APA/dpa/Lino Mirgeler

Der Wolf beschäftigt auch die EU in Brüssel

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Mit einer Studie will die EU-Kommission jetzt herausfinden, wie man mit Wölfen umgehen kann.

"Es ist wichtig, die Ängste und Konflikte ernstzunehmen und wahrzunehmen", sagte Carmen Preising, Kabinettschefin des zuständigen Umweltkommissars Virginijus Sinkevičius, am Mittwochabend bei einer Diskussion über "Die Herausforderungen des Wolfsmanagements in der EU" in Brüssel.

Zu der Veranstaltung mit dem Untertitel "Der Schutzstatus des Wolfes in der EU: Brauchen wir eine Überprüfung?" hatte der Europaparlamentarier Herbert Dorfmann (Südtiroler Volkspartei) geladen.

"Derzeit haben die Menschen Angst"

Im Vertretungsbüro der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino ließen der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher und der Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) keinen Zweifel an der Brisanz des Problems.

"Derzeit haben die Menschen Angst", sagte Kompatscher und verwies darauf, dass im Mai in Südtirol viele Eltern die Erlaubnis für die Teilnahme ihrer Kinder an den traditionellen Schulausflügen verweigert hätten.

Dazu hätte auch der Fall eines Joggers im Trentino beigetragen, der von einem Bären getötet wurde. Die laufende Diskussion sei auch demokratiepolitisch gefährlich, da viele Menschen in Zweifel zögen, warum in der Stadt über Probleme der Menschen am Land entschieden werde. "Auch das EU-Bashing macht wieder die Runde."

Mattle will Lösungen "im Sinne der Biodiversität"

"Großraubtiere sind nun massiv auch ein politisches Problem", sagte Mattle. "Die Politik ist gefordert, Lösungen zu finden. Wir brauchen Lösungen für die Bevölkerung, für die Landwirte, aber auch im Sinne der Biodiversität." Doch nicht nur Wölfe oder Bären, auch Schafe trügen zur Biodiversität bei.

In Tirol werden Wolfs-Abschüsse nach einer jagdgesetzlichen Novelle nun nicht mehr per Bescheid (der oftmals erfolgreich beeinsprucht wurde), sondern per Verordnung freigegeben, jüngst dreimal binnen weniger Tage.

Man brauche jedoch eine EU-Lösung, mehr noch, eine europäische Lösung, da etwa im Schweizer Kanton Graubünden derzeit rund 100 Wölfe in mehreren Rudeln lebten. Die gesamte Wolfspopulation im Alpenraum wird derzeit auf rund 500 bis 600 Wölfe geschätzt.

Wölfe EU-weit geschützt

EU-weit werden Wölfe durch die 1992 beschlossene Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, europaweit auch durch die aus 1979 stammende Berner Konvention des Europarates geschützt. Dort ist die Schweiz mit mehreren Anträgen zur Rückstufung des Schutzstatus des Wolfs, die mehr Handlungsspielraum beim Wolfsmanagement bieten würde, gescheitert, zuletzt im November des Vorjahres.

Länder wie Schweden und Finnland hätten diesbezüglich mehr Spielraum erhalten - was aber nur beim Ersteintritt in die Konvention, nicht aber nachträglich möglich sei, erläuterte der Jurist Roland Norer, der die Materie "juristisch extrem interessant" und sich selbst als "geistiger Vater" der derzeit in Kärnten und Tirol angewandten Regelungen bezeichnete.

Schutzregeln seit Jahrzehnten gleich

Die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie mit ihren Listen der schutzwürdigen Arten sei seit 30 Jahren unverändert, monierte Dorfmann, nicht nur die Gefährdungslage, auch "die politische Stimmung hat sich geändert".

Auf eine Änderung der Richtlinie zu warten sei allerdings müßig, da dafür eine Einstimmigkeit der EU-Mitgliedsländer erforderlich sei, erläuterte Norer. Er plädierte daher für die Nutzung nationaler Spielräume. Doch statt den Ländern diese zu gewähren, sei man von "Pilotverfahren" und Vertragsverletzungsverfahren bedroht.

"Unser Ansatz ist sehr pragmatisch", entgegnete Preising. "Wir glauben, dass die jetzige Richtlinie genug Spielraum lässt." Jeder Mitgliedsstaat müsse für sich einen geeigneten Mix an Maßnahmen finden, um zu "ganz spezifischen, regionalen Lösungen für den Herdenschutz" zu kommen.

Dafür gebe es "viele Best-Practice-Beispiele". Als ersten Schritt brauche es Aufklärung und Sensibilisierung der Bevölkerung.

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  • Mit einer Studie will die EU-Kommission jetzt herausfinden, wie man mit Wölfen umgehen kann.

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