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27-Jährige in Wien erstickt - Lebenslang für Angeklagten

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Weil er seine Freundin Birgit H. in der Nacht auf den 23. Jänner 2020 in ihrer Wohnung in der Arnoldgasse in Wien-Floridsdorf mit bloßen Händen getötet haben soll, ist am Freitag ein 38-Jähriger von einem Geschworenengericht zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der Angeklagte bestritt in dem Indizienprozess stets das Tötungsdelikt und behauptete, die 27-Jährige wäre von ihrem "väterlichen" Freund getötet worden. Dieser Umstand wurde als erschwerend gewertet.

Der bisher unbescholtene Angeklagte hatte bei dem Prozess immer wieder versucht, diesem väterlichen Freund den Mord in die Schuhe zu schieben und diesen verleumdet. Der Beschuldigte meldete nach der Verurteilung zu lebenslanger Haft umgehend volle Berufung an, somit ist das Urteil nicht rechtskräftig. Am letzten Verhandlungstag kam u.a. ein Gutachter zu Wort, der das genaue Bewegungsprofil des Beschuldigten mittels GPS seines Handys aufzeichnen konnte.

Wenige Stunden vor ihrem Ableben besuchte die junge Frau mit dem Angeklagten eine Shisha-Bar, wo die beiden reichlich Alkohol konsumierten. Laut Anklage begaben sie sich dann weit nach Mitternacht in ihre Wohnung, wo der 38-Jährige sie mit einem gezielten Angriff gegen den Hals und mit Hilfe eines Kopfpolsters erstickt haben soll. Die Leiche wurde erst fünf Tage später entdeckt. Angehörige hatten Alarm geschlagen, weil sie von Birgit H. länger nichts mehr gehört hatten.

In weiterer Folge wurde ihr Freund, mit dem sie eine On/Off-Beziehung geführt hatte, als dringend tatverdächtig festgenommen. In seiner Wohnung in Ottakring war man im Zuge einer Hausdurchsuchung im Kleiderkasten auf das Mobiltelefon und die Bankomatkarte der Getöteten gestoßen. Mit der Karte hatte der 38-Jährige noch in der Tatnacht an einem Bankomaten in der Nähe der Wohnung des Opfers 220 Euro behoben. Außerdem wurden mit dem Handy der Frau Textnachrichten verschickt, die der Anklage zufolge der 38-Jährige nach ihrem Ableben abgesetzt haben soll, um den Verdacht von sich in eine andere Richtung zu lenken.

Mithilfe seiner Verteidiger Astrid Wagner und Wolfgang Blaschitz beteuerte der Angeklagte bereits bei Prozessbeginn im August vor einem Schwurgericht (Vorsitz: Christina Salzborn), er habe mit der Bluttat nichts zu tun. Er sei nach dem Bar-Besuch mit Birgit H. in ihre Wohnung gegangen: "Sie wollte Sex haben." Nachdem das erledigt war, habe sie Hunger bekommen. Man sei daher zu einer Tankstelle gegangen und habe Toast und Wurstsemmeln gekauft: "Sie wollte immer was essen." Während sie eine Semmel verzehrte, habe er auf ihren Wunsch mit ihrer Bankomatkarte Bargeld für ein Eishockeymatch besorgt, das man am folgenden Wochenende besuchen habe wollen. Gegen 4.30 Uhr sei er dann nach Hause gefahren: "Sie wollte immer solo schlafen." Er habe in den folgenden Tagen noch Nachrichten von ihr erhalten - laut Anklage soll der 38-Jährige diese vom fremdem Handy aus selbst fabriziert haben - , "aber am Samstag war es komplett aus". Als er vom gewaltsamen Tod der 27-Jährigen erfuhr, "hat mein Hirn komplett ausg'setzt. Es war komplette Leere."

Er habe Birgit H. zwar nicht geliebt, weshalb er nichts gegen die von ihr erwünschte offene Beziehung gehabt hätte. Aber sie habe ihm viel bedeutet. "Liebe war's für mich nicht", erläuterte der Angeklagte, "ich hätte mit ihrem Partymachen und ihren Alko-Räuschen nicht leben können. Ich war nicht verliebt in sie. Es war eine Affäre. Spaß. Fortgehen." Eifersüchtig sei er grundsätzlich nur, "wenn ich eine Frau wirklich liebe. Sonst is' es ma wurscht."

Für ihn stehe fest, dass der väterliche Freund der 27-Jährigen das Verbrechen begangen habe: "Er hat immer etwas gegen unsere Beziehung gehabt. Es war von der ersten Begegnung an Hass gegen mich." Der Mann habe ihm auch das Handy und die Bankomatkarte der Getöteten untergejubelt, um ihm dem Mord in die Schuhe zu schieben. Der Andere habe sich Zutritt in seine Wohnung verschafft und die Gegenstände dort deponiert, behauptete der 38-Jährige.

"Ich bin überzeugt davon, dass er es war", betonte der Angeklagte. Der Mann habe "immer wieder" Streit mit Birgit H. gehabt: "Sie wollte mit ihm keinen intimen Kontakt, weil er doch etwas fülliger ist und sein Geruch schlecht ist."

Im Ermittlungsverfahren fanden sich aus Sicht der Strafverfolgungsbehörden keine Hinweise, die für eine Täterschaft des väterlichen Freundes sprechen, der als Zeuge am ersten Tag der Hauptverhandlung geladen war und die Unterstellungen zurückwies. Der 50-Jährige räumte jedoch ein, er sei nicht gut auf den um zwölf Jahre jüngeren Mann zu sprechen gewesen. Für ihn sei nämlich die um 23 Jahre jüngere Frau "eigentlich die Frau meines Lebens gewesen", gab er zu Protokoll. An der Leiche wurden auch keine DNA-Spuren des Mannes gefunden, dafür an mehreren Stellen - darunter am Hals - biologische Spuren des Angeklagten.

ribbon Zusammenfassung
  • Der bisher unbescholtene Angeklagte hatte bei dem Prozess immer wieder versucht, diesem väterlichen Freund den Mord in die Schuhe zu schieben und diesen verleumdet.

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