen und schwache Kontrollen ermöglichen illegale Aktivitäten wie Abholzung, Schiffabwracken und Biodiesel-Betrug, wobei auch Terrorgruppen und Mafiaorganisationen profitieren.
- Interpol sieht die aktuellen EU-Richtlinien als zu wenig abschreckend und betont, dass Umweltkriminalität massiv zum Klimawandel beiträgt, während das zuständige Sub-Directorate zu 98 Prozent extern finanziert wird.