Diverse Barbie PuppenAFP

Barbie: Feministische Ikone oder sexistischer Stereotyp?

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Am 20. Juli startet der Kinofilm "Barbie" in den österreichischen Kinos. Der Hype um die Barbie-Welt war schon lange nicht mehr so groß. Inzwischen wird Barbie, einst verhasster Stereotyp, als feministische Ikone gefeiert. Doch wie feministisch ist Barbie tatsächlich?

Blonde Haare, blaue Augen, lange Beine, schlanke Taille, große Brüste, dünn und weiß - Nur sehr wenige Menschen teilen auf natürliche Weise Barbies Aussehen. Tatsächlich wäre ein Mensch mit Barbies Proportionen stark untergewichtig.

Als erste Puppe, die kein Baby nachahmte, kam die Barbie-Puppe im Jahr 1959 auf den Markt. Sie erntete von Beginn Kritik, besonders wegen ihres Aussehens. Barbie vermittle Kindern falsche Werte, Stereotype und ein unrealistisches Körperideal. Die Darstellung der Barbie sei außerdem übersexualisiert und somit nicht geeignet für Kinder. Darüber hinaus fehlte es lange an Diversität. 

Die 1963 veröffentlichte Babysitter-Barbie hielt sogar ein Buch in der Hand mit der Aufschrift "How to lose Weight". Der Inhalt des Buches war sehr kurz: "Don't eat."

Eine Studie aus dem Jahr 2006 untermauerte die Kritik. Kinder, die mit einer Original-Barbie spielten, hatten weniger Selbstbewusstsein und ein schlechteres Körperbild als Kinder, die nicht mit Barbies spielten. 

Barbie verpackt im GeschäftAPA/AFP/JUSTIN TALLIS

On Wednesdays We Wear Pink

Feminist:innen waren unter den ersten Kritiker:innen der Barbie-Puppe. Sie werde als dummes naives Blondchen dargestellt, das sich nur für ihr Aussehen interessiert und ausschließlich die "Mädchenfarbe" pink trägt.

Dieses Narrativ der oberflächlichen und gern auch bösartigen Blondine wurde besonders in den 2000ern in Film und Fernsehen oft benutzt. "Mean Girls", "High School Musical", aber auch Serien wie "Big Bang Theory" bedienten sich an diesem stereotypischen Frauenbild. Über Promis wie Paris Hilton wurde sich lange lustig gemacht. Auch die berüchtigten sexistischen Blondinenwitze waren lange Zeit beliebt. Barbie spielte also genau in dieses Schema hinein. 

Viele Feminist:innen sehen in Barbie das Abbild des sexistischen Patriarchats. Es lässt sich auch nicht leugnen, dass die Figur stark vom "Male Gaze" (Darstellung der Frau aus der heterosexuellen, männlichen Perspektive) beeinflusst wurde. Lange Zeit galt Barbie also als Feindbild des Feminismus, da sie all die Stereotype über Frauen widerspiegelte, gegen die der Feminismus kämpfte. 

"Du kannst alles sein"

Mit dem Werbeslogan "Du kannst alles sein" kam die Puppe auf den Markt. Dies klingt eigentlich nach einem feministischen Ansatz. Anfangs war Barbies Beruf aber äußerst sterreoptyisch: Sie war Model.

Erst im Laufe der Zeit "erlernte" die Puppe neue Jobs -wohl auch um neue Puppen-Modelle verkaufen zu können. In ihrer Geschichte übte Barbie bereits mehr als 200 Berufe aus - von der Tierärztin bis zur Pilotin. Dabei eroberte Barbie auch viele bis heute männerdominierte Bereiche: Als Präsidentin hat sie einen Job, den in der Realität weder in den USA noch in Österreich je von einer Frau ausgeübt wurde.

In jedem Fall war sie nie abhängig von Langzeit-Boyfriend Ken. Ganz im Gegenteil, zum "Barbie-Spielen" wird Ken nicht benötigt. Barbie ist erfolgreich in allem, was sie tut. Ken spielt nur die Nebenrolle.

Kehrtwende

Wegen vieler Kritik begann Mattel 2015 - 56 Jahre nach Beginn der Erfolgsgeschichte - mit einer breiten Diversitäts-Initiative. Von "curvy" zu "petite" über Latina und asiatisch - Barbie gab es nun in allen Körperformen, Größen, Hautfarben und Ethnizitäten. Nicht zuletzt kamen auch Barbies im Rollstuhl und Barbies mit Down-Syndrom auf den Markt. 

Diverse Barbies, Barbie im RollstuhlAFP

Die positive Wiederentdeckung

In den vergangenen Jahren hat vor allem die queere Community Barbie für sich (wieder)entdeckt. Ken gilt schon lange als "schwule Ikone", da er durch sein modisches Auftreten konservative und toxische Männlichkeitsbilder herausfordert.

