Corona - Bezahltes Orientierungsjahr für Jugendliche gefordert

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Ein Jahr nach dem ersten coronabedingten Lockdown kämpft eine ganze Generation junger Menschen mit den Folgen sozialer Isolation und fehlender Alltagsroutine, wurde am Donnerstag bei einer Pressekonferenz von SOS-Kinderdorf und Rat auf Draht gewarnt. Ganz besonders mache den Jugendlichen auch die Perspektivenlosigkeit am Arbeitsmarkt zu schaffen. Die Organisationen fordern nun ein bezahltes "Orientierungsjahr" für 18- bis 21-Jährige.

Dieses Orientierungsjahr soll eine "finanziell abgesicherte Zeit der Findung" für Jugendliche sein, damit sie wieder "mit Optimismus und Tatendrang in die Zukunft schauen können", sagte Katrin Grabner, Kinderrechtsexpertin bei SOS-Kinderdorf. Das Grundeinkommen, das zwischen 800 und 1.000 Euro betragen soll, wäre dabei an keine Bedingungen gebunden und soll für eine maximale Dauer von einem Jahr beziehbar sein. Während dieser Zeit sollten die Jugendlichen auch krankenversichert sein. Aktuell könnten 400.000 18- bis 21-Jährige von diesem Modell Gebrauch machen.

Der Vorschlag, ein Orientierungsjahr einzuführen, sei eine Reaktion auf den wachsenden Druck auf Jugendliche, sich trotz Corona-Einschränkungen am Arbeitsmarkt beweisen zu müssen, hieß es. "Die Jugendlichen spüren den Leistungsdruck am Arbeitsmarkt und sie spüren, dass das Aufstiegsversprechen, das Ansporn für so viele Generationen vor ihnen war, weggefallen ist", sagte Grabner. Die jungen Menschen benötigten aber eine Perspektive und eine Möglichkeit, sich auszuprobieren: "Wenn ihre Existenz gesichert wäre, könnten die Jugendlichen ohne Druck beruflich in verschiedene Branchen schnuppern, Praktika machen und dann bessere Berufs- und Studium-Entscheidungen treffen", sagte Grabner. Vorbilder seien Länder wie Dänemark oder Irland, in denen sich das Modell bewährt habe, weil es zu weniger Studienabbrüchen und allgemein größerer Zufriedenheit bei der Berufswahl führe.

Direkt spürbar ist der Druck auf Jugendliche auch bei der Hotline Rat auf Draht: Die Zahl der Beratungen rund um das Thema Arbeitslosigkeit sei dort im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent gestiegen, hieß es in der heutigen Pressekonferenz. Generell habe die Dramatik der Themen, die beim Notruf zur Sprache kommen, deutlich zugenommen: "Klassische Teenager-Themen sind mittlerweile in den Hintergrund getreten. Statt über Liebeskummer führen wir Gespräche über Angstzustände und Suizid", sagte Birgit Satke, Leiterin von Rat auf Draht. Die psychische Belastung unter Jugendlichen sei enorm, Angst würde in allen Facetten thematisiert.

Besonders betroffen seien Jugendliche, die schon vor der Corona-Pandemie an psychischen Erkrankungen gelitten haben. "Die Pandemie hat die Probleme verstärkt, oft war das Angebot an Psychotherapie während der Lockdowns eingeschränkt", sagte Satke. Im vergangenen Jahr fanden auf den verschiedenen Plattformen von Rat auf Draht etwa drei Beratungen täglich zum Thema Suizid statt.

ribbon Zusammenfassung
  • Ein Jahr nach dem ersten coronabedingten Lockdown kämpft eine ganze Generation junger Menschen mit den Folgen sozialer Isolation und fehlender Alltagsroutine, wurde am Donnerstag bei einer Pressekonferenz von SOS-Kinderdorf und Rat auf Draht gewarnt.
  • Ganz besonders mache den Jugendlichen auch die Perspektivenlosigkeit am Arbeitsmarkt zu schaffen.
  • Die psychische Belastung unter Jugendlichen sei enorm, Angst würde in allen Facetten thematisiert.

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