KitzbühelAPA/EXPA/JOHANN GRODER

Aufregung um Kitzbüheler Bauvorhaben - Misstrauen gegen Investoren

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In Kitzbühel herrscht Aufregung um ein Bauvorhaben. Die Eigentümer der "Kitz Galleria" wollen ein Bürogebäude errichten - und eine Brücke bauen. Die Opposition ist dagegen und sagt den möglichen Investoren dubiose Verbindungen nach. Im PULS 24 Gespräch wollen diese Klarheit schaffen.

Gründe in der Tiroler Gamsstadt sind heiß begehrt und teuer. Nun soll eine der letzten freien Flächen im Zentrum bebaut werden. Dieses Mal geht es gar nicht um Luxusimmobilien für Zweitwohnsitzer. Dennoch herrscht helle Aufregung. Es soll eine Tiefgarage mit Gewerbemix entstehen. Auf die Schotterfläche "Im Gries", die noch der Stadt gehört und momentan als Parkplatz genutzt wird, könnten Büros und Gastronomie gebaut werden.

Die Stadt will das 3.000 Quadratmeter große Grundstück schon seit Jahrzehnten verbauen. Seit gut einem Jahr liegen recht konkrete Pläne vor: Das Areal soll für 100 Jahre im Baurecht überlassen werden. Die möglichen Investoren boten sogar ein Verkehrskonzept mit einer neuen Brücke über die Ache mit an. Die Kosten dafür sollten im Baurechtszins berücksichtigt werden. Die möglichen Investoren wollen um rund 40 Millionen Euro bauen.

Misstrauen gegenüber Investoren

Doch nun soll plötzlich alles gar nicht mehr so fix sein. Die Opposition meint, man brauche das geplante Gebäude nicht, Verkehrsprojekte könne man selbst umsetzen  - und misstraut den möglichen Investoren, sagt ihnen dubiose Verbindungen nach.

Bürgermeister Klaus Winkler (ÖVP), der mit der FPÖ regiert, spricht plötzlich von einem "ergebnisoffenen Prozess" und will sich noch nicht festgelegt haben. Die möglichen Investoren wolle er jetzt auch überprüfen. Die Opposition glaubt ihm nicht. 

Die geplante Anbindung an die BundesstraßeT&F, Trade & Finance GmbH

Die geplante Anbindung an die Bundesstraße (B161)

Vergeben werden könnte das Projekt an die Firma T&F, die Trade & Finance GmbH, eine Gesellschaft mit Sitz in Wien. Sie gehört der M.T.F.C. Investitionsprojektentwicklungs-GmbH mit Sitz an der gleichen Adresse in Wien, die auf die Familie Tolstunov, Einwanderer aus Kirgistan, verteilt ist. Ein Vertreter von T&F durfte die Pläne sogar schon im Gemeinderat vorstellen und seit Kurzem gibt es eine Website, auf der das Projekt präsentiert wird.

Priester als Geschäftsführer

Geschäftsführer sind die Brüder Sergei Tolstunov und Vasilij Tolstunov, letzterer ist russisch-orthodoxer Priester in Graz und Wien.

In Medien kursierten Berichte, die den Brüdern Geschäftsbeziehungen zum ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtasch nachsagen, gegen den in Österreich ein Auslieferungsverfahren an die USA läuft. Ihm werden in den USA und in der Ukraine Wirtschaftsverbrechen vorgeworfen, die Firtasch aber bestreitet. 

Die Brüder Tolstunov sind über die Wiener T&F Agriculture GmbH die Eigentümer des ukrainischen Düngemittelhändlers Nika Agrotrade. Diese soll Produkte von Firtaschs Ostchem-Gruppe vertrieben haben. 

Fragwürdige Geschäftspartner

Außerdem tauchten Fragen rund um die T&F Real Estate GmbH auf, die mehrheitlich der Trade & Finance GmbH gehört. An der T&F Real Estate GmbH sind mit je rund fünf Prozent auch zwei Herren beteiligt, denen im Zusammenhang mit dem Flughafen Manas in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek Korruption und Schmuggel vorgeworfen werden. Einer davon wurde laut eines Medienberichts 2021 sogar festgenommen.

Bau und Vertrieb des Cargo- und Cateringterminals am Flughafen Manas nannte die T&F GmbH im Gemeinderat in Kitzbühel im Oktober auch als Referenzprojekt. 

Stadtrat Andreas Fuchs-Martschitz, Chef der Liste "UK-Unabhängige Kitzbüheler:innen" ist das "suspekt". Er spricht gegenüber PULS 24 von einem "undurchsichtigen Firmengeflecht". Dem Bürgermeister Klaus Winkler wirft er vor, "nicht gewissenhaft" zu sein, wenn es um das Geld der Stadt geht. Seit gut einem Jahr werde das Projekt verfolgt und der Bürgermeister habe "nicht die seichteste Recherche" zu den möglichen Investoren angestellt, so Fuchs-Martschitz. 

Opposition droht mit Demo

Das Projekt sei laut dem Oppositionspolitiker aber auch aus ästhetischen Gründen "nicht realisierbar". Ein Verkehrskonzept könne man auch ohne Bebauung der Parkplatzes  "selber machen", dafür brauche es keine Investoren, meint er. Er wirft dem Bürgermeister vor, das Projekt "durchdrücken" zu wollen, ist aber überzeugt, es stoppen zu können. "Notfalls durch Mobilisierung der Bevölkerung", wie er sagt. 

