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Ex-Spitalsmitarbeiterinnen kamen vor Gericht unter Druck

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Erklärungsbedarf hatten am Mittwoch am Wiener Arbeits- und Sozialgericht (ASG) 14 fristlos entlassene Mitarbeiterinnen der Klinik Hietzing, die diese Entscheidung nicht hinnehmen wollen und daher eine Klage auf Weiterbeschäftigung eingereicht haben. Die Stadt Wien hatte sich von den Hausarbeiterinnen und Abteilungshelferinnen getrennt, nachdem bekannt wurde, dass sie am 27. Februar 2021 bei der Pensionierungsfeier einer Kollegin gegen die Corona-Regeln verstoßen haben sollen.

Die Klägerinnen, die zum Teil jahrzehntelang in der Klinik beschäftigt waren, wurden im Zuge ihrer gerichtlichen Einvernahmen mit bisher medial nicht verbreitetem Fotomaterial konfrontiert. Auf den Bildern waren teilweise alle 14 an einem Tisch sitzende Frauen zu sehen - gut gelaunt, einige umarmen einander, prosten sich mit Sektgläsern zu und lachen in die Kamera - großteils ohne Masken zum Schutz vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu tragen oder den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand einzuhalten. Dabei hatten die meisten von ihnen eine schriftliche Verpflichtungserklärung unterschrieben, die ihnen auf dem gesamten Spitalsgelände das Tragen von FFP2-Masken vorschrieb, wie Dieter Kieslinger, der Rechtsvertreter der Stadt Wien, betonte. Außerdem hätten die Frauen auf einer onkologischen Station mit Krebspatienten gearbeitet und wären daher zu besonderer Vorsicht angehalten gewesen, meinte Kieslinger.

Sie habe auch Patientenzimmer betreten, dort aber immer Maske und Schutzkleidung getragen, gab eine 55-Jährige in ihrer Befragung zu Protokoll. Sie sei den Patienten "sicher nicht" zu nahe gekommen: "Ich habe den Boden aufgewischt, das Fensterbrett, das Waschbecken." Abgesehen davon habe es sich "nicht um wirkliche Patienten" gehandelt, sondern eine Palliativstation: "Das sind Personen, die Ruhe suchen, die sterben."

Die 55-Jährige und weitere ehemalige Kollegen sagten übereinstimmend aus, es habe sich bei der Feier um keine ausgelassene Party, sondern um ein Mittagessen gehandelt, zu dem man sich anlässlich der Verabschiedung einer Kollegin für eine halbe Stunde zusammengefunden habe. Es wären überdies nicht alle Mitarbeiterinnen gleichzeitig anwesend gewesen, hieß es.

Dagegen sprach allerdings ein Gruppenfoto, das 14 Frauen umfasste. Auf Vorhalt, dass sie auf diesem Bild keine Maske trage, erwiderte die 55-Jährige: "Wir hatten alle die Maske dabei." Eine 52-Jährige versicherte, sie habe ihre "nur zum Essen und wegen des Fotos" abgenommen. "Das mit dem Abstand war ein Fehler", räumte sie ein. Man habe auch nicht "auf die geschlossenen Fenster" geachtet, gab sie zu.

Einige ehemalige Mitarbeiterinnen hoben hervor, dass sie in der Corona-Pandemie keine "hygienische Schulung" erfahren hätten. Sie habe daher "nicht gewusst, dass solche Feiern nicht gestattet sind", sagte eine von ihnen. Eine andere behauptete, es habe "in den letzten fünf Jahren überhaupt keine Schulung gegeben. Meine Kolleginnen haben sich schon gefragt, warum wir keine haben". Darauf hin legte Anwalt Kieslinger ein Papier vor, demzufolge diese Frau am 30. März sowie am 16. November an einer Schulung teilgenommen hatte.

Eine 60-Jährige erklärte, sie habe in Bezug auf die Abschiedsfeier "nicht gewusst, dass es so streng geregelt ist". Am Vortag hätten Krankenschwestern "mit Essen, Torten" gefeiert: "Da habe ich gedacht, warum sollen wir das nicht machen."

Sämtliche Frauen betonten, es sei kein Alkohol getrunken worden. In den Sektflöten hätte sich Fanta befunden. Für Gruppenfotos sei man grundsätzlich "nur für ein paar Minuten" beisammen gestanden.

Die ursprünglich individuell eingebrachten Klagen der 14 Betroffenen wurden zu einem Ganzen verbunden, so dass sie nun gemeinsam in einem Verfahren geführt werden können. Die Stadt Wien beharrt auf der Entlassung und bezeichnet diese weiterhin als gleichermaßen gerechtfertigt wie unumstößlich. Die Klägerinnen bestreiten dagegen, einen Entlassungsgrund gesetzt zu haben. Das Verfahren wird am 16. Juni mit der Befragung weiterer von der Entlassung Betroffener fortgesetzt.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Stadt Wien hatte sich von den Hausarbeiterinnen und Abteilungshelferinnen getrennt, nachdem bekannt wurde, dass sie am 27. Februar 2021 bei der Pensionierungsfeier einer Kollegin gegen die Corona-Regeln verstoßen haben sollen.
  • Meine Kolleginnen haben sich schon gefragt, warum wir keine haben".
  • Darauf hin legte Anwalt Kieslinger ein Papier vor, demzufolge diese Frau am 30. März sowie am 16. November an einer Schulung teilgenommen hatte.

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