Virologe warnt wegen Delta-Variante: Länder sollten auch auf PCR-Tests setzen

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Die Infektionszahlen steigen, schuld daran ist vor allem die Delta-Variante. Virologe Norbert Nowotny würde sich deshalb mehr PCR-Tests wünschen. Diese kommen aber hauptsächlich in Wien zum Einsatz, das Land hinkt hinterher.

218 Neuinfektionen verzeichnete Österreich in den vergangenen 24 Stunden, so viel wie seit Mitte Juni nicht mehr. Seit vergangener Woche steigen die Zahlen wieder stetig an. "Es war klar, das haben alle Experten vorhergesagt", sagt dazu Virologe Norbert Nowotny im PULS 24 Interview. 

Diese Entwicklung hätte man schon in Großbritannien und in den Niederlanden vorhersehen können. Beinahe 100 Prozent der Neuinfektionen seien in Großbritannien auf die ansteckendere Delta-Variante zurückzuführen. Das sei auch für Kontinentaleuropa zu erwarten. In Österreich macht die Delta-Variante derzeit rund 60 Prozent der Infektionen aus. 

"Müssen Zahlen genau beobachten"

Neben den Öffnungsschritten sieht Nowotny die Schuld an den steigenden Zahlen vor allem im geringen Impffortschritt und in den Antigen-Schnelltests. "Die 3-Gs sind kein 100-prozentiger Schutz", sagt Nowotny. Nur Menschen mit zwei Impfungen seien zu 90 Prozent geschützt. Genesene, die leichte Symptome hatte, seien wenig immun und die Antigentests hätten einen "höheren Unsicherheitsfaktor". Antigentests würden gleichzeitig gut angenommen werden, PCR-Tests hingegen wären empfindlicher und würden Infektionen schneller erkennen. "Wir müssen die Zahlen extrem genau beobachten", warnt der Virologe.

Wien führt bei PCR-Tests

Das Problem dabei ist, dass der Zugang zu PCR-Tests nicht in allen Bundesländern gleich ist. Rund 91 Prozent aller PCR-Tests in den vergangenen zwei Wochen und 57 Prozent aller PCR-Tests überhaupt wurden in Wien durchgeführt. Das liegt wohl vor allem an der Aktion "Alles Gurgelt" der Stadt, die in den Bundesländern wegen fehlender Labore schwerer durchzuführen wäre. PCR-Tests sind dort kostenpflichtig oder werden erst nach einem positiven Antigentest durchgeführt.

Am wenigsten PCR-Tests wurden in den vergangenen Wochen in Vorarlberg (0,15 Prozent) und in Kärnten (0,27 Prozent) durchgeführt. Bei den Antigentests wurden im selben Zeitraum die meisten in Niederösterreich (22,77 Prozent) und Oberösterreich (21,67 Prozent) durchgeführt. Kärnten, das Burgenland und Vorarlberg sind auch hier die Schlusslichter - haben aber auch weniger Einwohner. 

"Wer vor allem auf Antigen-Schnelltests setzt, erkennt Infektionsfälle nicht so frühzeitig wie jene, die vor allem auf PCR setzen", heißt es dazu aus dem Büro von Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Antigentests würden erst bei höherer Infektiosität anschlagen, was bedeute, dass Betroffene eine Zeit lang andere Menschen anstecken könnten, weil sie länger unerkannt bleiben.

"Im schlimmsten Fall bleiben sie - bei ungünstigem Timing - völlig unerkannt", teilt ein Sprecher von Hacker mit. Man könne also davon ausgehen, dass die Delta-Anteile und die Infektionszahlen eigentlich höher seien als sie in den Statistiken aufscheinen.

Virologe: "Kann mir weitere Lockerungen nicht vorstellen"

Virologe Nowotny findet es gut, dass Wien bei den Lockerungen "auf der sicheren Seite" sei. Am Land sei das Contact Tracing einfacher und man könne einzelne Ortschaften leichter abriegeln. Er fordert aber auch, dass das Land mehr auf PCR-Tests setzen und sich Strategien überlegen sollte. Vor allem für Reiserückkehrer sei ein PCR-Tests zu empfehlen. Dass am 22. Juli, wie von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) weiterhin angekündigt, weiter gelockert werde, kann sich Nowotny derzeit nicht vorstellen.

ribbon Zusammenfassung
  • 218 Neuinfektionen verzeichnete Österreich in den vergangenen 24 Stunden, so viel wie seit Mitte Juni nicht mehr.
  • Neben den Öffnungsschritten sieht Virologe Norbert Nowotny die Schuld an den steigenden Zahlen vor allem im geringen Impffortschritt und in den Antigen-Schnelltests.
  • "Die 3-Gs sind kein 100-prozentiger Schutz", sagt Nowotny.
  • PCR-Tests hingegen wären empfindlicher und würden Infektionen schneller erkennen.
  • Das Problem dabei ist, dass der Zugang zu PCR-Tests nicht in allen Bundesländern gleich ist. Rund 91 Prozent aller PCR-Tests in den vergangenen zwei Wochen und 57 Prozent aller PCR-Tests überhaupt wurden in Wien durchgeführt.
  • Das liegt wohl vor allem an der Aktion "Alles Gurgelt" der Stadt, die in den Bundesländern wegen fehlender Labore schwerer durchzuführen wäre. PCR-Tests sind dort kostenpflichtig oder werden erst nach einem positiven Antigentest durchgeführt.

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