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1.000 Verletzte jedes Jahr bei Silvesterfeuerwerken

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Rund 1.000 Menschen verletzen sich österreichweit jedes Jahr in der Silvesternacht bei Feuerwerksunfällen, die Feinstaubwerte schnellen in die Höhe, teils werden giftige Metallverbindungen frei, Tiere erschrecken und laufen Gefahr, sich an dem zu Boden gefallenen Abfall zu verletzen oder ihn zu fressen. Daher appellierte der oö. Umweltlandesrat Stefan Kaineder (Grüne) am Donnerstag mit Vertretern von Polizei, Landwirtschaft und Jagd zur Zurückhaltung.

Prinzipiell darf im Ortsgebiet kein Feuerwerk gezündet werden, außer es liegt eine Ausnahmegenehmigung des Bürgermeisters vor. Es gebe aber keine Gemeinde in Oberösterreich, die das freigebe, erklärte Markus Kreilmeier, Sprengstoffexperte der Landespolizeidirektion Oberösterreich. Nur für organisierte Veranstaltungen werde manchmal ein Feuerwerk per Bescheid erlaubt.

Bei der Einhaltung dieser Regeln ist allerdings noch massiv Luft nach oben, wie jedes Jahr in der Silvesternacht offensichtlich wird. Auch was die Qualität der Böller anbelangt, gibt es Defizite: Eigentlich dürften Privatpersonen nur Böller der Kategorien F1 und F2 abschießen und es dürften nur CE-zertifizierte Produkte im Umlauf sein. Aber die Realität sehe oft anders aus, vor allem bei Pyrotechnik, die im Ausland, meist in Tschechien, gekauft wird. Viele Leute würden glauben, in Tschechien gekaufte Ware sei ein europäisches Produkt, so Kreilmeier, "aber 97 Prozent der weltweiten Produktion stammt aus Indien und China".

"Wir haben schon Produkte sichergestellt mit 200 Gramm Nettoexplosivmasse. Das ist auf eineinhalb Meter tödlich", berichtete der Polizist. Zum Vergleich: Ein legaler F2-Knaller beinhaltet knapp fünf Gramm. Jedes Jahr würden kiloweise Sprengmittel sichergestellt. Alleine im Bezirk Urfahr-Umgebung seien rund um den letzten Jahreswechsel Knallkörper mit einer Nettoexplosivmasse von insgesamt 90 Kilo - "das entspricht 30 Kilo Sprengstoff" - sichergestellt worden. Viele Leute seien sich der Gefahr gar nicht bewusst und würden die Pyrotechnik unbekümmert mit dem Auto transportieren, "ein paar Kilo Schwarzpulver direkt neben dem Motor".

Aber auch abseits der Verletzungsgefahr ist die Knallerei der Gesundheit nicht zuträglich: In den Städten erreiche die Feinstaub- und Schwermetallkonzentration das Zehn- bis 15-fache des Normalwerts, schilderte Regina Pürmayr, Leiterin der Gruppe Luftgüte und Klimaschutz beim Land Oberösterreich. Laut Analysen des Umweltbundesamts verursacht die Silvesterknallerei im langjährigen Schnitt ein Zehntel der Feinstaubemissionen des Straßenverkehrs. Da sehr oft nicht-CE-zertifizierte Böller gezündet werden, würden auch - laut EU-Norm nicht zugelassene - Verbindungen mit Strontium, Chrom, Blei oder Quecksilber frei, die für die bunten Farben der Pyrotechnik sorgen. Pürmayr rät, stattdessen auf Licht- und Lasereffekte auszuweichen.

Die Feinstaubkonzentration steige zu Silvester regelmäßig ab etwa 18.00 Uhr an, erreiche kurz nach Mitternacht den Höhepunkt und lege sich dann in der Früh, so Pürmayr. Danach lande der "gesundheitsschädliche Feinstaub zum Großteil auf den Äckern und Wiesen", sagte Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Waldenberger. Zudem bleibe auf den Flächen viel Abfall von herunterfallenden Feuerwerkskörpern zurück. Diese Plastikteile, manche davon scharfkantig, gelangen leicht ins Tierfutter und können im Verdauungstrakt schwere Verletzungen und innere Blutungen verursachen. Die Bauern würden daher meist nach Jahreswechsel über ihre Felder zum Einsammeln gehen müssen.

Nutz- und Wildtiere würden einem Lärmpegel von bis zu 170 Dezibel ausgesetzt. Das Wild reagiere häufig mit großer Stressbelastung, was im Winter, wo der Kreislauf auf Sparflamme läuft, viel Energie koste, schilderte Christopher Böck, Geschäftsführer des oö. Landesjagdverbandes. Er berichtet auch von verletzten Tieren: So gebe es immer wieder Fälle, in denen Kitze oder Hasen beispielsweise auf einen Plastikring treten und ihn über ihre Läufe bekommen, was mit fortschreitendem Wachstum Probleme machen kann - "bis hin zum Abfallen von Gliedmaßen".

Kaineder betonte, man wolle niemandem den Spaß am Silvesterfeiern verderben. Aber vielleicht könne man, wenn man auf ein Feuerwerk nicht verzichten will, auf ein öffentliches ausweichen.

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  • Prinzipiell darf im Ortsgebiet kein Feuerwerk gezündet werden, außer es liegt eine Ausnahmegenehmigung des Bürgermeisters vor.

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