"David gegen Goliath"-Prozess: Klage gegen SOS Balkanroute abgewiesen

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Die Klage des Internationalen Zentrums für Migrationspolitik (ICMPD) gegen die NGO SOS Balkanroute wurde vom Richter abgewiesen. Als einen Kampf "David gegen Goliath" und einen Versuch, NGOs mundtot zu machen, werteten den Prozess am Wiener Handelsgericht die Angeklagten.

Das Internationale Zentrum für Migrationspolitik (ICMPD) klagte SOS Balkanroute und seinen Gründer Petar Rosandić auf Unterlassung, weil Rosandić das Flüchtlingslager Lipa in Bosnien - das das ICMPD errichtet hat - als "Guantánamo" bezeichnete. Das sei Kreditschädigung, sagt das in Wien ansässige ICMPD. Der Richter hingegen wies die Klage am Dienstagabend ab. ICMPD-Anwältin Ulrike Zeller kündigte an, Berufung einzulegen.

Richter Andreas Pablik sagte, er habe den Vorwurf geprüft. "Ich sehe die Grenze nicht als überschritten an, ich gehe davon aus, dass das durchaus von der EMRK gedeckt ist", berief er sich auf Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), dem auf Freiheit auf Meinungsäußerung.

"Offensichtlich rennt einiges schief", sagte Pablik in Bezug auf das Thema Flucht und Migration. "Umso mehr der Verdacht besteht, dass etwas schief läuft, umso mehr braucht es NGOs oder auch staatliche Stellen. Es bedarf Diskussionen und Leute, die hinschauen, und die möglicherweise überschießend reagieren."

Versuch, mundtot zu machen

Rosandić und seine Verteidigerin Maria Windhager sahen in der Klage einen Versuch, SOS Balkanroute mundtot zu machen. Das sei eine SLAPP-Klage und mache das Schule, könne man seine Meinung nicht mehr frei äußern, sagten sie PULS 24. Das sei "äußerst problematisch, vor allem für NGOs", so die Anwältin. 

Rosandić sah sich im Recht und rechnete im Vorfeld mit einem "Freispruch, ganz klar". Laut NGO-Gründer gehe es beim Prozess um freie Meinungsäußerung und mittlerweile auch um Pressefreiheit. "Es wurden Journalisten bedroht von ICMPD-Pressesprechern vor dem Prozess", sagte er im Inteview mit PULS 24 und Beweise von Behörden gelöscht. Die Faktenlage sei klar auf der Seite von SOS Balkanroute. 

Verteidigerin Maria Windhager: Gericht wird missbraucht, um einzuschüchtern

"David gegen Goliath"

Die Strategie von ICMPD hätte Wirkung gezeigt. 95 Prozent seiner Mitarbeiter würden ihre Arbeit ehrenamtlich machen. Statt Leben zu retten, müssten sie sich mit der Klage herumschlagen. "Das ist absurd, das sagt schon viel über diese Organisation." Er sieht den Prozess als Kampf Davids gegen Goliath. 

Parallelen zu David gegen Goliath

Generalsekretärin des Presseclub Concordia Daniela Kraus im PULS 24 Interview zum Prozess. 

Presseclub Concordia: Man will Diskurs einschränken

Scharfe Kritik am ICMPD kommt auch vom Presseclub Concordia. Generalsekretärin Daniel Kraus sagt, SOS Balkanroute seien nicht die einzigen gewesen, die das Lager als Gefängnis bezeichnet hätten. Man wolle mit der Klage den öffentlichen Diskurs einschränken. Der Vergleich zum Kampf David gegen Goliath sei durchaus angebracht. Es handle sich klar um eine Einschüchterungsklage

PULS 24 Reporter Paul Batruel war beim Prozess dabei. Für ihn sah es schon zum Prozessstart so aus, als folge der Richter eher der Einschätzung von SOS Balkanroute. 

ribbon Zusammenfassung
  • Die Klage des Internationalen Zentrums für Migrationspolitik (ICMPD) gegen die NGO SOS Balkanroute wurde vom Richter abgewiesen.
  • Als einen Kampf "David gegen Goliath" und einen Versuch, NGOs mundtot zu machen, werteten den Prozess am Wiener Handelsgericht die Angeklagten.
  • ICMPD-Anwältin Ulrike Zeller kündigte an, Berufung einzulegen.