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Ermittlungsstelle zu Polizeigewalt ist weiter in der Kritik

Die geplante Ermittlungsstelle bei Polizeigewalt löst weiter Kritik aus. Die Begutachtungsfrist für den entsprechenden Gesetzesentwurf läuft am kommenden Montag aus. Die Volksanwaltschaft, Amnesty International und der österreichische Rechtsanwaltskammertag stoßen sich in ihren Stellungnahmen daran, dass die Stelle im Bundesamt für Korruptionsprävention und -bekämpfung (BAK) angesiedelt werden soll und äußern Bedenken zur Unabhängigkeit.

Die Einrichtung der Stelle wurde allgemein grundsätzlich begrüßt. "Aus Sicht der Volksanwaltschaft wird aber die Einrichtung dieser Ermittlungsstelle für Misshandlungsvorwürfe (...) im Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, also einer Dienststelle des BMI (Bundesministerium für Inneres, Anm.), die Skepsis von Menschen und vor allem auch zivilgesellschaftlicher Organisationen gegenüber einer Ermittlung 'in den eigenen Reihen' nicht bzw. nicht gänzlich beseitigen können", schrieb Volksanwältin Gaby Schwarz.

Amnesty International (ai) hielt in der Stellungnahme an der bereits geäußerten Kritik der fehlenden Unabhängigkeit fest. Gleichzeitig präsentierte die Menschenrechtsorganisation "Vorschläge für eine notwendige Reform bei den Staatsanwaltschaften in den Ermittlungsprozessen" und forderte "die Einbeziehung aller Polizei- und Justizwachebeamt*innen, unter anderem auch jener, die in Justizanstalten ihren Dienst versehen". Wesentlich sei auch die Sicherstellung einer entsprechenden Ausbildung und es brauche zudem "eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamt*innen".

"Eine Eingliederung der geplanten Ermittlungsstelle im BAK (Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung) entspricht nicht der völkerrechtlich geforderten Unabhängigkeit", betont Teresa Exenberger, Juristin bei Amnesty International Österreich. Massiv bedenklich sei auch der vorgesehene Bestellprozess für die Leitung dieser Stelle, die - nach bestimmten Anhörungen - durch den oder die Bundesminister/in für Inneres besetzt werden soll. "Es ist essenziell, dass der*die Leiter*in in keinerlei Naheverhältnis zu Politik oder Polizei steht, um Interessenskonflikte möglichst auszuschließen", so Exenberger. Amnesty empfahl die Bestellung der Leitung durch ein Gremium außerhalb des Ministeriums.

Kritik übte die Menschenrechtsorganisation auch daran, dass dem Entwurf zufolge "die vorgesehene Ermittlungsstelle nicht für alle Polizeibeamt*innen tätig werden soll". Derzeit seien etwa die in vielen Gemeinden etablierten Sicherheitswachen bzw. Gemeindewachkörper nicht vom Gesetz umfasst, genauso wie Justizwachebeamtinnen und -beamte. "Das ist absolut nicht nachvollziehbar. Alle sind staatliche Bedienstete, die völkerrechtlich mitumfasst sein müssen", so Exenberger. Nicht zuletzt forderte Amnesty die Einführung einer Kennzeichnungspflicht der Polizistinnen und Polizisten - "etwa durch das Tragen von anonymisierten, aber individualisierbaren Dienstnummern auf der Uniform" -, was eine Grundvoraussetzung für wirksame Ermittlungen darstelle. Für Montag kündigte die Menschenrechtsorganisation eine Aktion vor dem Bundeskanzleramt um 14.00 Uhr an.

Bedenken äußerte auch der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK): Man sei "grundsätzlich" der Auffassung, "dass eine solche Organisationseinheit zur Ermittlung und Aufklärung von Misshandlungsvorwürfen im Ressortbereich des BMI nicht im BMI selbst, sondern zum Beispiel im BMJ (Justizministerium, Anm.) angesiedelt sein sollte". Dennoch betrachte man den vorliegenden Gesetzentwurf als "einen Schritt in die richtige Richtung".

Rundheraus Ablehnung kam von der Freien Exekutiv Gewerkschaft (FEG): "Polizisten sind keine Verbrecher, nur weil sie bei ihrem Auftrag, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen, oftmals die notwendige exekutive Zwangsgewalt anwenden müssen", hieß es dort. Ähnlich die Aktionsgemeinschaft Unabhängiger und Freiheitlicher (AUF) Sektion Polizei: "Aus Sicht der AUF Sektion Polizei ist dieses Vorhaben jedenfalls unabhängig von den Kosten und den offenkundig gegebenen Unklarheiten/Ungereimtheiten in Bezug auf die personelle Besetzung in seiner Gesamtheit abzulehnen und entbehrt in Wahrheit jedweder sachlichen Rechtfertigung."

SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner sieht sich in seiner Kritik bestätigt. "Es war von Anfang an klar, dass die Unabhängigkeit der Beschwerdestelle im Innenministerium nicht sichergestellt werden kann. Sie muss unabhängig und weisungsfrei sein, um das nötige Vertrauen von Bevölkerung und Polizei für die Beschwerdestelle zu schaffen."

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  • Kritik übte die Menschenrechtsorganisation auch daran, dass dem Entwurf zufolge "die vorgesehene Ermittlungsstelle nicht für alle Polizeibeamt*innen tätig werden soll".