Ex-Klimaaktivistin fehlt neuer Schwung in Klimabewegung
Daran anknüpfend fragte Hagen-Canaval: "Wie kann es sein, dass das Klimaticket teurer wird, aber der Pendlereuro verdreifacht? Klimafreundlich ist das nicht." Die politische Relevanz von Klimaschutz sei "komplett verschwunden", so ihr Tenor. "Und ich glaube, das ist der beste Grund für die Existenz der 'Letzten Generation', der jetzt supergut sichtbar wird", betonte Hagen-Canaval. Wobei die Aktivistin in diesem Zusammenhang klarstellte, dass für die Umsetzung von Klimaschutz die Politik zuständig sei und nicht NGOs, diese jedoch Entwicklungen anstoßen könnten.
Ein Comeback der "Letzten Generation" oder eine Neuausrichtung, wie im benachbarten Deutschland, wo sich die Mitglieder der Schwesterbewegung zur "Neuen Generation" und dem "Widerstandskollektiv" formierten, schließt die 29-Jährige dennoch aus. "Wir haben alles gegeben, aber irgendwann sind die Kräfte aufgebraucht", sagte sie. "Meine Schuldigkeit ist getan, ich kann nachts gut schlafen, weil ich weiß, ich habe alles getan." Im Gegensatz dazu sieht sie generell einen Mangel "an sozialem Engagement" in Österreich.
Sie und viele ihrer ehemaligen Mitstreiterinnen hätten "genug von Leuten, die kritisieren und selber nix machen", sagte Hagen-Canaval. "In Zukunft kommt es genau auf diese Leute an und darauf, dass die bei der nächsten Widerstandsbewegung mitmachen."
Auch aus diesem Grund habe sie mit "Widerstand - Liebeserklärung an die Unbequemen" ein Buch über ihren Werdegang und die "Letzte Generation" verfasst. Als Anregung, um selbst aktiv zu werden, findet sich darin unter anderem Anleitung für Autobahnblockaden als "Tool für die Selbstermächtigung von Bürgerinnen und Bürgern in Demokratien", wie Hagen-Canaval schreibt. Das Buch schließt mit einer Art Liste an Schritten, die im Kampf gegen die Klimakrise einen Beitrag leisten - letzter Punkt: "Aufhören, Ausreden zu finden".
"Aufhören, Ausreden zu finden"
Marina Hagen-Canaval hat in Würzburg und Liechtenstein Masterstudien in Wirtschaftsinformatik und Information Systems abgeschlossen. Ein Jahr nach ihrem Eintritt in die "Letzte Generation" im Mai 2022 gab sie ihren Job als IT-Projektmanagerin auf und fungierte etwas später als Pressesprecherin als eine der führenden Stimmen der Aktivistengruppe. Im August 2024 löste sich die Bewegung auf. Die 29-Jährige studiert mittlerweile Jus, sitzt für die Grünen in ihrem Heimatort Götzis in der Gemeindevertretung und hat sich mittlerweile aus dem Aktivismus zurückgezogen.
Die "Letzte Generation" protestierte in den vergangenen Jahren mit Straßenblockaden gegen die Klimapolitik der Bundesregierung. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt derzeit gegen mehrere ehemalige Mitglieder wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie der schweren Sachbeschädigung. Parallel dazu laufen immer noch zahlreiche Verfahren vor Verwaltungsgerichten in ganz Österreich sowie ein Verfahren in Folge eines Aufenthaltsverbots durch das Bundesministerium für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gegen eine deutsche Aktivistin.
Zusammenfassung
- Fast ein Jahr nach der Auflösung der 'Letzten Generation' sieht Ex-Sprecherin Marina Hagen-Canaval eine deutliche Lücke in der Klimabewegung und kritisiert, dass das Thema Klimaschutz aus der öffentlichen Debatte verschwunden ist.
- Sie bemängelt unter anderem die Verteuerung des Klimatickets und die Erhöhung des Pendlereuros und betont, dass NGOs zwar Entwicklungen anstoßen, aber die Politik für echten Klimaschutz verantwortlich sei.
- Hagen-Canaval, die sich mittlerweile aus dem Aktivismus zurückgezogen hat und nun für die Grünen in Götzis in der Gemeindevertretung sitzt, schließt eine Rückkehr zur 'Letzten Generation' aus, während gegen ehemalige Mitglieder Ermittlungen laufen.