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Forscher grenzen Ursprung der "Justinianischen Pest" ein

Heute, 07:05 · Lesedauer 3 min

Die "Justinianische Pest" gilt als erste große Pandemie der Geschichtsschreibung. Ab 541 wütete sie über 200 Jahre lang in Nordafrika, Vorderasien und Europa und trug vermutlich zum Ende des Römischen Reiches und der Antike bei. Nach ihren Ursprüngen und dem möglichen Verbreitungsweg in Richtung Mittelmeerraum und darüber hinaus suchten nun internationale Forschende unter Wiener Leitung. Woher die verheerenden Bakterien-Stämme einst kamen, lasse sich nun näher eingrenzen.

Als Auslöser der historischen Seuche identifizierten vor wenigen Jahren Wissenschafterinnen und Wissenschafter Pestbakterien (Yersinia pestis). Die Analyse von Erbgut aus menschlichen Überresten aus dieser Zeit offenbarte, dass damals unterschiedliche, aber nahe verwandte Erregerstämme ihr Unwesen trieben. Ausgehend von Ägypten raffte die Krankheit sehr viele Menschen dahin. Schätzungen reichen von 20 bis 50 Prozent der Bevölkerung des Römischen Reiches, die damals ihr Leben verloren - mit entsprechenden gesellschaftlich-wirtschaftlichen Folgen.

Für seine neue Analyse hat das Forschungsteam von Johannes Preiser-Kapeller vom Institut für Mittelalterforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) alle bekannten historischen Aufzeichnungen bis in den ostasiatischen Raum hinein auf der Suche nach Hinweisen auf den Pandemie-Ursprung durchforstet. Diese Informationen wurden von den Experten aus den USA, China und Europa mit archäologischen, klimageschichtlichen und genetischen Daten über jene Zeit verschnitten. Zusammengetragen hat man all das nun in einer Publikation im Fachmagazin "Human Ecology".

Der früheste Nachweis von Y. pestis stammt aus der zentralasiatischen Tian Shan-Region im heutigen Westchina. Das Erbgut des Erregers ist mit den Stämmen, die die erste Pandemie auslösten, aber nur relativ entfernt verwandt - der Träger verstarb überdies bereits rund 300 Jahre bevor die Seuche von Ägypten ihren Ausgang nahm. Demnach dürfte der Erreger in Zentralasien bereits eine Zeit lang kursiert sein - vielleicht in einer weniger ansteckenden oder gefährlichen Variante, wie Aufzeichnungen aus China über eine durch "üble Kerne unter der Haut" charakterisierte Krankheit nahelegen.

Ungünstige Gemengelage für großen Ausbruch

Klar ist, dass Menschen in jenen Jahrhunderten bereits durchaus mobil waren. Es gab Truppenbewegungen, Pilgerreisen, überregionalen Handel und Migration, schreiben die Autoren in ihrer Arbeit. Zudem zeigen die Klimadaten, dass damals sehr unbeständige Bedingungen herrschten: "Heute wissen wir, dass ein gewaltiger Vulkanausbruch - zusammen mit einer weiteren Eruption im Jahr 540 und einer Minderung der Sonnenaktivität - den Beginn einer deutlich kälteren und instabileren Klimaperiode markierte: der 'Spätantiken Kleinen Eiszeit'", wird Preiser-Kapeller zitiert. Diese Gemengelage mit unsicheren, sich ändernden klimatischen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Umständen erhöhte die Wahrscheinlichkeit, dass ein Erreger zuerst vom Tier auf Menschen überspringt und sich später überregional ausbreitet, heißt es in der Publikation.

Aufgrund der vielfältigen Analysen halten die Forschenden vor allem zwei Varianten für wahrscheinlich, wie der Pest-Auslöser nach Afrika und in den Mittelmeerraum kam: So könnten Erreger-Varianten über Handelsrouten aus Zentralasien nach Indien gelangt sein, von wo aus sie kurz vor dem Ausbruch in Ägypten vermutlich per Schiff nach Nordafrika "reisten". Eine zweite Theorie, die plausibel erscheint, ist, dass Y. pestis schon ein paar Jahrhunderte davor nach Ostafrika eingeschleppt wurde, dort länger kursierte, um sich folglich zu jenen gefährlicheren Erregerstämmen weiterzuentwickeln, die dann so viele Menschen das Leben kosteten. "Unsere Untersuchung zeigt, dass beide Wege aufgrund der historischen und ökologischen Bedingungen plausibel sind", so Preiser-Kapeller.

(S E R V I C E - https://doi.org/10.1007/s10745-025-00617-6)

Zusammenfassung
  • Die Justinianische Pest forderte ab 541 über 200 Jahre hinweg in Nordafrika, Vorderasien und Europa laut Schätzungen 20 bis 50 Prozent der Bevölkerung des Römischen Reiches.
  • Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften konnte durch genetische, historische und klimageschichtliche Analysen den Ursprung der Pestbakterien (Yersinia pestis) näher eingrenzen.
  • Die Forscher halten zwei Übertragungswege für plausibel: entweder gelangte der Erreger über Handelsrouten und Indien nach Nordafrika oder wurde bereits Jahrhunderte zuvor nach Ostafrika eingeschleppt und entwickelte sich dort weiter.