Einbrecher erschossen
Recht auf Notwehr? Offene Fragen nach Schüssen in Salzburg
Nach dem tödlichen Einbruch in Salzburg sind weiterhin einige Fragen offen. Unklar ist bisher etwa, wie oft der Pensionist auf den 29-Jährigen geschossen hat. Ersten Berichten zufolge könnten es drei Schüsse gewesen sein.
Klar ist mittlerweile zumindest: Die Salzburger Staatsanwaltschaft leitete am Freitag gegen den Hausbesitzer Ermittlungen wegen Mordverdachts ein. Das sei ein Standardprozedere, betonte die zuständige Sprecherin, immerhin sei ein Mensch ums Leben gekommen.
Gegen den bisher unbescholtenen Schützen wurde keine U-Haft verhängt. Er sprach bereits unmittelbar nach dem Vorfall davon, aus Notwehr gehandelt zu haben.
Dabei handelt es sich laut Strafgesetzbuch um das Recht, einen "gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden rechtswidrigen Angriff auf Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, Freiheit oder Vermögen von sich oder einem anderen abzuwehren".
- Mehr lesen: Einbruch und Schüsse: Großeinsatz in Salzburg
Bestens mit dem Strafgesetzbuch vertraut ist Rechtsanwalt Peter Philipp. Im Gespräch mit PULS 24 berichtet der seit 1975 selbständige Jurist von früheren Notwehrfällen – und davon, dass es dafür "noch nie eine Patentlösung" gegeben habe.
Jeder Fall müsse genau geprüft und bewertet werden.
Notwehr oder Notwehrüberschreitung
Dabei stellt sich die zentrale Frage, ob es sich um Notwehr oder um Notwehrüberschreitung handelt. Der Rechtsanwalt verweist auf einen Freispruch in einem ähnlichen Fall.
Anfang 2024 schoss in der Gemeinde Harmannsdorf (Bezirk Korneuburg) ein 71-Jähriger auf einen Einbrecher. Dieser hatte im Zuge des Einbruchs auf die Ehefrau des Hausbesitzers eingeschlagen. Somit handelte es sich laut dem Anwalt um Notwehr – genauer gesagt um Nothilfe, da der Angriff einer dritten Person galt.
- PULS 24 berichtete: Brutale Home Invasion bei Wien: Bis zu 16 Jahre Haft
Anders wäre die Situation jedoch gewesen, "wenn der Einbrecher schon fünf, sechs Meter weggelaufen wäre". Wer sich auf der Flucht befindet, auf den darf nicht "aus Notwehr" geschossen werden, bestätigt Rechtsanwalt Peter Philipp.
Typischer Notwehrfall?
Zurück nach Salzburg: Hier war keine dritte Person gefährdet. Der 29-jährige Einbrecher bedrohte laut ersten Ermittlungen den gerade ankommenden Hausbesitzer im Garten mit einem Messer.
Grund genug also, zu schießen? "Nur weil ich einen Einbrecher sehe, bin ich nicht dazu berechtigt auf den zu schießen", verneint der Rechtsanwalt.
Wenn der Eindringling allerdings "auf mich zukommt, etwa mit einem Messer oder einer anderen Waffe, dann darf ich meine Waffe ziehen. Das ist dann ein typischer Notwehrfall", so Philipp.
Klärungsbedarf nach Schüssen
Diese Bedrohungssituation muss jetzt überprüft werden. Gesicherte Details, etwa wie oft und an welchen Körperstellen der 29-Jährige getroffen wurde, liegen noch nicht vor.
Die "Krone" berichtete am Freitag von einem tödlichen Schuss in den Hinterkopf – offiziell bestätigt ist das jedoch nicht. "An sich sollte man auf die Beine schießen", erklärt jedenfalls der Rechtsanwalt.
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass nicht jeder Waffenbesitzer in Österreich auch automatisch ein erfahrener Schütze ist. Für den umgangssprachlichen "Waffenführerschein" reicht neben einem psychologischen Gutachten ein Grundkurs zur erstmaligen Erlangung. Dieser kann an einem Nachmittag absolviert werden.
Auch ob der Pensionist die Waffe zum Tatzeitpunkt ordnungsgemäß versperrt aufbewahrte, ist unklar. Grundsätzlich müsse die Waffe "vom Gesetz her verwahrt und versperrt sein", betont der Rechtsanwalt.
Für die Klärung der Notwehrsituation dürfte dies jedoch kaum eine Rolle spielen – ebenso wenig wie die Tatsache, dass er die Schusswaffe legal besitzt.
Ob der 66-Jährige, laut Medienberichten an seinem Geburtstag, mutmaßlich drei Schüsse aus Notwehr abgegeben hat, werden die Ermittlungen zeigen.
Sollte sich herausstellen, dass er aus Bestürzung, Furcht oder Schrecken gehandelt hat, kann die Bestrafung wegen einer vorsätzlichen Tat entfallen. Eine Bestrafung wegen fahrlässiger Begehung des Delikts ist dann allerdings weiterhin möglich.
Zusammenfassung
- In Salzburg schoss ein 66-jähriger Hausbesitzer auf einen 29-jährigen Einbrecher, der an den Folgen seiner Verletzungen starb.
- Der Pensionist gibt an, aus Notwehr gehandelt zu haben, während die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Mordverdachts eingeleitet hat.
- Laut ersten Berichten könnten drei Schüsse abgegeben worden sein, wobei einer den Hinterkopf des Einbrechers traf.
- Rechtsanwalt Peter Philipp betont, dass jeder Notwehrfall individuell geprüft werden muss und es keine allgemeingültige Lösung gibt.
- Die Ermittlungen konzentrieren sich darauf, ob tatsächlich eine akute Bedrohung durch das Messer des Einbrechers vorlag oder eine Notwehrüberschreitung stattfand.