APA/dpa/Carmen Jaspersen

EU-Parlament lässt Grüne mit strengerer Antibiotika-Regel für Tiere abblitzen

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Der Vorstoß der Grünen für einen strengeren Einsatz von Antibiotika bei Tieren wurde vom EU-Parlament abgelehnt. Konkret sollten fünf der für die Menschen wichtigsten Antibiotikagruppen nur noch in Ausnahmefällen für Tiere verwendet werden dürfen.

Damit wollten die Grünen dem massenhaften Einsatz von Antibiotika in der Tiermast ein Riegel vorschieben und die Gefahr von Resistenzen gegen die Medikamente verringern. Das EU-Parlament sprach sich in einem Votum am Mittwochabend dagegen aus.

Kriterien statt Verbot

Nun bleibt es bei den ursprünglichen Plänen der EU-Kommission: Diese will bisher keine konkreten Stoffe nennen, die auf die Liste von sogenannten Reserveantibiotika kommen sollen. Die Behörde präsentierte stattdessen Kriterien für deren Auswahl: etwa eine hohe Bedeutung für die menschliche Gesundheit und ein "nicht-essenzieller" Bedarf in der Tiermedizin.

Reserveantibiotika sind Medikamente, die bei Infektionskrankheiten verwendet werden, wenn normale Antibiotika nicht mehr wirken. Ziel ist es, möglichst wenig dieser Mittel einzusetzen, um ihre Wirksamkeit durch sich entwickelnde Resistenzen nicht zu gefährden. Der Grund: Je mehr ein Antibiotikum eingesetzt wird, desto eher setzen sich resistente Krankheits-Erreger durch.

Antibiotika-Resistenzen: 33.000 Tote im Jahr EU-weit

Solche Resistenzen sind gefürchtet. Laut EU-Kommission sterben jedes Jahr in der EU 33.000 Menschen, weil Antibiotika bei ihnen nicht mehr wirken. Resistente Keime aus den Ställen können etwa über Fleisch zum Menschen gelangen.

Der Entschließungsantrag hatte im Vorfeld für hitzige Debatten gesorgt. Tierarztverbände machten dagegen mobil. Den Weg, im Voraus generell Wirkstoffe zu verbieten und dann Ausnahmen zu schaffen, lehnt der österreichische Tierärztekammer-Präsident Kurt Frühwirth strikt ab. Es müsse einzeln geprüft und wissenschaftlich bewiesen werden, wieso in bestimmten Fällen der Wirkstoff nicht mehr einzusetzen sei, etwa anhand eines Kriterienkatalogs, forderte Frühwirth.

In Deutschland warnte der Verband praktizierender Tierärzte unterdessen vor allem, dass auch Haustiere künftig nicht mehr adäquat mit Antibiotika behandelt werden könnten. Die Grünen widersprachen dieser Darstellung.

ÖVP gegen Verbot

ÖVP-EU-Abgeordnete Alexander Bernhuber stellte sich mit Verweis auf den bereits auf den Tisch liegenden Kommissionsvorschlag ebenfalls gegen den Grünen-Vorstoß. Er betonte weiters: "Österreich ist bereits jetzt ein Vorzeigeland beim Einsatz von Antibiotika. So wurde in der Nutztierhaltung in den vergangenen 10 Jahren der Einsatz von Antibiotika um mehr als 30 Prozent reduziert."

Die Grünen zeigten sich naturgemäß von dem Votum enttäuscht: "Es ist eine vertane Chance. Zum einen bedeutet dies, dass es in Zukunft keine Einzeltierbehandlung mit als Reserveantibiotika eingestuften antimikrobiellen Mitteln geben wird. Zum anderen könnte die Liste der Reserveantibiotika so dünn ausfallen, dass sie nicht wirklich eine Lösung zur Bekämpfung der zunehmenden Entwicklung von Multiresistenzen von Bakterien ist", erklärte Sarah Wiener von den österreichischen EU-Grünen.

ribbon Zusammenfassung
  • Konkret sollten fünf der für die Menschen wichtigsten Antibiotikagruppen nur noch in Ausnahmefällen für Tiere verwendet werden dürfen.
  • Damit wollten die Grünen dem massenhaften Einsatz von Antibiotika in der Tiermast ein Riegel vorschieben und die Gefahr von Resistenzbildungen verringern.
  • Das EU-Parlament sprach sich in einem Votum am Mittwochabend dagegen aus.
  • Resistente Keime aus den Ställen können etwa über Fleisch zum Menschen gelangen.