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Zoll-Deal: Zwischen Aufatmen und "fatalem Signal"
Im monatelangen Zollstreit zwischen den USA und der EU kam es am Sonntag zu einer Einigung: Es soll künftig Basiszölle von 15 Prozent auf EU-Waren geben.
Trump zufolge gilt der Zollsatz von 15 Prozent auch für die Einfuhr europäischer Autos. Die EU verpflichtete sich auch zu zusätzlichen Investitionen in den USA in Höhe von 600 Milliarden Dollar (510 Milliarden Euro) und zu Energiekäufen im Wert von 750 Milliarden Dollar.
Vor Trumps zweiter Amtszeit lagen die US-Zölle im Durchschnitt noch bei etwa 1,5 Prozent. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem "bestmöglichen Ergebnis".
"Fatales Signal" für deutsche Industrie
Von einem "fatalen Signal" sprach indes die stark angeschlagene deutsche Wirtschaft. "Denn auch ein Zollsatz von 15 Prozent wird immense negative Auswirkungen auf die exportorientierte deutsche Industrie haben", kritisierte Wolfgang Niedermark, Experte beim deutschen Industrieverband BDI.
Ein weiterer Tiefschlag sei, dass es keine Einigung für niedrigere Zölle auf Stahl- und Aluminiumexporte gebe. Der deutsche Außenhandelsverband nannte die Einigung einen "schmerzhaften Kompromiss". "Wer mit einem Hurrikan rechnet, ist für ein Unwetter dankbar", betonte wiederum der Hauptgeschäftsführer des deutschen Chemieverbands VCI, Wolfgang Große Entrup.
Automobilindustrie sieht Belastung
Auch die strauchelnde deutsche Automobilindustrie ist skeptisch. "Der Zollsatz der USA in Höhe von 15 Prozent auch für automobile Produkte wird die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie jährlich Milliarden kosten und belastet sie inmitten der Transformation", sagte die Präsidentin der deutschen Automobilverband VDA, Hildegard Müller.
An ganz Europa werde der 15-Prozent-Zoll "nicht spurlos vorbeigehen", mahnte der Chefvolkswirt der deutschen VP Bank, Thomas Giztel. Das deutsche BIP könnte sich jährlich um knapp 0,2 Prozent reduzieren, für die EU könnte sich die jährliche Schmälerung auf 0,1 Prozent belaufen.
EU-Politspitze zwiegespalten
Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz begrüßte den Deal. So könne eine unnötige Eskalation in den transatlantischen Handelsbeziehungen vermieden werden.
Auch die österreichische Politspitze steht der Einigung eher wohlwollend gegenüber. "Es ist gut, dass die Phase der täglichen neuen Zollankündigungen ein Ende hat und wir hoffentlich in eine stabilere Phase des transatlantischen Handels eintreten", schrieb Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) am Sonntag in einer Aussendung.
Es bleibe aber Realität, dass jede Art von Handelseinschränkungen eine Belastung für Jobs, Wohlstand und den Sozialstaat seien. Die Automobilindustrie sei für Österreich von besonderer Bedeutung, so Hattmannsdorfer.
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Von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hagelte es erwartungsgemäß Kritik. "Präsident Donald Trump hat Kommissionspräsidentin von der Leyen zum Frühstück verspeist. Das ist passiert, und wir hatten das vermutet, da der US-Präsident bei Verhandlungen ein Schwergewicht ist, während die Frau Präsidentin ein Federgewicht ist."
Ähnlich äußerte sich Europapolitiker Harald Vilimsky von der auf EU-Ebene mit der Orban-Partei verbündeten FPÖ, der der EU eine "außenpolitische Schwäche" attestiert: "Es wäre eigentlich zum Lachen - wenn es nicht so traurig wäre", sagte er zum "Deal", der nur als solcher verkauft werde. Frankreichs Industrieminister Marc Ferracci bezeichnete den Deal als "unausgewogen".
Österreichs Wirtschaft vorsichtig optimistisch
Die österreichische Wirtschaft scheint noch etwas zwiegespalten, was man von der Einigung hält. "Einerseits konnte damit ein größerer Handelskrieg veritablen Ausmaßes durch Verhandlungen abgewendet werden. Angesichts der Bedeutung der USA als zweitwichtigster Handelspartner Österreichs ist eine verlässliche und planbare handelspolitische Basis für die exportorientierte Wirtschaft von hoher Relevanz", meinte etwa Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV).
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Trotzdem sieht die IV die großflächige Einführung von 15-Prozent-Zöllen sehr kritisch, auch wenn es Ausnahmen für ausgewählte Sektoren gibt.
Besonders die weiterhin bestehenden Zölle von 50 Prozent auf Stahl- und Aluminiumprodukte bleiben höchst problematisch. 2024 beliefen sich heimische Exporte in die USA in den Bereichen auf etwa eine Milliarde Euro.
Die Industriellenvereinigung appelliert an die EU, aus den Erfahrungen dieses Konflikts Lehren zu ziehen und die europäische Handelspolitik noch stärker strategisch und breiter auszurichten.
Spanische Weinbauern enttäuscht
In Spanien äußern sich vor allem die Weinbauern dem Deal gegenüber kritisch. Zu den Zöllen für den Spirituosensektor meinte Jose Luis Benitez vom spanischen Weinverband enttäuscht: "Das sind schlechte Nachrichten, denn 15 Prozent entsprechen einem Anstieg von fast fünf Prozent."
Es scheine aber, als ob es in den kommenden Tagen noch weitere Verhandlungen zu der Abschaffung von gegenseitigen Zöllen für Agrarprodukte geben könnte.
Video: Verunsicherung durch US-Zölle "schlägt auf Europa durch"
Zusammenfassung
- 15 Prozent Zölle soll es nach einer Einigung zwischen EU und USA künftig auf EU-Waren geben.
- Die deutsche Wirtschaft ortet ein "fatales Signal".
- "Denn auch ein Zollsatz von 15 Prozent wird immense negative Auswirkungen auf die exportorientierte deutsche Industrie haben", kritisierte Wolfgang Niedermark, Experte beim deutschen Industrieverband BDI.
- Die österreichische Wirtschaft scheint unterdes noch etwas zwiegespalten, was man von der Einigung hält.
- Die Industriellenvereinigung appelliert an die EU, aus den Erfahrungen dieses Konflikts Lehren zu ziehen und die europäische Handelspolitik noch stärker strategisch und breiter auszurichten.