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Bei Wolfsbegegnung groß machen und nicht davonlaufen

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Beim Joggen im Wald, beim Überqueren einer Straße - in den vergangenen Tagen wurden immer wieder Wölfe in Oberösterreich gesichtet. "Das ist nichts Außergewöhnliches und es ist nicht richtig, dass Gefahr damit verbunden ist", stellte Verhaltensbiologe Kurt Kotrschal im APA-Gespräch klar. "Sich groß machen, drohen, unfreundlich sein" - das empfiehlt er, wenn man einen Wolf vergrämen möchte. Allenfalls könne man noch einen Stein oder Ast nach dem Tier werfen.

"Wölfe sind klug, sie gehen kein Risiko ein und lassen sich gut wegscheuchen", ergänzte Kotrschal. Zuallererst sollte man sich aber freuen, dass man einen Wolf sieht - wobei ein tschechischer Wolfshund nur schwer von einem Wolf zu unterscheiden sei, so der Experte. "Meistens beachten sie einen nicht, nur neugierige Jungwölfe betrachten Menschen." Wobei die Tiere sich nicht übertrieben vor Menschen fürchten würden. Kotrschal rät, die Begegnung zu dokumentieren und der Bezirkshauptmannschaft zu melden. Weglaufen sollte man nicht, "das löst bei den Wölfen Interesse aus oder verstärkt es noch". Und: "Bitte nicht das Jausenbrot mit dem Wolf teilen, die Tiere nicht anfüttern, denn das führt dazu, dass sie die Distanz zu den Menschen verlieren und diese Tiere müssen dann abgeschossen werden." Auch dass Jäger Futterplätze für Füchse anlegen sei nicht ideal, wenn die Wölfe zurückkommen.

Von den Wolfsabschuss-Verordnungen einiger Bundesländer hält Kotrschal nichts. Sie würden seiner Meinung nach die bindende Fauna-Flora-Habitat(FFH)-Richtlinie verletzen, den Zugang der Zivilgesellschaft zum Rechtsweg ausschließen und damit gegen die Aarhus-Konvention verstoßen. "Wir sollten uns langsam daran gewöhnen, mit Wölfen zu leben", schlägt der Biologe vor und sieht Rudelbildung und Herdenschutz als probate Mittel dafür. Dazu rät er, "die Wege von Wolf und Mensch getrennt zu halten, sie nicht anzufüttern".

Wölfe seien über weite Distanzen sehr beweglich und würden dabei auch menschliche Verkehrswege benutzen. Zu fürchten brauche man sich vor ihnen im Moment nicht. In den vergangenen 30 bis 40 Jahren lebten in Europa 20.000 Wölfe und 370 Millionen Menschen zusammen, ohne dass es einen von den Tieren verletzten Menschen gegeben hätte, führt Kotrschal an. Das heiße nicht, "dass nichts passieren kann, aber weniger als bei Bären und Wildschweinen". Denn Wölfe könnten schwer von Menschen überrascht werden, "weil sie sehr auf Draht sind". Es seien außerdem drei Voraussetzungen gegeben, dass der Wolf in Österreich kein beutemotiviertes Interesse an Menschen habe: Es gebe genügend Wild in den Wäldern als Nahrung, keine Tollwut und keine Kriegszeiten mit Toten.

ribbon Zusammenfassung
  • In Oberösterreich wurden kürzlich mehrere Wölfe gesichtet; Verhaltensbiologe Kurt Kotrschal sieht darin keine unmittelbare Gefahr und gibt Verhaltenstipps.
  • Kotrschal kritisiert die Wolfsabschuss-Verordnungen einiger Bundesländer als Verstoß gegen die FFH-Richtlinie und Aarhus-Konvention und plädiert für Koexistenz mit Wölfen.
  • Trotz einer Population von 20.000 Wölfen in Europa in den letzten 30 bis 40 Jahren gab es keine Verletzungen durch Wölfe an Menschen, betont Kotrschal.

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