Die Wiener Berufsrettung wird notrufgerechte 144 Jahre alt
Dann ging es Schlag auf Schlag: Am 16. April 1882 wurde bei einem Pferderennen die erste fliegende Ambulanz gestellt, rund eine Woche danach erfolgte der erste Krankentransport. 1883 erfolgte die Eröffnung der ersten Rettungsstation am Fleischmarkt, im Juni 1897 wurde jene in der Landstraßer Radetzkystraße eröffnet, die bis heute besteht. Im Jahr 1901 zählte die Wiener Freiwilligen Rettungsgesellschaft die 100.000ste Ausfahrt. Wegen des stark ansteigenden Einsatzaufkommens wurde 1905 in Mariahilf eine Rettungsstation eröffnet und das erste motorisierte Rettungsauto in den Dienst gestellt.
Im Krieg und unter NS-Herrschaft - im Jahr 1940 - wurde der "Wiener Städtische Rettungs- und Krankenbeförderungsdienst" gegründet, der über die Jahre verschiedenen Magistratsabteilungen unterstellt war. 1991 wurde die Berufsrettung als Magistratsabteilung 70 (MA 70) eigenständig. In diesem Jahr gab es auch die ersten Rettungsflüge, außerdem wurde die Seiltechnik-Einsatzgruppe (STEG) gegründet. 1999 nahm die erste Sanitäterin den Dienst auf, am 1. April 2001 flog erstmals der Wiener Rettungshubschrauber Christophorus 9. Mit dem Inkrafttreten des Sanitätsgesetzes (SanG) nahm auch die eigene Rettungsakademie der Berufsrettung ihren Dienst auf.
Seit 2010 ist Rainer Gottwald Chef der Wiener Berufsrettung. Er führte einige Neuerungen ein: So wurde 2017 der Wechsel vom 24-Stunden-Schichtdienst auf ein 12,5-Stunden-System abgeschlossen. Dieses ist familienfreundlicher und gesundheitsschonender, außerdem brachte es einen Personalzuwachs mit sich. 180 zusätzliche Sanitäterinnen und Sanitäter wurden eingestellt. 2019 genehmigte die Stadt weitere 82 Dienstposten, 2020 kamen noch einmal 75 hinzu, um die Herausforderungen der Pandemie zu bewältigen.
Photovoltaik und mobiler Ultraschall
Neben zahlreichen Umbauten - 2020 etwa bekamen die ersten vier Wiener Rettungsstationen Photovoltaik-Anlagen - modernisierte die Berufsrettung vor allem ihren Fuhrpark immer wieder. 2021 erneuerte sie die Fahrzeuge der Sonder-Einsatz-Gruppe (SEG) und schickte damit den sogenannten Katastrophenzug in Pension. Auch ein E-Notarztwagen ist mittlerweile im Testbetrieb. An Gerätschaften sind mittlerweile ein Videolaryngoskop für Intubationen, ein mobiles Ultraschallgerät zur präziseren Diagnose und ein Blutgas-Analyse-Gerät im Einsatz.
Exakt zehn Prozent der Geschichte der Berufsrettung hat der 34-jährige Notfallsanitäter Stefan Schrammel miterlebt, er ist seit 14,4 Jahren an Bord. 2010 bewarb er sich als Zivildiener und wurde der MA 70 zugeteilt. "Das hat mein Interesse am Beruf geweckt und ich habe mich beworben. In den darauffolgenden Jahren habe ich die Ausbildung zum Einsatzlenker sowie sämtliche Module der Sanitäter-Ausbildung absolviert."
Stefan Schrammel - Notfallsanitäter seit 14,4 Jahren
Stefan Schrammel war zehn Jahre als verantwortlicher Sanitäter oder als Einsatzlenker am Rettungswagen im Einsatz. Nach sechs Jahren wurde er auch als Lenker von Notarzt-Einsatz-Fahrzeugen (NEF) eingesetzt. "Da war ich dann mit einer Notärztin oder einem Notarzt im Team und wir sind zu hochpriorisierten Einsätzen alarmiert worden", erzählte Schrammel. Bei diesen Einsätzen geht es immer ums Ganze: "Wenn ein NEF dazukommt, dann brauchen die Patientinnen oder Patienten spezielle Medikamente oder kämpfen um Leben oder Tod." Manchmal ist "das Ganze" aber auch positiv zu verstehen: "Ich war bei drei Geburten dabei, zwei davon im Rettungswagen und eine in der Wohnung. Das ist schon etwas Besonderes."
Seit 2022 ist Schrammel auch Lehrbeauftragter der Wiener Rettungsakademie und führt somit Fortbildungen für die Kolleginnen und Kollegen auf den Rettungsstationen oder Erste-Hilfe-Schulungen innerhalb des Magistrats durch. "Üben, üben, üben, Selbststudium und interessiert bleiben. Nicht bei jedem Einsatz wird das volle medizinische Fachwissen benötigt, dafür sammelt man Erfahrung und Menschenkenntnis. Diese Kombination macht gute Rettungssanitäterinnen und -sanitäter aus", rät er dem Nachwuchs der Berufsrettung.
Zusammenfassung
- Die Wiener Berufsrettung feiert ihr 144-jähriges Bestehen, nachdem sie 1881 nach dem verheerenden Brand des Ringtheaters mit über 300 Todesopfern gegründet wurde.
- Seit 2010 leitet Rainer Gottwald die Berufsrettung, führte das familienfreundliche 12,5-Stunden-Schichtsystem ein und sorgte für einen Personalzuwachs von insgesamt 337 neuen Dienstposten zwischen 2017 und 2020.
- Die Modernisierung umfasst Photovoltaik-Anlagen auf Rettungsstationen, neue Einsatzfahrzeuge, mobile Ultraschallgeräte sowie den Testbetrieb eines E-Notarztwagens.
