APA/EVA MANHART

"Riesendämpfer" zum EM-Auftakt - und nun wartet Deutschland

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Die Enttäuschung im Lager der österreichischen Handballer war am Freitag greifbar. Das 31:36 gegen Polen zum EM-Auftakt ließ die Vorfreude verpuffen und den anvisierten Hauptrundenaufstieg ein großes Stück weiter in die Ferne rücken. Zur Achillesferse gegen die Polen wurde die Defensive, die dem Gegner zu viele leichte Tore ermöglichte. "Mit 36 Toren ist es schwer, ein Spiel zu gewinnen", ächzte Teamchef Ales Pajovic, dessen Team es am Sonntag mit Deutschland zu tun bekommt.

Nach einem guten Start und 2:0-Führung lief für Österreich in Bratislava nicht mehr allzu viel. Polen, an diesem Abend von sieben Coronafällen wohl kaum geschwächt, gab eine 5:4-Führung nie mehr aus der Hand. Das lag weniger an einer passablen, letztlich aber auch zu ineffektiven rot-weiß-roten Offensive, sondern vor allem an der Abwehr. Und die ließ die Polen teilweise fast nach Belieben gewähren.

"Wir haben es nie geschafft, Polen im Eins-gegen-Eins zu stoppen, aber auch im Zwei-Zwei mit dem Kreisläufer", merkte Pajovic an. ÖHB-Kreis Fabian Posch brachte das Paradoxon auf den Punkt: "Wir haben zu viel Respekt vor ihrem Kreisspiel gehabt, dass sie uns damit aufmachen. Die Kreisläufer waren dann aber nicht das Problem." Ähnlich Routinier Robert Weber: "Wir waren zu wenig kompakt, zu löchrig - da kann auch der Torhüter wenig machen", sagte der Flügel, der so wie sein Gegenüber Sebastian Frimmel in der Offensive nur selten gesucht wurde: "Wir hätten das Spiel breiter machen müssen."

"Es ist extrem bitter, wenn du voller Hoffnung und Vorfreude hineingehst und dann so einen Auftakt hast", gab Rückraum-Mitte Gerald Zeiner an. Den Umstand, dass man auf unmittelbare Tests vor der EM verzichtet hatte, um der Corona-Gefahr zu entgehen, wollte er "nicht als Ausrede benützen. Wir haben versucht, uns wirklich sehr gut auf dieses Spiel vorzubereiten." Für Kapitän Nikola Bilyk, der nach seiner langen Verletzungspause an diesem Abend noch nicht ganz der alte Anführer war, agierte die Defensive zu wenig im Verbund. "Wir haben nicht zusammen in der Abwehr gespielt, jeder hat versucht, seinen Job zu erledigen, aber nicht als Team", bekrittelte er.

Nach dem historischen Platz acht bei der Heim-EM 2020 und der verkorksten WM 2021 (26.) wollte man beim Turnier in Ungarn und der Slowakei eigentlich einen Schritt nach vorne dokumentieren. Das droht jetzt Makulatur zu werden. "Um an die Weltspitze anknüpfen zu können, muss man gegen so eine Mannschaft, die auch in der zweiten Hälfte einen ihren besten Angreifer verliert (Rote Karte für Szymon Sicko/47.), einfach ein bisschen näher dran sein an einem Sieg", forderte Weber.

Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich bereits am Sonntag (18.00 Uhr/live ORF 1). Der erst vierte Sieg im 54. Spiel gegen die Deutschen wäre freilich eine handfeste Überraschung. Auch wenn die DHB-Auswahl im Umbruch sich am Freitag zu einem 33:29 über Belarus mühte. "Wir wussten nicht, wo wir stehen. Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich das nach diesem Spiel auch noch nicht genau", erklärte danach der achtfache deutsche Torschütze Kai Häfner. Trainer Alfred Gislason warnte: "Wir müssen genauso in das Spiel gegen Österreich gehen und alles geben, um das Spiel zu gewinnen. Wir haben nur zwei Punkte und mit zwei Punkten kann man auch rausfliegen."

Die deutschen Ungewissheiten bieten Rot-Weiß-Rot zumindest eine kleine Chance. "Sie müssen sich auch erst finden. Wenn sie uns etwas bieten, müssen wir zugreifen", sagte Zeiner. Für den langjährigen Deutschland-Legionär Weber geht es nun gegen "eine junge wilde Truppe mit vielen Debütanten. Sie sind furchtlos, haben nichts zu verlieren." Das gelte freilich auch für ihn und seine Kollegen: "Ich hoffe, dass diese Anfangsnervosität abgelegt ist. Wir haben nichts mehr zu verlieren. Jeder einzelne von uns soll das genießen."

ribbon Zusammenfassung
  • Die Enttäuschung im Lager der österreichischen Handballer war am Freitag greifbar.
  • Das 31:36 gegen Polen zum EM-Auftakt ließ die Vorfreude verpuffen und den anvisierten Hauptrundenaufstieg ein großes Stück weiter in die Ferne rücken.
  • Zur Achillesferse gegen die Polen wurde die Defensive, die dem Gegner zu viele leichte Tore ermöglichte.
  • Die deutschen Ungewissheiten bieten Rot-Weiß-Rot zumindest eine kleine Chance.
  • Wir haben nichts mehr zu verlieren.

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