Erreichen der EU-Klimaziele für 2030 ist kein Selbstläufer
"Es kommt ganz sicher auf den politischen Willen an", sagte die grüne EU-Abgeordnete Lena Schilling im Gespräch mit der APA. Aus ihrer Sicht könne etwa nicht davon ausgegangen werden, dass das aktuelle Aufweichen des Green Deal dem Erreichen der 2030er-Ziele zugutekäme: " "Das 2030-Ziel ist noch schaffbar - aber nur, wenn wir jetzt auf den letzten Metern lossprinten, statt plötzlich rückwärts zu laufen. Im Grunde hat man einen Teil vom Green Deal bereits entzahnt, nämlich gerade am Beispiel Lieferkettengesetz oder der Nachhaltigkeits-Berichterstattung - und zwar völlig", so Schilling zu Inhalten des sogenannten Omnibus-Pakets der Kommission, dem offiziell der Wunsch nach Vereinfachung innewohnt. Eine weitere, von ihr befürchtete Schwächung des Green Deals gefährde die Klimaziele - und dann hieße es für jene Staaten, die sie verfehlen: "Bereit machen für Strafzahlungen."
"Die Gesetze liegen nun am Tisch und sind einzuhalten", lautet dazu das Statement des ÖVP-Europaabgeordneten Alexander Bernhuber gegenüber der APA. Es werde am Ende des Tages im Ermessen der EU-Kommission liegen, welche Konsequenzen dann folgen. "Bei den Emissionszielen im Automobilsektor haben wir gesehen, dass es Spielraum für Flexibilität gibt: Die Ziele wurden dabei nicht aufgeweicht oder abgeschwächt, sondern es wird nur eine Durchschnittsberechnung über drei Jahre herangezogen, statt einem harten Ziel für das laufende Kalenderjahr", so Bernhuber.
Zweifel sind jedenfalls kein Einzelfall: Die EU-Umweltagentur EEA publizierte Ende des vergangenen Jahres ihr Resümee zu den bisherigen Fortschritten "bei der Erreichung der Treibhausgasemissionsziele im Rahmen der Verordnung zur Lastenteilung (ESR)". Dabei ergab sich, dass acht Mitgliedstaaten (Kroatien, Zypern, Ungarn, Irland, Italien, Litauen, Malta und Rumänien) über ihren jährlichen Emissionszuweisungen lagen.
Österreich noch auf gutem Weg
Österreich war bei diesem Vergleich auf einem guten Weg, sein Ziel von einem Minus von 48 Prozent bis 2030 auch zu erreichen. Jedoch warnte die EU-Kommission in der Vorwoche, dass es nun gelte, den endgültigen nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) rasch umzusetzen, während der dafür zuständige Umweltminister Norbert Totschnig (ÖVP) vor kurzem anmerkte, dass die neuen budgetären Rahmenbedingungen Anpassungen des NEKP notwendig machen würden. Die im Budget vorgesehenen Einsparungen im Klimabereich treffen jedenfalls einige im NEKP vorgesehene Maßnahmen.
Ein Verfehlen der Klimaziele hat jedenfalls finanzielle Folgen: Bereits 2023 wurde vonseiten des Finanzministeriums (FMA) eine Milliardensumme genannt, die im Worst Case-Fall die Folge wäre. Gegenüber der Wochenzeitschrift "Profil" bezifferte der damalige Leiter des FMA-Klimateams, José Delgado, ein "Risiko von 4,7 Milliarden bis 2030". Eine ebenfalls vom FMA in Auftrag gegebenen Studie bei der Kommunalkredit Personal Consulting (KPC), einer Tochter der Kommunalkredit Austria AG, zeigt unter anderem auf, dass die Bandbreite der Folgekosten nur schwer abschätzbar sind.
Unsicherheiten über die Folgekosten
"Die Varianz in den CO2-Preisen und die Unsicherheit in den mengenbasierten Überlegungen führen letztlich zu einer Unsicherheit in der Abschätzung der budgetären Implikationen. Dies äußert sich auch in der großen Spreizung in den Budget-Szenarien". Und so kommen die Autoren der rund zwei Jahren alten Studie zu dem Schluss, dass die Kosten je nach Preis- und Emissionsszenario von 373 Millionen Euro bis zu 5,9 Milliarden reichen könnten.
Die Folgekosten sind ein Problemfeld, mit dem sich vielleicht noch einige EU-Staaten auseinandersetzen müssen. Ende des Vorjahres stellte die EEA fest, dass die Zahl jener EU-Länder zunehmen könnte, die in den kommenden Jahren ihre festgelegten nationalen Emissionsgrenzwerte überschreiten. Ebenso hieß es in diesem Bericht, dass EU-Staaten, die ihre Ziele nicht einhalten, dann eventuell nicht in der Lage sein könnten, genügend Zuteilungen von anderen Ländern kaufen zu können.
Zusammenfassung
- Die EU ist laut Kommission knapp davor, ihr Ziel einer Reduktion der Treibhausgase um 55 Prozent bis 2030 zu erreichen, doch bestehen Zweifel an der Umsetzung der nationalen Klimapläne, was finanzielle Folgen nach sich ziehen könnte.
- Österreich ist auf Kurs, das eigene Ziel von minus 48 Prozent bis 2030 zu schaffen, muss jedoch laut EU-Kommission und Umweltminister Totschnig den nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) an neue Budgetbedingungen anpassen.
- Bei einer Verfehlung der Klimaziele drohen laut FMA finanzielle Risiken von bis zu 4,7 Milliarden Euro bis 2030, wobei Studien die Bandbreite möglicher Folgekosten zwischen 373 Millionen und 5,9 Milliarden Euro angeben.