Champions League
Sturm Graz kratzt an Millionenregen
Pünktlich um 9.30 Uhr hob der Grazer Charterflieger ins 2.300 Luftlinien-Kilometer entfernte Bodø ab. Mit an Bord waren am Dienstag auch die Wackelkandidaten. Sturm zeigte sich optimistisch, dass der wichtige Verteidiger Tim Oermann (zuletzt kränklich) und Stürmer Seedy Jatta (angeschlagen) rechtzeitig fit werden. Die Moralspritze hat sich die Mannschaft in Form eines 3:1-Sieges in Ried selbst verabreicht. "Wir fühlen uns richtig gut und wollen diesen Schritt in die Champions League unbedingt machen", erklärte Jon Gorenc Stanković. Der Mittelfeldanker erwähnte als einer von mehreren Glimts beeindruckende Heimstärke: "Wir werden versuchen, mit einem guten Ergebnis nach Hause zu kommen. In Norwegen ist erst die erste Halbzeit."
So oder so wird sich Sturm warm anziehen müssen. Für den Matchtag werden elf Grad und Regen prognostiziert. Am dortigen Kunstrasen haben die Norweger schon klingende Namen geärgert. AS Roma wurde einst 2021 unter José Mourinho 1:6 vorgeführt, Siege gegen FC Porto, Beşiktaş Istanbul oder Lazio Rom liegen noch nicht lange zurück. Seit dem Vorjahr ist Bodø die erste Stadt am Polarkreis, die ein europäisches Halbfinale ausgerichtet hat. Erst gegen den späteren Europa-League-Champion Tottenham war Schluss.
Auch Säumel trachtet gegen einen Gegner, der in Sachen Spielanlage mit seiner Mannschaft vergleichbar ist, nach einem Resultat, "mit dem im Rückspiel alles möglich ist". In Vorbereitung auf das Hinspiel wurde auf Kunstgrün trainiert. "Das ist schon eine gewisse Umstellung", meinte Sportchef Michael Parensen, der durchaus optimistisch hinzufügte: "Das wird für unsere Spieler kein großes Problem sein."
Millionenregen oder echte Heimspiele
Erneut winkt Sturm ein Millionenregen. Allein das Startgeld für die Königsklasse beträgt 18,62 Mio. Euro, jeder sportlich errungene Punkt wiegt dann 700.000 Euro schwer. Hinzu kommen Fernsehmarkt- und sonstige Einnahmen. Im Vorjahr, als Sturm 30. unter 36 Teilnehmern wurde, betrugen die Einnahmen etwa 30 Mio. Euro.
Bei einem Ausscheiden gegen Glimt spielen die Grazer in der Europa League. In der ist zwar das Startgeld (4,31 Mio. Euro) und die Punkteprämie (150.000) vergleichsweise mickrig. Mit Blick auf den Spielort können manche Fans auch dem Trostpflaster etwas abgewinnen. Denn für die Königsklasse samt Play-off-Rückspiel muss Sturm erneut nach Klagenfurt ausweichen, weil die im Besitz der Stadt Graz stehende Merkur Arena die UEFA-Anforderungen weiter nicht erfüllt. Spiele in der Europa League hingegen fänden in Graz statt, bestätigte der Klub.
Norwegens schwarze Serie
In der Vorsaison war Sturm als Meister noch fix für die Champions League qualifiziert. In K.-o.-Duellen hatte Schwarz-Weiß als oft ungesetztes Team wenig zu feiern. Von den elf K.-o.-Duellen im vergangenen Jahrzehnt wurden nur drei gewonnen (Podgorica/2017, NŠ Mura/2021, Slovan Bratislava/2024). Für Bodø/Glimt hätte der Aufstieg gleichsam historische Dimension. Seit Rosenborg 2007 schaffte es kein norwegischer Vertreter mehr in Europas Elitebewerb.
Im Vorjahr scheiterte Glimt, in dessen Kader bis auf den russischen Goalie Nikita Haikin ausschließlich Skandinavier stehen, im Play-off an Roter Stern Belgrad. Sturm indes konnte die berühmte CL-Hymne gleich mehrmals genießen. "Es ist gut, dass viele unserer Spieler schon Champions-League-Spiele erlebt haben. Auch aus Cup- und Meisterschaftsendspielen konnten sie viel mitnehmen", setzt Kapitän Stefan Hierländer auf Erfahrung.
Im Brailletrikot durch Europa
Gewandet in ein eigens für den Europacup designtes Dress, will Sturm sein Engagement in Sachen Inklusion unterstreichen. Anlässlich von 200 Jahren Brailleschrift, eine international gängige Blindenschrift, wurde das Trikot mit speziellen Brustabdrucken wie "Die Schwoazn in Europa, schalalalalala" veredelt. In Norwegen wird zudem statt des traditionellen Puntigamer-Schriftzugs "SOS Kinderdorf" auf der Brust prangen, weil Alkoholwerbung in diesem Setting nicht erlaubt ist.
Zusammenfassung
- Sturm Graz rüttelt wieder am Tor zur Millionenliga. Als einzige und letzte Hürde vor der fünften Teilnahme an der Champions League in der Sturm-Geschichte baut sich vor Österreichs Fußballmeister der norwegische Meister Bodø/Glimt auf.
- "Wir sind bereit und wollen den Grundstein für ein Weiterkommen legen", sagte Trainer Jürgen Säumel vor dem Play-off-Hinspiel am Mittwoch (21 Uhr) in Nordnorwegen.