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Buntbarsch-Herrscherpaar schont Verwandte auf Kosten anderer

Verwandtschaft mit dem Herrscherpaar bewahrt Dienende bei in Gruppen lebenden Buntbarschen vor allzu großen Arbeitsanforderungen und mindert ihre Strafe bei Ausbleiben von Dienstleistungen, berichtet der österreichische Verhaltensbiologe Michael Taborsky. Nicht verwandte Untergebene sind indes stärkerem Druck vom dominanten Fischpaar ausgesetzt und müssen sich devoter zeigen, um nicht aus dem Revier vertrieben zu werden, wie es im im Fachjournal "iScience" heißt.

Bei den afrikanischen "Prinzessin aus dem Tanganjikasee"-Buntbarschen (Neolamprologus pulcher) schart ein großgewachsenes dominantes Brutpaar kleinere Helfer um sich, die den Nachwuchs versorgen. Dafür gewährt es ihnen den Aufenthalt in einem sicheren Territorium. Die Herrschaften profitieren demnach von den Hilfsleistungen der Untergebenen, und diese vom Schutz in der Gruppe und durch das dominante Paar.

In solchen Buntbarschgruppen leben Söhne, Töchter und weitere Verwandte des herrschaftlichen Paars, aber auch Mitglieder anderer Abstammung. Evolutionstheoretiker meinten, dass Letzteren ein höherer Tribut für den Verbleib auferlegt werden müsste, weil sie sich genetisch vom Brutpaar unterscheiden. Das Überleben der Verwandten in der geschützten Gruppe wäre dem Brutpaar hingegen schon deshalb ein Anliegen, weil sie teils dieselben Gene in sich tragen und somit deren Fortbestand und Verbreitung fördern.

Irene García-Ruiz, eine Doktorandin von Taborsky, manipulierte in Versuchsaquarien am Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern (Schweiz) die Möglichkeiten der Brutpflegehelfer, ihrer Arbeit nachzugehen. Die Forschenden spannten dazu feinmaschige Netze um die Bruthöhlen. Außerdem hinderten sie das Brutpaar phasenweise daran, die fehlende Arbeitsleistung zu ahnden, indem sie durchsichtige Glasröhren über diese Fische stülpten.

Konnten die Untergebenen ihren Frondienst nicht leisten, waren sie gesteigerter Aggressivität des herrschaftlichen Paares ausgesetzt, berichten die Forscher. Gleichzeitig zeigten die Helfer dann ein verstärktes Unterwürfigkeitsverhalten und mieden die Nähe der dominanten Fische. "Die Attacken des Brutpaars hatten zur Folge, dass die untergeordneten Brutpflegehelfer deutlich mehr Eipflege zeigten, wenn sie dazu wieder in der Lage waren", sagte Taborsky zur APA: "Außerdem erhöhten sie ihren Grabungsaufwand in der Bruthöhle, durch den Sand entfernt wird, der die Brut zuschütten könnte."

Verwandtschaft schwächte sowohl die Aggression der Dominanten ab, als auch das dadurch hervorgerufene Vermeidungsverhalten, die Demutsgebärden und die Brutpflegekompensation der Untergebenen. "Dies zeigt, dass die dominanten Buntbarsche von den anderen Gruppenmitgliedern kooperativen Arbeitsaufwand verlangen, diese Anforderung aber geringer ausfällt, wenn sie mit ihnen verwandt sind", so Taborsky: "Sie schonen beim Arbeitszwang also gezielt ihren eigenen Nachwuchs." "Dies ist ganz genau so, wie von der Evolutionstheorie vorhergesagt, aber zuvor noch nicht experimentell bestätigt werden konnte", erklärte Irene Garcia-Ruiz: "Wir deckten also ein komplexes Zusammenspiel von sozialer Kontrolle und durch Verwandtschaft geteilter, genetischer Fitnessinteressen auf, das vermutlich in vielen Sozialverbänden quer durch das Tierreich wirkt."

(S E R V I C E - https://doi.org/10.1016/j.isci.2024.110334)

ribbon Zusammenfassung
  • Verwandte Buntbarsche werden vom dominanten Brutpaar geschont und müssen weniger arbeiten, während nicht verwandte Untergebene stärkerem Druck ausgesetzt sind.
  • Die Experimente von Irene García-Ruiz an der Universität Bern zeigten, dass Untergebene, die ihre Arbeit nicht leisten konnten, gesteigerter Aggressivität vom Brutpaar ausgesetzt waren.
  • Die Studie bestätigt evolutionstheoretische Vorhersagen, dass dominantes Verhalten und Arbeitsanforderungen durch Verwandtschaft beeinflusst werden.