Vor allem nehmen sich aber schon seit Jahren viele Dragqueens Barbie als Vorbild für "Hyperfemininity" ("Überweiblichkeit"), als ein überzeichnetes Bild von Weiblichkeit, welches sie gern imitieren. Das beste Beispiel ist Trixie Mattel, eine der erfolgreichsten Dragqueens weltweit, deren Künstlername nicht zufällig an Barbie-Hersteller angelehnt ist.

Darüber hinaus erobert der in der Community beliebte "Hyperpop" inzwischen auch den Mainstream. Hyperpop verschreibt sich der künstlichen Überzeichnung und Übersteigerung von klassischer Popmusik - sowohl musikalisch als auch in der Inszenierung. Zu dieser positiven Wertung von Künstlichkeit passt die Barbiepuppe perfekt. Sängerinnen wie Charli XCX und Kim Petras spielen daher gern mit dem Barbie-Image.

Rapperin Nicki Minaj war hier eine Vorreiterin. Sie inszeniert und bezeichnet sich stets als Barbie, obwohl sie nicht dem klassischen Aussehen der Puppe entspricht. Ein Verweis darauf, dass Barbie zu einer Einstellung fernab der ursprünglichen Geschlechter- und Körperbild-Stereotype geworden ist.

Links Dragqueen Trixie Mattel neben Kollegin KatyaAPA/AFP/Jean-Baptiste LACROIX

Barbie als Werkzeug

Ohne den richtigen Kontext ist es aber schwierig, Barbie als "feministische Ikone" zu bezeichnen. Obwohl die Barbie sich bemüht, mit der Zeit zu gehen, bleibt sie eben doch ein Spiegel der Gesellschaft und des klassischen westlichen Schönheitsideals. Auch wenn es nicht allein Barbies Schuld ist, hat sie dennoch dazu beigetragen, dass Kinder unrealistische Schönheitsideale und gestörte Selbstwahrnehmungen entwickeln. 

Im richtigen Kontext kann Barbie jedoch sehr wohl feministisch sein. Aktuell wird sie von vielen als Werkzeug für die Rückeroberung des stereotypisch Mädchenhaften gesehen, das von der Gesellschaft und dem Patriarchat in einen negativen Kontext gebracht wurde. Eine Vertreterin dieses Vorhabens ist die queere amerikanische TikTokerin Chrissy Chlapecka.

Auch wer aussieht wie eine Barbie, ist nicht automatisch oberflächlich, leicht zu haben oder weniger kompetent, so die Botschaft, die so neu natürlich auch nicht ist. Man erinnere sich an die "Natürlich Blond"-Filme, die Reese Witherspoon zum Durchbruch verhalfen. Statt Geschlechter-Stereotype zu bekämpfen, sollen diese positiv besetzt werden: Egal welches Gender und welche Sexualität, man darf sich für "mädchenhafte" Dinge interessieren ohne verurteilt und abgestempelt zu werden.

Der Barbie-Film 

Dass der Hype um den Barbie-Film nun so groß ist, liegt bestimmt auch an der Regisseurin Greta Gerwig, die bekannt ist für die feministische Perspektive in ihren Filmen. Die Erwartungshaltung ist also groß. Auch wenn die Besetzung größtenteils sehr divers ist, mit Margot Robbie als Barbie und Ryan Gosling als Ken, entsprechen die beiden Hauptdarsteller:innen dann doch dem weißen, schlanken, westlichen Schönheitsideal. 

Ob der Film also wirklich ein bahnbrechendes feministisches Spektakel ist, muss sich im Kino erst noch zeigen. Österreich-Kinostart ist am 20. Juli.

Ryan Gosling und Margot Robbie bei der Barbie PremiereAPA/AFP/JUSTIN TALLIS
ribbon Zusammenfassung
  • Am 20. Juli startet der Kinofilm "Barbie" in den österreichischen Kinos. Der Hype um die Barbie-Welt war schon lange nicht mehr so groß.
  • Inzwischen wird Barbie, einst verhasster Stereotyp, als feministische Ikone gefeiert. Doch wie feministisch ist Barbie tatsächlich?
  • Die Barbie-Puppe erntete von Beginn an Kritik, besonders wegen ihres Aussehens. Seitdem versucht Hersteller Mattel auch andere Körpertypen darzustellen.
  • Auch die queere Szene hat die Barbie für sich positiv entdeckt: als weiblicher Stereotyp, der bekräftigt anstatt bekämpft wird.
  • Auch vom Film erhoffen sich viele ein feministisches Spektakel. Ob Regisseurin Greta Gerwig das abliefern kann, muss sich zeigen.