Fall Blatten
Gletscherabbruch: Wie groß die Gefahr in Österreich ist
Nach dem Gletscherabbruch in der südlichen Schweiz, bei dem ein ganzes Dorf verschüttet wurde, steigt die Angst, dass ähnliches auch im Tiroler Alpenland passieren könnte. Laut dem Geologen Thomas Figl sind derartige Vorkommnisse in Tirol aber nicht denkbar.
"Gletscherstürze, wie sie jüngst im Lötschental im Schweizer Kanton Wallis passiert sind, finden im Hochgebirge statt, also ab einer Höhe von deutlich über 2.000 Meter", erklärt Figl auf PULS 24-Anfrage.
In Tirol gäbe es in diesen Höhenlagen, im Vergleich zur Schweiz "keine dauerhaft besiedelten Gebiete". Es könnten laut Figl eher die alpine Infrastruktur wie Berghütten oder alpine Steige betroffen sein.
Problematik von Flutwellen
Ähnlich sieht es auch Gletscherforscherin Andrea Fischer. Siedlungen befinden sich in der Schweiz unmittelbar unter dem Gletscher, "das gibt es in dieser Form bei uns mit dieser Topografie nicht", erklärt sie der APA am Freitag.
Hierzulande seien vor allem Flutwellen, die in Folge der Bergstürze entstehen und die Talräume treffen könnten, historisch ein Thema - so wie es derzeit auch in Blatten droht.
Problematisch sei, dass heute die Siedlungsräume in der Nähe von Fließgewässern hierzulande stärker genutzt würden. Zuletzt haben im vergangenen Sommer Überflutungen aufgrund starker Regenfälle entlang der Donau für Tote und Sachschaden in Millionenhöhe gesorgt.
Scan nach Bedarf
Laut Figl gäbe es zwar derzeit keine Bereiche in Tirol, die besonders gefährdet wären, aber: "Je nach geologischer Einschätzung werden manche Gebiete in Tirol weniger häufig, also zum Beispiel nur einmal jährlich, manche intensiver beobachtet", erklärt der Geologe.
Zudem werden auch "anlassbezogen" Satellitendaten ausgewertet sowie in zeitlichen Abständen Laserscanning-Daten vom gesamten Land Tirol erstellt, welche Hinweise auf großräumige Bewegungen geben können.
"In den allermeisten Fällen kündigen sich Großereignisse wie etwa im Lötschental in der Schweiz vorab an, beispielsweise durch vermehrt auftretenden Steinschlag", erklärt Figl.
Bei derartigen Anzeichen werde in Tirol die Landesgeologie aktiv und gäbe eine geologische Einschätzung ab. "Allenfalls werden auch tiefergehende Untersuchungen veranlasst sowie – falls notwendig – weitere Vorkehrungen getroffen", erläutert der Geologe.
Zeichen von Klimawandel?
Fischer erinnert an die Groß-Ereignisse wie etwa den Felssturz am Tiroler Fluchthorn im Jahr 2023, bei dem etwa 1,5 Mio. Kubikmeter Masse abgingen.
2024 erfolgte der noch gewaltigere Felssturz am Piz Scerscen in der Schweizer Berninagruppe. 2017 hatte es bereits den Bergsturz von Bondo im Kanton Graubünden gegeben. Und nun eben jener von Blatten.
"Ein Gebirge ist viel komplizierter als das Klimasystem, wenn man es berechnen möchte. Aber die Häufung von keinem auf vier Ereignisse in wenigen Jahren ist für mich ein Zeichen, dass hier der Klimawandel mitspielt", so Fischer.
Zusammenfassung
- Ein massiver Gletschersturz in der Schweiz hat am Mittwoch das Bergdorf Blatton, Kanton Wallis unter riesigen Geröll- und Eismassen begraben.
- Ob eine solche Gefahr auch österreichische Dörfer besteht, erklären Expert:innen