Hochdotierte ERC-Starting Grants an Forscher in Österreich

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Der Europäische Forschungsrat (ERC) vergibt an elf in Österreich tätige Forscher hochdotierte "Starting Grants". Insgesamt erhalten in dieser Antragsrunde 436 Wissenschafter in einer frühen Karrierephase diese mit jeweils bis zu 1,5 Mio. Euro (bei außerordentlichen Kosten bis zu 2,5 Mio. Euro) dotierte Förderung für fünfjährige Grundlagenforschungsprojekte, gab der ERC am Donnerstag bekannt.

Der Europäische Forschungsrat (ERC) vergibt an elf in Österreich tätige Forscher hochdotierte "Starting Grants". Insgesamt erhalten in dieser Antragsrunde 436 Wissenschafter in einer frühen Karrierephase diese mit jeweils bis zu 1,5 Mio. Euro (bei außerordentlichen Kosten bis zu 2,5 Mio. Euro) dotierte Förderung für fünfjährige Grundlagenforschungsprojekte, gab der ERC am Donnerstag bekannt.

In Summe schüttet der ERC 677 Mio. Euro in der aktuellen Vergaberunde aus. Die meisten "Starting Grants" gehen an Forscher in Deutschland (88), Großbritannien (62) und den Niederlanden (42).

An der Universität Wien arbeiten drei Preisträger, zwei davon aus dem Bereich Politikwissenschaften: Laurenz Ennser-Jedenastik widmet sich dem Phänomen der zunehmenden Zahl politischer Quereinsteiger. Anhand der Karriereverläufe von rund 10.000 europäischen Ministern seit 1945 will er in seinem ERC-Projekt untersuchen, wie sich politische Karrieren in Europa seit 1945 verändert haben und welche Konsequenzen das für Gesetzgebung und Wahlverhalten hat. Vor dem Hintergrund eines wachsenden Misstrauens gegenüber dem Wahlakt und demokratischen Institutionen in vielen Ländern widmet sich Carolina Plescia in ihrem Projekt der Frage, was Wählen für Bürger bedeutet. Sie hofft, dass ihre Ergebnisse als Grundlage zur (Neu-)Bewertung von Wahlen und Wahlsystemen dienen und ermöglichen, bisherigen Auslegungen von Wahlen durch Medien und Politiker kritisch zu hinterfragen.

Aus dem Bereich Evolutionsforschung kommt der dritte Preisträger der Uni Wien: Im Mittelpunkt des Projekts von Oleg Simakov steht die Evolution der Genome. Er möchte herausfinden, welche Arten der Mutationen in der DNA-Sequenz wirklich zu sichtbaren Innovationen während der Evolution geführt haben.

Zwei "Starting Grants" gehen an Forscher der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW): Der Teilchenphysiker Gianluca Inguglia vom Institut für Hochenergiephysik erforscht mit sogenannten "Leptonen" die elementaren Bausteine der Materie. Er will dazu Daten vom Belle-II-Detektor am japanischen Teilchenbeschleuniger Super-KEKB analysieren und hofft damit zur Lösung von Widersprüchen im Standardmodell der Teilchenphysik beizutragen. Der Historiker Ovidiu-Victor Olar vom Institut für die Erforschung der Habsburgermonarchie und des Balkanraumes widmet sein Projekt religiösen Reformen der Frühen Neuzeit in Ost- und Südosteuropa. In Fokus stehen dabei die Bestrebungen des russischen Patriarchen Nikon, der Mitte des 17. Jahrhunderts eine Neuordnung des Verhältnisses zwischen orthodoxer Kirche und weltlichen Herrschern anstrebte und damit Teile der Kirche gegen sich aufbrachte.

Ebenfalls zwei "Starting Grants" gehen an Forscher des Institute of Science and Technology (IST) Austria: Mit der Reibungselektrizität widmet sich Scott Waitukaitis einem scheinbar trivialen Thema, das jeder aus dem Alltag kennt, etwa die vom Plastikkamm angezogene Haare beim Kämmen. Doch der zugrunde liegende Mechanismus dieses Austauschs elektrischer Ladung zwischen Objekten während des Kontakts ist nach wie vor unverstanden. U.a. mit Hilfe von Rasterkraftmikroskop und Messung des Ladungsaustauschs will der Physiker zur Lösung des Rätsels beitragen. Julian Fischer will in seinem Projekt ein tieferes mathematisches Verständnis der Rolle des Zufalls in mehrskaligen Problemen in Physik und Mechanik gewinnen. Ein Beispiel dafür sind "zufällige Materialien". Diese verhalten sich im Großen wie ein homogenes Material, auf mikroskopischer Ebene sind sie aber heterogen und bilden ein komplexes zufälliges Muster.

Von der Universität Innsbruck erhält der Experimentalphysiker Philipp Schindler einen der ERC-Förderpreise. Er will in seinem Projekt die für künftige Quantencomputer vielversprechende Systemarchitektur mit gefangenen Ionen auf eine neue Stufe heben, und neben Ionen auch mehratomige Moleküle einsetzen. Derzeit ist es noch eine große Herausforderung, Quanteneffekte in komplexeren Teilchen wie Molekülen zu kontrollieren und zu beschreiben.

Clemens Plaschka vom Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien erhält einen "Starting Grant", um die komplexen und dynamischen Vorgänge zu untersuchen, die bei der Umsetzung von genetischer Information (Genexpression) ablaufen. Dabei müssen sogenannte "messenger RNA-Moleküle" produziert, verpackt und aus dem Zellkern in das Zellplasma transportiert werden. Das will er mit Kryo-Elektronenmikroskopie und high-end Massenspektrometrie analysieren.

An der Technischen Universität (TU) Graz will Birgitta Schultze-Bernhardt in ihrem ERC-Projekt die Wechselwirkung zwischen UV-Licht und Materie in noch wenig erforschten Spektralbereichen untersuchen. Mangels entsprechender Laser im höherenergetischen extremen UV-Bereich ist das aber nur über Umwege möglich. Nun will sie mit dem "Starting Grant" genau in diesen Bereich vordringen. Für ein ähnliches Projekt hat sie heuer bereits einen START-Preis erhalten.

Die Entwicklung neuartiger Big-Data-Algorithmen, deren Eingabedaten regelmäßig verändert werden, hat sich Sebastian Forster von der Universität Salzburg zum Ziel seines ERC-Projekts gesetzt. Ein bekanntes Beispiel für solch dynamische Algorithmen sind Navigationssysteme, die bei Staumeldungen die Route aktualisieren. Dieses Prinzip der Aktualisierung nach einer Veränderung will Forster nun in komplexeren Arten von Netzwerken untersuchen.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Europäische Forschungsrat (ERC) vergibt an elf in Österreich tätige Forscher hochdotierte "Starting Grants".
  • Insgesamt erhalten in dieser Antragsrunde 436 Wissenschafter in einer frühen Karrierephase diese mit jeweils bis zu 1,5 Mio. Euro dotierte Förderung für fünfjährige Grundlagenforschungsprojekte, gab der ERC am Donnerstag bekannt.
  • Nun will sie mit dem "Starting Grant" genau in diesen Bereich vordringen.

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