Expertin warnt

Strafen für unkooperative Eltern: Was zielführender wäre

Heute, 13:38 · Lesedauer 3 min

Eltern, die ein Gespräch mit Lehrpersonal verweigern, nachdem ihr Kind sich problematisch verhalten hat, droht künftig eine Strafe. Das Bildungsressort bereitet aktuell ein entsprechendes Gesetz vor. Bildungsexpertin Christiane Spiel hält das für den falschen Weg, Sanktionen würden Eltern treffen, die vom "Leben selbst überfordert" seien. Stattdessen sollte man schon viel früher ansetzen.

Fällt ein Kind in der Schule negativ auf, etwa weil es gewalttätig wurde, dann werden oftmals die Eltern herzitiert. Sollten diese nicht erscheinen, drohen denen künftig Strafen. 

Bis dieses tatsächlich gilt, wird es aber noch dauern, so Bildungsminister Christoph Wiederkehr am Dienstag im Ö1-"Morgenjournal". "Das heißt nicht in diesem und wahrscheinlich auch noch nicht im nächsten Schuljahr."

In Niederösterreich hingegen prescht man voran. Schon ab Herbst werden unkooperative Eltern von Kindergartenkindern bestraft. Bei Verstößen drohen bis zu 2.500 Euro.

"Mit ihrem Leben selbst überfordert"

Bildungsexpertin Christiane Spiel versteht zwar die Intention hinter den Sanktionen, hält sie aber für den falschen Weg, erzählt sie im PULS 24 Gespräch. Sie könne verstehen, "dass die Schulen mit den Eltern sprechen wollen". Doch in der Folge müsse man sich fragen, welche Erziehungsberechtigten davon besonders betroffen wären.

Im Allgemeinen seien vor allem Eltern betroffen, "denen es wahrscheinlich schlecht geht, die einen schwachen Bildungshintergrund haben, wahrscheinlich nicht Deutsch können und vielleicht – das bedenkt man oft zu wenig – mit ihrem Leben selbst überfordert sind und nicht zurande kommen".

Wenn sie nun hören würden, sie hätten die "Pflicht" in die Schule zu kommen, sonst drohe eine Strafe, sei es "relativ unwahrscheinlich", dass die Eltern dieser Aufforderung auch folgen würden. Denn das sei "keine positive Motivation".

Gespräch im Kindergarten suchen

Stattdessen sollte man schon früher ansetzen - allerdings nicht mit Sanktionen -, fordert Spiel. Bereits im Kindergarten bräuchte es den Austausch zwischen Eltern und Pädagog:innen, doch nicht erst, wenn etwas schiefläuft. 

Zielführender sei es zu fragen: "Was wünschen Sie sich eigentlich für Ihr Kind? Was wollen Sie, dass ihr Kind im Kindergarten, in der Schule lernt?"

Denn die Gründe, dass Eltern später in die Schule gerufen werden, seien oft Gewaltdelikte. "Ich glaube nicht, dass irgendeine Mutter, ein Vater sagen würde: 'Ich wünsche mir, dass mein Kind lernt, wie es in der Schule andere prügelt und eigentlich sachlich gar nichts lernt'", so die Bildungsexpertin.

Um auch jene Eltern zu einem Austausch zu bewegen, die vielleicht weniger kooperativ sind, brauche es neue Herangehensweisen. So könne man etwa über Religionsgemeinschaften oder andere Eltern versuchen, den Kontakt zu betroffenen Erziehungsberechtigten herzustellen.

Strafen als letzter Schritt

Wiederkehr betonte seinerseits, dass Sanktionen erst der letzte Schritt sein dürften, davor setze er auf Prävention und Aufklärung.

Doch: "Wenn ein Kind suspendiert wird wegen Gewalt in der Schule und die Eltern sich weigern, mit den Lehrpersonen zu reden, dann ist das inakzeptabel und dann muss das in letzter Konsequenz eine Sanktion auch im Sinne einer Verwaltungsstrafe geben können."

Wie oft solche Strafen nötig sein werden, kann man im Ministerium derzeit nicht abschätzen.

Zusammenfassung
  • Eltern, die ein Gespräch mit Lehrpersonal verweigern, nachdem ihr Kind sich problematisch verhalten hat, droht künftig eine Strafe.
  • Das Bildungsressort bereitet aktuell ein entsprechendes Gesetz vor.
  • Bildungsexpertin Christiane Spiel hält das für den falschen Weg, Sanktionen würden Eltern treffen, die vom "Leben selbst überfordert" seien.
  • Stattdessen sollte man schon viel früher ansetzen und im Kindergarten eine Gesprächsbasis mit Eltern schaffen.