Strengere Maskenpflicht in Wien: Handel dagegen, Experten dafür

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Während der Bund lockert, bleibt Wien bei strengeren Corona-Maßnahmen. Die Maskenpflicht wird auch nach dem 22. Juli beibehalten. Sofort folgte Kritik des Handels und Lob aus der Wissenschaft.

Während der Bund lockert, wird gleichzeitig wieder über strengere Maßnahmen nachgedacht. Dazu wurde am heutigen Mittwoch eine Verordnung erlassen, die eine noch gar nicht geltende Verordnung ändert. Es geht darum, dass auf Zeltfesten im Gegensatz zur Nachtgastronomie nicht die 2G-Regel zur Anwendung kommt, man also Alternativen zu Impfung und PCR-Test hat.

Freilich ist auch nicht ganz auszuschließen, dass demnächst überall wieder striktere Regeln gelten. Denn am Donnerstag tritt die Taskforce bestehend aus Vertretern diverser Ministerien und des Bundesländer-Vorsitzlandes Tirol zusammen. Speziell das Gesundheitsressort drängt darauf, bei Reise-Rückkehrern, deren Anteil bei den Infektionen im Steigen begriffen ist, Regeln wie eine PCR-Test-Pflicht einzuziehen. 

Wien bleibt bei Maskenpflicht

Die Hauptstadt geht indes einen Sonderweg, obwohl der Bund lockert. "Der konsequente Weg der Schutzmaßnahmen für die Gesundheit der Wiener Bevölkerung wird auch nach dem 22. Juli fortgesetzt", teilte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) mit. Zu tragen sind Masken weiterhin in Kundenbereichen von Betriebsstätten (außer körpernahe Dienstleister, Anm.), also etwa in Geschäften. Die Bundesverordnung schreibt dies nur mehr beim Kauf von Gütern des täglichen Bedarfs vor. 

Grund für die strengeren Maßnahmen ist die hoch ansteckende Delta-Variante, die bereits für einen Großteil der Neuinfektionen in Österreich verantwortlich ist. 

Auch bei Indoor-Veranstaltungen

Die Verordnung beinhaltet auch die Maskenpflicht bei Indoor-Zusammenkünften, Kulturveranstaltungen. Auch Museen, Kunsthallen, Bibliotheken, Archive, Theater, Konzertsäle oder -arenen sind ausdrücklich erwähnt. Für "Einrichtungen zur Religionsausübung" gilt die neue Verordnung ebenfalls.

"Zu hohe Zahlen haben Auswirkungen auf den Wiener Wirtschaftsstandort und würden sich damit negativ auch auf die Beschäftigungszahlen auswirken", sagte Ludwig. Die PCR-Test-Aktion "Alles gurgelt" wird weiter jeder Wienerin und jedem Wiener gratis zur Verfügung stehen. "Das regelmäßige Testen bewirkt, dass frühzeitig Fälle erkannt und rechtzeitig isoliert werden können. Mittlerweile folgen unserem Beispiel viele Länder und Städte im In- und Ausland", hob Ludwig hervor.

Auch das Impfangebot - das von Impfstraße und Container bis zu Booten auf der Alten Donau reiche - werde sukzessive ausgebaut. Zugleich würden auch die regelmäßigen Kontrollmaßnahmen in der Nachtgastronomie weiter fortgesetzt, hieß es.

Handelsverbands-Chef Rainer Will kritisiert Maskenpflicht

Rainer Will, der Geschäftsführer des Handelsverbandes, kritisiert nicht nur die Sonderregelung für Wien sondern auch, wie kurzfristig die Nachricht wieder kam. 

Handel übt Kritik

Kritik kam nach Bekanntgabe der fortgesetzten Maskenpflicht vom Handelsverband. Die für Donnerstag vom Bund angekündigte Aufhebung sei für die Handelsangestellten eine "lang herbeigesehnte Erleichterung" gerade bei hochsommerlichen Temperaturen gewesen. Nun gehe Wien einen Sonderweg, bei dem auch wirtschaftliche Kollateralschäden verursacht würden. "Das ist sehr bedauerlich", beklagte Rainer Will, der Geschäftsführer des Handelsverbandes, in einer Aussendung.

"Kein Corona-Hotspot"

Der Handel sei kein Corona-Hotspot, versicherte er. Man gehe nun davon aus, dass viele Kundinnen und Kunden auf Einkaufsmöglichkeiten außerhalb Wiens ausweichen würden. Empfindlichen Umsatzeinbußen für den Handel würden die Folge sein, warnte Will. Ähnliches prognostizierte auch Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp. In der Shopping City Süd in Vösendorf höre man schon die Sektkorken bis nach Wien knallen, befand er.

Aerosolphysikerin Weinzierl: Maskenpflicht "eine sehr gute Entscheidung"

Bernadett Weinzierl, Professorin für Aerosolphysik an der Universität Wien, befürwortet die Maskenpflicht.

Wiederkehr: Lockerungen geben "falsche Illusion"

Mit dem Wiener Sonderweg der strengeren Corona-Maßnahmen zeigt sich Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) einverstanden. "Mich hat gewundert, wie schnell die Bundesregierung die Pandemie abschaffen wollte" Dabei sei klar, dass man mit dieser auch im Herbst noch intensiv beschäftigt sein werde. Man wolle Lockdowns und Schulschließungen verhindern. Darum halte er es für sinnvoll, dass etwa Kinder und Jugendliche weiter getestet würden.

 Auch dass Wien die Masken im Handel weiter vorschreibt, erachtet er als wichtig. "Ich halte nichts davon, Regeln zu schaffen, die sich so schnell verändern, obwohl man weiß, dass der Herbst wieder schwierig wird." Er sei dafür, Maßnahmen konsequent und kontinuierlich zu setzen als eine falsche Illusion zu geben - "nämlich, dass die Pandemie vorbei ist". Wobei Wiederkehr lobend hervorstrich, dass Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) die Wiener Maßnahmen zuletzt gutgeheißen hat.

ribbon Zusammenfassung
  • Während der Bund lockert, will Wien bei strengeren Maßnahmen bleiben. Die Maskenpflicht wird auch nach dem 22. Juli beibehalten, gab die Stadt am Dienstag bekannt.
  • Nach seinen Beratungen mit Experten will Wiens Bürgermeister Michael Ludwig die Maskenpflicht in der Bundeshauptstadt auch nach dem 22. Juli beibehalten. Das gab er am Dienstag bekannt.
  • "Der konsequente Weg der Schutzmassnahmen für die Gesundheit der Wiener Bevölkerung wird auch nach dem 22. Juli fortgesetzt", teilte er unter anderem auf Twitter mit.
  • Grund für die strengeren Maßnahmen ist die hoch ansteckende Delta-Variante, die bereits für einen Großteil der Neuinfektionen in Österreich verantwortlich ist.
  • Die Verordnung beinhaltet auch die Maskenpflicht bei Indoor-Zusammenkünften, Kulturveranstaltungen. Auch im Kino muss der Schutz weiter getragen werden. 
  • Kritik kam nach Bekanntgabe der fortgesetzten Maskenpflicht vom Handelsverband. Der Handel sei kein Corona-Hotspot, versicherte Rainer Will, der Geschäftsführer des Handelsverbandes.

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