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EMA prüft neues Covid-19-Medikament

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Ein aus der Krebsforschung stammender Wirkstoff könnte zu einem neuen Medikament gegen schwere Covid-19-Krankheitsverläufe werden. Laut der deutschen Pharmazeutischen Zeitung hat die europäische Arzneimittelagentur EMA die Prüfung der vorhandenen Daten zu Sabizabulin noch vor einem eigentlichen Zulassungsantrag des Herstellers (Veru Inc./Miami/USA) begonnen. Die Substanz zeigte sich eine deutliche Reduktion der Sterblichkeit bei Patienten.

In den vergangenen zwei Jahren sind immer wieder Arzneimittelwirkstoffe aus "anderen" Anwendungsgebieten mit zum Teil positiven Effekten bei Covid-19 getestet worden und werden mittlerweile als SARS-CoV-2-Therapeutika verwendet. Beispiele dafür sind der bei rheumatischer Arthritis ("Gelenksrheum", chronische Polyarthritis) verwendete monoklonale Antikörper Tocilizumab (gegen Interleukin-6; Anti-IL-6) oder sogenannte JAK-Inhibitoren wie Baricitinib, die ebenfalls bei chronischer Polyarthritis eingesetzt werden.

Bei Sabizabulin handelt es sich um eine vom US-Unternehmen Veru entwickelte Substanz, die als Hemmstoff für das Zellgerüst (Mikrotubuli-Unterbrecher) den Teilungsstopp von Krebszellen auslösen soll. Das deutsche Pharmazeuten-Fachblatt: "Ähnlich wie Colchicin bindet es an Untereinheiten der Mikrotubuli und vernetzt diese, wodurch der Zellzyklus zum Erliegen kommt. Dies betrifft vor allem sich schnell teilende Zellen. Mikrotubuli helfen auch dem Coronavirus SARS-CoV-2, die menschliche Wirtszelle zu entern und zu verlassen. Daher soll Sabizabulin die Virusreplikation hemmen." Außerdem komme es zu einer Dämpfung der Entzündungsreaktion im Rahmen der Covid-19-Erkrankung.

In einer frühzeitig wegen statistisch signifikanter Erfolge ausgewerteten Studie mit Sabizabulin zeigte sich eine gute Wirksamkeit. In der Untersuchung, die am 6. Juli in "New England Journal Evidence" veröffentlicht worden ist (DOI:https://doi.org/10.1056/EVIDoa2200145), waren 134 schwerkranke Covid-19 Patienten, die künstlichen Sauerstoff benötigten und ein hohes Risiko aufwiesen (hochgradige Adipositas, schwere sonstige Erkrankungen etc.), einmal täglich mit neun Milligramm Sabizabulin in Tablettenform zusätzlich zur sonst erfolgenden Therapie (Remdesivir, Cortison, Tocilizumab, Baricitinib etc.) behandelt worden. Es handelte sich um Erkrankte mit SARS-CoV-2-Infektionen der Delta- oder der Omikron-Varianten. 70 weitere Probanden bekamen statt Sabizabulin ein Placebo. Die klinische Untersuchung der Phase III erfolgte an Zentren in den USA, Brasilien und Bulgarien.

Die Ergebnisse waren eindeutig. "Die Sabizabulin-Gabe konnte das Risiko für einen tödlichen Verlauf innerhalb der nächsten 60 Tage um 55,2 Prozent gegenüber Placebo senken. Bei den 52 Probanden der Placebogruppe lag die Mortalitätsrate (Tod aus jeglicher Ursache) bei 45,1 Prozent gegenüber 20,2 Prozent bei zusätzlicher Sabizabulin-Gabe. Die Liegedauer auf der Intensivstation konnte um 43 Prozent reduziert werden, die Tage an mechanischer Beatmung um 49 Prozent und die Liegedauer im Krankenhaus insgesamt um 26 Prozent", fasste die Pharmazeutische Zeitung die Resultate zusammen.

Die EMA hat mit einer Prüfung der bereits vorliegenden Daten zu dem potenziellen Medikament begonnen, obwohl bei ihr noch gar kein Zulassungsantrag des Herstellers vorliegt. Es handelt sich um das erste Verfahren dieser Art bei der Europäischen Arzneimittelagentur. Ermöglicht wird das durch eine infolge der Covid-19-Pandemie neuen EU-Gesetzgebung, die den möglichen Zugang zu neuen Arzneimitteln beschleunigen soll.

ribbon Zusammenfassung
  • Ein aus der Krebsforschung stammender Wirkstoff könnte zu einem neuen Medikament gegen schwere Covid-19-Krankheitsverläufe werden.
  • Laut der deutschen Pharmazeutischen Zeitung hat die europäische Arzneimittelagentur EMA die Prüfung der vorhandenen Daten zu Sabizabulin noch vor einem eigentlichen Zulassungsantrag des Herstellers begonnen.
  • Die Substanz zeigte sich eine deutliche Reduktion der Sterblichkeit bei Patienten.

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