Der mögliche Investor hingegen ist überzeugt, auch "einen Großteil Skeptiker" noch umstimmen zu können. Im Gespräch mit PULS 24 versucht Vassili Tolstunov, Gesellschafter bei T&F, Sohn von Sergei und Neffe des Priesters, Klarheit zu schaffen. 

Vassili Tolstunov war es auch, der das Vorhaben im Gemeinderat präsentierte - und er ist in Kitzbühel auch sonst kein ganz Unbekannter mehr. Er übernahm im Vorjahr das Einkaufszentrum "Kitz Galleria", das direkt oberhalb des Parkplatzes "Im Gries" liegt. 

Wie er PULS 24 schildert, soll die Tiefgarage geparkte Autos aus dem öffentlichen Raum bringen und über das neue Gebäude soll ein barrierefreier Zugang vom jetzigen Parkplatz zur Fußgängerzone ermöglicht werden. Für Kitzbühels Zentrum soll das Projekt eine Verkehrsentlastung bringen. 

Investor um Aufklärung bemüht

Den Vorwurf, Teil einer 'undurchsichtigen Firmenkonstruktion' zu sein, weist er zurück. Die M.T.F.C. Investitionsprojektentwicklungs-GmbH habe sechs Gesellschafter, die alle Familienmitglieder seien. Es gibt verschiedene Untergesellschaften für verschiedene Geschäftsbereiche.

Der 37-Jährige betont, dass er im Alter von sechs Jahren nach Österreich gekommen sei. Gegründet wurde die Gruppe von seinem Vater und seinem Onkel - letzterer sei seit 15 Jahren Priester und habe operativ mit dem Geschäft nichts mehr zu tun.

Auch der Priester selbst erklärt gegenüber PULS 24, dass in die Kirche in Wien, auch wenn sie am Grund der russischen Botschaft stehe, Menschen aus allen möglichen Ländern kommen können. Er selbst bekomme kein Geld aus Russland - er gehe auch deswegen einer "weltlichen Arbeit" nach, habe aber "keinen Einfluss mehr auf die Entscheidungsfindung in kommerziellen Fragen". Er würde sich auf wohltätige Projekte konzentrieren und ist etwa als Seelsorger im St. Anna Kinderspital tätig.

Wirtschaftliches Potenzial in Kitz

Laut seinem Neffen ließen sich auch die Geschäftsbeziehungen zum Unternehmen von Oligarch Firtasch leicht erklären - um Unternehmen aus seinem Einflussbereich komme man schlicht nicht herum, wenn man in der Ukraine mit Düngemitteln handelt, erklärt er sinngemäß. Er spricht von "marktüblichem Vorgehen". Er habe zu Firtasch keinen Kontakt.

Die beiden Herren vom Flughafen in Bischkek seien Minderheitsbeteiligte bei der T&F Real Estate GmbH, die derzeit nicht aktiv sei. Man betont, dass Unternehmen der Gruppe die Opfer der windigen Geschäfte der beiden Herren gewesen seien. Der Schaden betrage rund 1,5 Millionen Dollar. Man arbeite "mit allen juristischen Mitteln daran, (...) die gesellschaftsrechtliche Verbindung zu den beiden Herren zu lösen". 

Vassili Tolstunov betont, dass seine Gruppe international mehr als 500 Mitarbeiter:innen habe und weder gegen T&F noch gegen ihre Gesellschafter je ermittelt worden sei. Er betreibe außerdem einen Verein zur Hilfe für in Not geratene Menschen in der Ukraine und in Österreich und besitzt - nach eigenen Angaben - Osteuropas größtes Shoppingzentrum -das Respublika Park in Kiew. Die dort tätige Untergesellschaft TRAFIN feierte ihr zehnjähriges Bestehen im Juni im österreichischen Parlament. 

In Kitzbühel wittert der Immobilieninvestor "großes wirtschaftliches Potenzial". Er habe mit Widerstand gerechnet - sei vom Ausmaß nun aber doch "überrascht". Er hofft aber, dass es im Frühjahr zu einem "Verständnis" kommen kann.

"Ergebnisoffene Verhandlungen"

Der Gemeinderat in Kitzbühel hat unterdessen mit 12 Stimmen gegen sieben Enthaltungen für "ergebnisoffene Verhandlungen" gestimmt. Bürgermeister Klaus Winkler (ÖVP) klang nun gegenüber PULS 24 aber wieder etwas zurückhaltender. "Zum heutigen Zeitpunkt ist keine Aussage zu treffen, welches Gebäude bzw. ob überhaupt ein Gebäude errichtbar ist, genauso wenig bekannt ist derzeit, wie die Nutzung eines möglichen Gebäudes sein wird".

"In weiterer Folge wird man sich so dann mit dem Projektanten und allfälligen Modalitäten auseinandersetzten", heißt es aus seinem Büro. Ein Zeitfenster liege nicht vor.

ribbon Zusammenfassung
  • In Kitzbühel herrscht Aufregung um ein Bauvorhaben. Die Eigentümer der "Kitz Galleria" wollen ein Bürogebäude errichten - und eine Brücke bauen.
  • Auf die Schotterfläche "Im Gries", die noch der Stadt gehört und momentan als Parkplatz genutzt wird, könnten Büros und Gastronomie gebaut werden.
  • Den Investoren werden dubiose Verbindungen nachgesagt - in der Ukraine und in Kirgistan.
  • Im PULS 24 Gespräch will Immobilieninvestor Vassili Tolstunov von der Trade & Finance GmbH Klarheit schaffen.

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